Begegnung mit Jesus
Predigt Gründonnerstag, 29.3.2024
Perikopen: 1 Kor 11,23-26 Joh 13,1-15
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Beim heutigen Evangelium bin ich bei Petrus hängen geblieben. Er will sich von Jesus nicht die Füße waschen lassen und versucht mit ihm zu diskutieren. Jesus sagt ihm aber deutlich: „Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir,“ d.h. „dann gehörst du nicht zu mir, willst du nicht zu mir gehören.“ Für mich ergibt sich hier die Frage, inwieweit ich die Nähe Jesu zulasse? Es soll eine wirkliche Nähe sein, keine nähe so nebenbei. Die Nähe Jesu zu lassen, darum geht es! Was braucht es dazu bzw. was hat dem Petrus da gefehlt?
Erstens: Es braucht Demut und Glaube. Der Weg Jesu ist immer ein Weg der Demut: arm und nackt ist er geboren und gestorben. Oft hat er seinen Jüngern erklärt, dass es nicht um die vorderen und ersten Plätze geht. Jesus hat, um das Bild des Evangeliums aufzugreifen, dass Obergewand der göttlichen Herrlichkeit abgelegt. Er ist hinabgestiegen in unsere Niederungen und hat sich mit dem Leinenen des Menschseins bekleidet, des ganzen Menschseins, außer der Sünde. In seine Demutsbewegung dürfen wir eintreten. Nur so kommen wir ihm nahe. Ohne Demut kann man nicht wirklich glauben. Ich muss Ja sagen zu dem Geheimnis Gottes in der Welt und zu den Grenzen meines Verstandes und Denkens. Wir glauben an einen demütigen Gott der sich niederkniet und uns die Füße wäscht. Das Niederknien Jesu ist es, das zum Kristallisationspunkt unseres Glaubens werden soll. Heinrich Schlier, ein Gelehrter, der sich zum Christentum bekehrt hat, schrieb, dass für ihn wichtig war, dass der Katholik irgendwie demütig und ergeben ist. „Auch der Mann kniet,“ schreibt er. Ob das heute noch so stimmt, wage ich nicht zu behaupten. Das Knien ist aus vielen Kirchen schon verschwunden, und damit einhergehend auch der demütige Glaube. Wagen wir es wieder etwas mehr an die Demut zu glauben, wenn wir das Bild des vor den Jüngern knienden Herrn vor uns haben. Die Demut, die sich mit einen ehrlichen Schuldbekenntnis die Füße waschen lässt. Die Demut vom Herrn so reich beschenkt zu sein. Die Demut die Wahrheit zu suchen und sich nicht von der Unwahrheit biegen und zerbrechen zu lasen. So kommen wir Jesus näher.
Zweitens: Demut und Liebe. Auch die echte Liebe gibt es nicht ohne Demut. Das weiß Jeder: zu Liebe gehört etwas einstecken zu können, schweigen zu können, manchmal einfach etwas hinzunehmen, auch wenn es uns nicht schmeckt. Beständige Liebe, braucht die Demut. Alles andere ist ein schnell verlöschendes Strohfeuer. Ob es heute die Liebe so schwer hat, weil man so ungern demütig ist? Weil man nichts einstecken kann, wohl aber austeilen will? Weil man nicht schweigen kann, sondern dauernd das letzte Wort haben will? Wie viele selbsternannte Sachverständige haben die Krisen der letzten Jahre hervorgebracht bzw. bringen die gegenwärtigen Krisen hervor. Oder weil man einfach nicht mehr die Verhältnisse so hinnehmen will, wie sie sind? Weil man andauernd revoltiert gegen alles was einem nicht passt? Die Feier dieser Tage sind eine Revolution der Liebe Gottes. Bis ans Kreuz geht die Liebe Gottes, soweit, dass er den letzten Tropfen seines Herzblutes für uns vergisst. Bei Gott sehen wir ein Maximum. Und was ist mit uns? Sind wir nicht sehr durchschnittlich und minimalistisch? Der Durchschnitt ist nie etwas Gutes, weil von ihm letztlich keine Kraft ausgeht. Der Minimalismus auch nicht, weil nichts übrig bleibt. Freilich ist unsere Liebe menschlich, aber wir sind Menschen, und mehr als wir können verlangt der Herr auch nicht. Wenn wir das wissen und wenn wir aus dieser Demut heraus lieben, kommen wir dem Herrn näher. „Da er die Seinen liebt, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung.“ Und „das ist heute“ ergänzt die Kirche nur an diesem Tag den Einsetzungsbericht. Wen wir uns eine demütige Liebe zu eigen machen, kommen wir dem Herrn näher.
Drittens: Demut und Hoffnung. Die Demut ist auch Grundvoraussetzung unserer Hoffnung. Nur ein demütiger Mensch, der nicht meint alle selber machen zu können, kann etwas erhoffen. Demütige Hoffnung besteht aus einem Zusammenspiel von Gottvertrauen und persönlichen Tun, Engagement, manchmal bis zur Anstrengung. Es braucht beides! Nur Gottvertrauen, ohne etwas zu tun, reicht nicht aus. Und nur Einsatz und Aktivität, ohne Gottvertrauen, verfehlt den Sinn des Lebens. Beides muss zusammen kommen. Und im Gottvertrauen wird mir demütig bewusst, dass da in den Anstrengungen des Lebens einer da ist, der mir hilft, von dem ich das erwarten und erhoffen darf, was ich selber nicht schaffe. Hoffnung räumt letztlich alles weg, was mich von Gott trennt, weil ich mir alles von ihm erwarten darf, weil ich weiß, dass ohne ihn nichts geht, sondern er in meiner Demut alles ergänzt, was ich nicht mitbringe, und das ist mitunter gar nicht so wenig. So müssen wir die demutsvolle Hoffnung der Kinder Gottes lernen. Ich bin Kind Gottes! Was heißt das? In einem ersten Schritt nicht viel, was war ein Kind zurzeit Jesu, was sind Kinder in manchen Gebieten unserer Erde? Aber, und darauf kommt es an, in einem zweiten Schritt werfe ich dieses Wenige, dieses nicht Viele, nämlich mich selber, hinein in das Alles der Liebe Gottes, werfe ich mich hinein in seine Nähe.
Liebe Brüder und Schwestern!
Lassen wir die Nähe Gottes, lassen wir ihn heran an uns, lassen wir uns von ihm, unserem Herrn und Meister die Füße waschen, um Anteil an ihm zu bekommen. Es brauch dafür nur eines, die Demut im guten und wahren Sinn. Und diese Demut verbindet sich mit unserem Glauben, unserer Liebe und unserer Hoffnung bzw. aus dieser Demut ergibt sich erst Glaube, Liebe und Hoffnung. Und das ist ja der Grundauftrag von uns Christen, dass Glaube, Liebe und Hoffnung mehr werden. Amen.