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So. 26.01.25

Das Gericht Gottes

Mag. Maximilian Pühringer
Mag. Maximilian Pühringer
M.: 0676/88084811
E.: maximilian1985@gmx.com

Ich möchte mit dieser Predigt meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass wir in Gemeinde und Pfarre noch mehr als bisher unser Miteinander bewusst leben und dass unser Zusammenleben auch die Qualität hat

Predigt 3. Sonntag im Jahreskreis, 26.1.2025

Perikopen: 1 Kor 12,12-31 a                 Lk 1,1-3; 4,14-21

 

Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!

Es wird härter, auch bei uns. Das haben wir innerhalb von zweieinhalb Monaten in unmittelbarer Umgebung zweimal erleben müssen. Im Oktober der Amoklauf von Altenfelden und vor einer Woche vor unserer Haustüre, hier in Oberkappel, in direkter Nachbarschaft zu unserer Kirche. Bilanz dieser beiden Ereignisse sind fünf Tote, drei unschuldige Opfer und zwei Täter. Das Ganze bedeutet nicht nur eine tiefgreifende traumatische Erfahrung für die Familien, Freundinnen und Freunde der Opfer und Täter. Das Ganze betrifft uns alle, denn wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder, sagt uns der Völkerapostel Paulus im Brief an die Christengemeinde von Korinth. Als Christ kann man nicht einfach sagen, dass uns die Anderen nichts angehen. Das Ganze stellt ein bisheriges Selbstverständnis unseres Zusammenlebens in Frage, das unsere kleinen Orte ausgezeichnet hat. Natürlich gab es auch bei uns bisher Auseinandersetzungen, natürlich gibt es auch bei uns Differenzen, die über längere Zeit, manchmal sogar über Generationen gepflegt werden. Dennoch hatten wir den Eindruck, dass wir in den wesentlichen Fragen und Anliegen immer wieder zusammenfinden und auch für komplexere Probleme eine Lösung finden können. Es wäre nie jemand auf die Idee gekommen, dass eine Auseinandersetzung ihr Ende in einem brutalen Gewaltverbrechen finden könnte. Um ein wenig begreifen zu können, was sich binnen kürzester Zeit zweimal bei uns abgespielt hat, lohnt sich die Lektüre des Buches „Die Macht der Kränkung“ von Reinhard Haller. Ich möchte daraus folgende Sätze zitieren: „Nahezu jedem menschlichen Problem liegt eine Kränkung zugrunde. Denn Kränkungen greifen unsere Selbstachtung, unser Ehrgefühl und unsere Werte an. Sie treffen uns im Innersten, können uns aus der Bahn werfen, uns krank machen und sogar zu den grausamsten Verbrechen und Kriegen führen. Anhand ausgewählter Beispiele aus der Historie und der Praxis veranschaulicht der Arzt und Psychotherapeut Reinhard Haller, welche Macht Kränkungen über uns ausüben können, und wie es gelingen kann, an seelischen Verletzungen nicht nur zu wachsen, sondern auch die eigene Persönlichkeit zu stärken.“ Kränkungen gehören zum Leben. Das beginnt damit, dass man als Kind lernt, nicht immer gewinnen zu können. Nicht jede Zurechtweisung, die man in der Schule erfährt, ist leicht zu schlucken. Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz, die Erfahrung, dass mir ein Kollege oder eine Kollegin vorgezogen wird, müssen erst verdaut werden. Es schmerzt, im Verein nicht für die erste Mannschaft nominiert zu werden. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben, dass wir auch an Enttäuschungen zu wachsen lernen, dass wir notwendige Korrekturen als Hilfe und Chance für ein besseres Leben begreifen können. Wer dies für sein Leben nicht anzunehmen und zu lernen bereit ist, der entwickelt sich in der Tat zu einer tickenden Bombe,  zumal dann, wenn man nicht nur die Idee, sondern auch die Möglichkeit hat zu töten. Und vielleicht sind Waffen doch ein wenig zu leicht zu haben. Letztlich beginnt viel Negatives mit den Kränkungen. Der Psychologe Siegmund Freud spricht von den drei großen Kränkungen der Menschheit. Die erste Kränkung, dass die Erde und somit nicht der Mensch Mittelpunkt des Universums ist. Die zweite Kränkung, dass der Mensch aus dem Tierreich hervorgeht. Und die dritte Kränkung, dass der Mensch oft nicht einmal Herr im eigenen Haus ist. Ein weiterer Gedanke ist mir wichtig, nämlich jener des Gerichtes. Die Täter haben mit der Einstellung gehandelt, ich richte meine Kontrahenten, jene, die mich gekränkt haben, und dann richte ich mich selbst. Das ist dieselbe Einstellung, die wir auch bei den Selbstmordattentätern in vielen Ländern unserer Welt sehen. Der Mensch macht sich selber zum Richter. Ich richte, aber ich gebe dann keine Rechenschaft mehr. Wir brauchen menschliche Gerichte, die nach menschlichem Recht handeln, beurteilen und Urteile fällen. Das ist außer Frage. Ein rechtsfreier Raum ist per se zum Scheitern verurteilt. Aber vielleicht vergessen wir, wer der eigentliche Richter ist, nämlich Gott. Vor ihm müssen wir einmal das Leben verantworten, und zwar in allerletzter Instanz. „Von dort wird er kommen, zu richten die lebenden und die Toten,“ beten wir jeden Sonntag im Glaubensbekenntnis. Früher war die Botschaft vom Gericht Gottes oft zu viel Thema, haben wir als Kirche oft zu genau gewusst wie das Gericht Gottes aussieht. Heute ist es fast ein wenig zu leise geworden um die Botschaft vom Gericht Gottes, fast als schämten wir uns dafür, oder bräuchten wir sie nicht mehr. Freilich, der Richter ist Gott, nicht wir. Er befindet darüber, was tatsächlich Versagen und Leistung in einem Leben war. Er richtet, und da hält er sich sicher nicht an unsere menschlichen Maßstäbe, auch nicht an unsere menschlichen Vergeltungsmaßstäbe. Gott sieht immer mehr und er sieht das Ganze. Und auch, wenn unsere Täter, eine zutiefst zu verurteilende Tat begangen, die einfach nicht sein dürfte, die moralisch absolut verwerflich ist, so waren sie auch Menschen mit Würde, Menschen, die sicher nicht nur Schlechtes getan haben, Menschen die Familie hatten, Menschen, die Eltern haben, die trotz allen um sie weinen. Das dürfen wir nicht vergessen, und so einfach und pauschal, wie da Ganze an den Stammtischen oder beim kurzen Tratsch am Ortsplatz gesehen und erklärt wird, ist das Ganze oft nicht. Das sollten wir uns eingstehen.

 

Liebe Brüder und Schwestern    

Ich möchte mit dieser Predigt meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass wir in Gemeinde und Pfarre noch mehr als bisher unser Miteinander bewusst leben und dass unser Zusammenleben auch die Qualität hat, Konflikte gut auszutragen, uns nicht vorsätzlich kränken und, dass auch die Botschaft vom Gericht Gottes in unserem Glauben eine gewisse Rolle spielt. Amen.

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