Ostern bringt Durcheinander
Predigt Osternacht, 19.4.2025
Perikopen: Gen 1,1—2,2 Ex 14,15-15,1
Ez 36,16-17.18-28 Röm 6,3-11 Lk 24,1-12
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Zu Beginn eine humorvolle Anekdote. Treffen sich an Ostern zwei Rühreier. Sagt das eine zum anderen: O Mann, bin ich heute durcheinander. Ja, eigentlich passen Rühreier besser zu Ostern als gekochte Eier. Ostern ist nicht das Fest derjenigen, die hart und abgebrüht sind. Ostern ist nicht das Fest der Gefärbten. Ostern ist das Fest derjenigen, die sich durcheinanderbringen lassen. Ostern bringt durcheinander und das auf dreifache Weise.
Erstens: Ostern bringt durcheinander in den Evangelien. Von Unverständnis, Erschrecken und Ratlosigkeit haben wir zuerst gehört. Das sind wohl keine Erfahrungen, die man unbedingt gerne hat. Aber sie sind eine Art innerer Antrieb, der uns eher weiterbringt auf dem Lebens- und Glaubensweg, als wenn alles immer klar ist. Viele Fragen verbinden sich für ersten die Jünger und Jüngerinnen. So sollen auch uns die entscheidenden Daseinsfragen nicht loslassen. Und im Osterevangelium nach Matthäus ist ein großes Himmelstheater: Erdbeben, der Engel wälzt den Stein beiseite, die Grabwächter fallen Tod zu Boden und mitten im Getöse sagt der Engel: „Fürchtet euch nicht.“ Ostern bringt die ersten Zeugen komplett durcheinander. Und das ist gut so. Dort, wo alles versteinert ist, dafür steht der Grabstein, braucht es ein Durcheinander, weil nicht alles beim Alten bleiben soll. Die alten Festlegungen, die einzementierten Ordnungen, der Tod, der alles beim Alten lassen will, bricht auseinander. So kann Neues entstehen, so gibt es eine neue Chance, eine neue Glaubenschance, damals und heute. Mir Ostern bleibt nichts beim Alten. Gut, dass wir die Osterberichte haben, und, dass es keine idyllischen Geschichten sind.
Zweitens: Ostern bringt mich heuer auch ganz persönlich durcheinander. In der Osternacht in Lembach, darf ich heuer einer jungen Frau Taufe, Firmung und Erstkommunion spenden. Als Kind hatte sie nicht die Möglichkeit. Jetzt hat sie sich persönlich dafür entschieden. Da bringt mich durcheinander. Normalerweise erlebe ich Taufe, Erstkommunion und Firmung im Trott des Üblichen, weil es bei uns eben der Brauch ist, noch der Brauch ist. Heuer ist es für mich anders, weil da so eine persönliche Entscheidung da ist. Ich möchte da heuer sagen: die vielen Taufen und die eine Taufe, die vielen Erstkommunionen und die eine Erstkommunion, die vielen Firmungen und die eine Firmung. Vielleicht darf das auch uns durcheinanderbringen, dass wir unsere eigene Berufung als Getaufte und Gefirmte wieder ernster nehmen, dass die Kommunion eben nicht nur ein Brauch ist, sondern ein Lebensmittel. Wir leben von Gott, der für uns Brot des Lebens ist. Mich bringt das heuer durcheinander, weil es mir sagt, dass es in mitten aller Oberflächlichkeit, doch noch eine Sehnsucht nach dem Wahren, Ewigen und wirklich Endgültigen gibt. Im Römerbrief, den wir zuerst gehört haben heißt es über die Taufe: „Wir sind mit Christus begraben, damit wir durch ihn auferstehen und zu neuen Menschen werden.“ Der alte Mensch, der keine Hoffnung hat, der immer nur bei seinen Leisten bleibt, der sich immer nur zurückzieht ist mitgekreuzigt, damit der neue Mensch eine Chance hat. Auch in mir ist dieser neue Mensch in der Taufe grundgelegt. Er soll eine Chance haben.
Drittens: Ich bin durcheinander. Das heißt nicht Mutlosigkeit, sondern „Kopf hoch.“ Maria von Magdala ist beim leeren Grab, den Kopf zum Boden geneigt und weint. Und dann ist da dieser Satz aus dem Kolosserbrief: „Richtet euren Blick auf das, was oben ist.“ Ja, oben sieht man mehr als unten. Oben wölbt sich der Himmel über die oft tote Erde. Da ist mehr weite und Freiheit. Da kann man neu durchatmen und sich nicht mehr in sich selber verkriechen. Man muss sich nach oben ausstrecken und neuen Spielraum gewinnen. Da können wir die alten Schweißtücher und Leinenbinden ablegen. „Richtet euren Blick nach oben.“ Oben gibt es viel mehr Möglichkeiten als unten. Da Unten haben am Karfreitag alle geglaubt, dass es nun aus und vorbei ist. Es ist anders gekommen. Oben sind mehr Möglichkeiten. Daran dürfen wir glauben. So ist die Osterzeit eine Zeit, in der wir viele Kopf-Hoch-Übungen machen sollen.
Liebe Brüder und Schwestern!
Rühreier passen besser als Ostereier. Sie sind durcheinander. Ostern bringt durcheinander. Das sehen wir in den Osterberichten. Das sehen wir, wenn sich Menschen als Erwachsene für den Glauben entscheiden, das können wir bei uns erleben, wenn wir Kopf-Hoch-Übungen machen und so zu anderen, zu Österlichen Menschen werden. Ostern bringt durcheinander. Halleluja Amen.