Mariä Himmelfahrt
Predigt Mariä Aufnahme in den Himmel, 15.8.2024
Perikopen: Offb 11,19 ff. Lk 1,39-56
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Maria ist mit Leib und Seele aufgenommen ist in die Herrlichkeit des Himmels. Sie ist aufgenommen, also ist sie angenommen. Das muss man einfach feiern. Das heutige Fest tut wohl. Der Mensch wird von Gott aufgenommen in die Gemeinschaft der auf ewig Lebendigen! Ist das nicht ein gewaltiger Trost? Zukunft bei Gott. Das muss gefeiert werden, gerade heute, wo Zukunft kein Versprechen mehr ist, sondern fast wie eine Bedrohung klingt und der Zukunftsmut ohnehin abhanden zu sein scheint. In diesem Sinn schauen wir auf das Fest.
Erstens: Der heutige Tag ist Maria Trost. Die Gottesmutter Maria ist ein Trost für unsere nervöse Zeit. Maria hört zu und lässt sich etwas sagen. Sie ist ansprechbar und besuchbar. Wie trostreich, ankommen zu können und jemanden zu wissen, wo man alles erzählen, ablegen, übergeben kann. Ihr Ja-Wort ist eine große Ermutigung. In trostloser Situation ist sie nicht davongelaufen. Mehrmals in ihrem Leben wird sie diese Haltung zeigen. Sie hat aktiv Begegnung gesucht, den Aufbruch zu Elisabeth ins judäische Bergland. Allen Hindernissen zum Trotz eilte sie zu ihrer Base Elisabeth. Wie trostreich ist doch dieser Aufbruch zum Nächsten in einer Zeit der vielen Ego-Mauern, die Begegnung verhindern. Anerkennen und Wahrnehmen des scheinbar Kleinen und der neuen Horizonte, die sich aufgetan haben. Maria stimmt einen Lobpreis an, ein Ausdruck trotzigen Vertrauens. „Meine Seele preist die Grüße Gottes, denn er hat auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut.“ Maria als Geburtshelferin für das Neue. Maria ist drei Monate bis zur Geburt des Johannes geblieben, sie war vermutlich als Hebamme bei dessen Geburt dabei. Auch heute in kritischen, vorgeburtlichen Phasen für eine neue Gesellschaft und Kirchen ist sie mit dabei. Kirche wird nicht gemacht. Sie muss geboren werden. Gottes Reich zur Welt bringen. Maria hat viele Situationen des Verlustes, der Entfremdung, der Flucht, des Missverstanden-Werdens miterlebt. Sie weiß, wovon sie spricht, wenn sie tröstet. Die Erfahrung verbindet sie mit vielen, die übersehen werden und scheinbar nichts zu sagen haben. Maria ist die unscheinbar, aufmerksame Person, wenn es darum geht, schwierige Situationen wahrzunehmen und zu helfen. Wie wichtig in einer Zeit, wo der Kampf um Positionen und öffentliches Auftreten so übertrieben wichtig erscheint. Maria macht sich selbst nicht wichtig. Sie ist die Mitleidende, aktiv am Wegrand der Geschundenen damals und heute. Unter dem Kreuz, extremeres Leid, extremere Verachtung gibt es nicht. Maria ist rund um das Ereignis der Auferstehung präsent. Sie sammelt die zerstreuten Apostel, hat vermutlich viele Hintergrundgespräche geführt. Ein tröstlicher Job heute, wo es darum geht, Menschen aus der trostlosen Zerstreuung zu sammeln. Trost ist eine Hilfe, sich zu sammeln. Maria ist die pfingstliche Vorbeterin. Ihr ganzes Leben war vom Geist Gottes geführt. Auch heute brauchen wir mehr Herzensenergie, mehr Geist, mehr Zukunftsmut. Maria ist bereit, uns im Gebet in eine viel tiefere Kommunikation mit Gott zu bringen. Sie betet vor, sie betet mit.
Zweitens: Der heutige Tag ein Fest zum Aufschauen, Aufstehen und Aufhelfen. Aufschauen: Die fundamentale Hoffnung dieses Festes. Aufschauen, allen Belastungen und Beschwernissen entgegenwirkend. Aufschauen zum Himmel, der offensteht. Das Aufschauen ist eine Befreiung eine Erleichterung, ein Sich-Erheben. Sind wir doch den Himmel geschaffen und nicht nur für die Mühe irdischer Überlebenskämpfe. Das Aufschauen ist heilsam, um den Blick nach oben nicht zu verlieren. Aufschauen, nicht nur heute. Ein Stoßgebet, ein Blick, eine Bewegung, die das Herz mitnimmt. Aufstehen: Der Himmel ist wirklich, ein Ganz-bei-Gott sein. Gott ist der Himmel. Das ist Grundlage unseres Glaubens. Unser Blick nach oben trifft nicht auf eine Himmels-Tapete, die uns den Traum überirdischer Wirklichkeiten vorgaukelt. Wer zum lebendigen Gott aufschaut, kann sich aufrichten, aus jeder Niederlage und jedem Versagen heraus. Aufhelfen: Es gibt viele, die unter die Räder kommen, selbstverschuldet und oft System verschuldet, bedingt durch schwierige Entwicklungen und Schieflagen, Krankheiten, Süchte, Lebenserschwernisse. Nicht selten sind es Schulden und materielle Sorgen, die Menschen in die Knie zwingen. Unzählige Male erleben wir, dass Menschen durch Erkrankungen und psychische Belastungen unbeholfen am Boden liegen, sich nicht mehr aus eigener Kraft erheben können. Papst Franziskus hat beim Weltjugendtag in Lissabon eindrücklich von der Notwendigkeit gesprochen, dass wir einander aufhelfen müssen. Das Aufhelfen beginnt mit einem Blickkontakt, mit einer Berührung, mit einem unter die Arme greifen. Denken wir an die unzähligen Handgriffe von Eltern und anderen, die im familiären Kontext den kranken oder gebrechlichen Familienmitgliedern unter die Arme greifen, sie aufrichten.
Drittens: Maria Trost Station – bitte aufsteigen! In Graz gibt es eine Straßenbahnhaltstelle mit Namen Maria Trost. Es ist der letzte Halt. Man muss dort austeigen. Wir sagen es anders, unser Maria Trost, unser Fest ist zum Aufsteigen. Heute ist ein Fest der Gnade, nicht unser Tun steht im Mittelpunkt, Maria wurde in den Himmel aufgenommen. Diese Aufnahme, die wir auch für uns einmal erwarten, feiern wir heute. Trotzdem, das Aufnehmen ist ein himmlisches Tun, das uns heute zur Nachahmung anregen soll. Mariatrost ist eine Anregung: Menschen aufrichten, aufnehmen, nicht ausschließen oder links liegen lassen. Wer es erlebt hat, wie wohltuend es ist, aufgenommen zu werden, dessen Freude wird es sein, auch jemanden aufzunehmen. Es kann sich der Himmel öffnen, wenn wir aus unseren abgeschlossenen Meinungen und ideologischen Festungen heraus uns gegenseitig Aufnahme schenken. Jeder Mensch kann eine „Maria Trost Station“ sein. Ins Gedächtnis der Grazer hat sich durch die Benützung der Straßenbahnlinie 1 die Bezeichnung „Endstation Graz-Mariatrost“ eingeprägt. Mit der zusätzlichen Aufforderung: „Bitte aussteigen!“ Ich würde es gerne nochmals anders sagen und damit eine Spur für die Zukunft anzeigen: „Maria Trost – bitte aufsteigen!“ Das erleben wir heute bei diesem Gottesdienst und nehmen es dankbar mit als Geschenk und Auftrag.
Liebe Brüder und Schwestern!
Maria tröstet. Maria ermutigt zum Aufschauen, Aufstehen und Aufhelfen. Maria ist bei der letzten Station aufgestiegen zum himmlischen Vater. Wenn das nicht ein Trost ist!? „Heilige Maria, aufgenommen in die Herrlichkeit des Himmels, bitte für uns.“ Amen.