Der Christbaum
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Perikopen: Jes 9,1-6 Lk 2,1-14
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Er gehört einfach dazu: Der Christbaum, der Weihnachtsbaum. Der Brauch ist noch gar nicht so alt. Erst ab dem 18./19. Jahrhundert hat sich der Christbaum Linie vom deutschsprachigen Gebiet her verbreitet. Es gibt jedoch einen Vorläufer des Christbaumes, gar nicht weit weg von uns, in Christkindl bei Steyr. Dieser hat eine interessante Geschichte. Im Jahr 1694 hatte Steyr einen neuen Türmer und Chorleiter erhalten, der an Epilepsie litt, an der sogenannten „hinfallenden Krankheit.“ Dieser Kranke erfuhr vom Bild eines Christkindes, das einer Ordensfrau Heilung gebracht haben soll. Er erhielt eine Kopie dieses Jesuskindes, eine Figur aus Wachs. Diese stellte er in die Höhlung einer Tanne. Dort betete er, vertiefte seine Gottesbeziehung und fühlte davon eine heilende Kraft ausgehen. Immer mehr Menschen pilgerten dorthin, sodass 1708 mit dem Bau der heutigen Kirche begonnen wurde. Der Altaraufbau ist gleichsam zum reich verzierten Baum geworden, in dessen Mitte jenes Jesuskind steht, das dem kranken Türmer innere Heilung gebracht hatte. Dieser Baum ist wohl einer der ältesten Christbäume der Welt. Er ist so etwas, wie der wiedergefundene Baum des Lebens. Denken wir zurück an den Anfang der heiligen Schrift, an den Baum der Erkenntnis von Gott und Böse, der das Misstrauen in den Menschen hineingebracht hat. Der Christbaum ist ein Gegenbild dazu. Er erinnert uns, dass Gott einer von uns wurde, einer zum Anfassen, einer zum Du-sagen, einer zum Vertrauen. Mit diesem Baum kann etwas Paradisisches in die Welt zurückkommen. Wie dieser Türmer damals leiden wir doch alle an dieser „hinfallenden Krankheit.“ Immer wieder fällt es uns schwer aufrecht durchs Leben zu gehen, wir fallen hin, sind unfrei, und es ist oft nicht leicht wieder aufzustehen. Mitte des Baumes des Lebens ist Christus, das Kind, der Gott auf Augenhöhe. Weihnachten heißt hingehen zum Baum des Lebens und jene Früchte empfangen, die Weihnachten wachsen lässt. Die Früchte vom Baum des Lebens dürfen wir zu uns nehmen.
Erstens: Die Frucht der Gnade. Gnade heißt übersetzt nichts anderes, als Geschenk Gottes. Das feiern wir heute: Gott schenkt sich uns in diesem kleinen Kind, er wird Menschenkind, damit wir Kinder Gottes werden können. Wenn wir unser Leben ehrlich anschauen, dann werden wir nach und nach feststellen können, dass Gott uns schon oft beschenkt hat, dass er uns doch stets durch dieses Leben geführt hat. Letztlich verdanken wir unser Leben und alles Bleibende in der gnadenhaften Schöpferhand Gottes. Von Karl Marx stammt der Satz: „Du bist nicht selbstständig, solange du dich der Gnade eines anderen verdankst. Solange du nicht selbstständig bist, bist du nicht frei, sondern abhängig.“ Das sehen wir Christen anders. Der Versuch alles im Leben selber zu machen, sich nur selber zu verdanken, ist schon oft genug gescheitert und wird immer scheitern. Wir Menschen sind aufeinander verwiesen, und wir sind auf Gott verwiesen. Gott schenkt sich uns, er beschenkt uns, er macht uns reich. „Er der reich war, wurde aus Liebe arm, und durch seine Armut hat er uns reich gemacht.“ Das ist die Weihnachtsbotschaft des heiligen Paulus. Wie viele Menschen hat dieser Glaube schon reich gemacht? Wir brauchen neu diesen Glauben an den Reichtum der Gnade Gottes. Letztlich ist alles im Leben Gnade.
Zweitens: Frucht des Friedens. „Friede den Menschen auf Erden,“ haben die Engel in Betlehem gesungen. Das biblische Wort für Friede lautet Schalom. Wenn wir es richtig übersetzen, ist das mehr, als nur die Abwesenheit von Krieg. Friede im biblischen Sinn besagt einen Zustand der Welt, in dem es gut und recht ist zu leben, weil sich Menschen bemühen, dass es immer wieder recht wird. Schauen, dass es recht wird! Dieser Friede muss zuerst in unserem Herzen sein. Wir müssen diesen Frieden immer wieder erflehen und erbitten. Da müssen wir kontemplative Menschen sein, wie Maria, Josef und die Hirten, vor Gott da, vor ihm verfügbar. Um wirklich Frieden zu finden und Frieden zu bringen, muss man Gott die Ehre geben. Das besingen auch die Engel so: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden bei den Menschen seiner Gnade, den Menschen, die guten Willens sind.“ Wo Gott nicht in Ehren steht, in der Öffentlichkeit, kann auch der Mensch nicht in Ehren stehen, und kann es keinen Frieden geben. Die Frucht des Friedens vom Baum des Lebens, brauchen wir- Wir leben, mitverursacht durch Corona, in Zuständen, die vielfach nicht friedlich und gottkonform sind. Wir können dem Herrn nur ein offenes Herz schenken, damit der Friede einziehen kann. Das besingen wir auch in einem Weihnachtslied: „Was geben wir Kinder, was schenken wir dir, du liebstes, du bestes, der Kinder dafür. Nicht willst du von schätzen und Freuden der Welt, ein Herz nur voll Unschuld allein die gefällt.“
Drittens: Frucht des Lebensbrotes. Im Umkreis der Geburt Jesu klingt bereits einiges an, was später als Hinweis auf das Brot des Lebens, auf die Eucharistie, die heilige Kommunion gedeutet wurde. Christus musste nach den Glaubensbekenntnissen des Alten Testamentes in Betlehem geboren werden. Betlehem heißt übersetzt „Haus des Brotes“ oder wenn wir es banal sagen „Brothausen.“ Hier klingt an, dass man von diesem Kind irgendwie Leben kann. Er ist ja, wie er selbst von sich sagt gekommen, „damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ Das ist einer der stärksten Sätze der Bibel. Und dann heißt es, dass das Kind in der Futterkrippe liegt. Da gibt es vom heiligen Augustinus einen schönen Gedanken. Er stellt natürlich fest, dass die Krippe der Ort ist, wo die Tiere ihre Nahrung finden. Und nun liegt jener in der Krippe, der dann gut zwanzig Jahre später von sich sagen wird: „Ich bin das Brot des Lebens, wer an mich glaubt wir leben in Ewigkeit, und wird in Ewigkeit nicht sterben.“ Das lässt sich ganz knapp zusammenfassen: Man kann von Christus leben. Die Zutaten der heiligen Kommunion beinhalten das ganze Leben und Wirken Jesu, angefangen von seiner Menschwerdung, sie gehen über sein Leben, Wirken und Heilen, seine Worte, sie verdichten sich in seinem Leiden und Sterben, und werden bestätigt in seiner Auferstehung. In der heiligen Kommunion ist alles drinnen, was wir zum Leben brauchen. Wir sollten oft und gerne zur Kommunion gehen. Wir müssen hier sicher auch so manches in unserer Kommunionpraxis überdenken. Wir sollen uns bemühen das Leben so zu disponieren, dass wir jederzeit bereit sind nach vorne zu treten, um ihn zu empfangen, der sich uns in diesem Stück Brot ausliefert.
Liebe Brüder und Schwestern!
Denken wir bei unseren Weihnachtsbäumen immer wieder an diesen „ersten“ Weihnachtsbaum von Christkindl. Er erinnert uns an den Baum des Lebens und seine Fürchte, die Frucht der Gnade, die Frucht des Friedens, und die Frucht des Lebensbrotes. Weihnachten lädt uns ein nicht nur Kekse zu genießen, sondern diese Früchte vom Baum des Lebens. Dann geschieht etwas in uns, dann heilt uns der Herr nach und nach von der hinfallenden Krankheit und lässt uns aufrecht durchs Leben gehen. Amen.