Die Heiligen des Himmels
Perikopen: Offb 7,2-4.9-14 Mt 5,1-12a
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Wir feiern alle Heiligen, die vielen bekannten und unbekannten Gestalten, die die Gemeinschaft mit Gott erreicht haben. Sie sind uns Fürsprecher. An ihnen sehen wir, dass das Leben in seiner Ganzheit gelingen kann. Allerheiligen ist das Fest des gelungenen Lebens. Eines dürfen wir hier nie vergessen: Die Heiligen des Himmels, die wir heute feiern, waren alle Menschen dieser Welt, wie wir. Und wir, die Menschen dieser Welt können alle einmal die Heiligen des Himmels werden. Berufung des Christen ist es einmal heilig zu werden, ganz und gar bei Gott zu sein. Es geht um unser persönliches Streben nach Heiligkeit. Was ist hier wichtig.
Erstens: Gott alles zutrauen, aber gleichzeigt in sich selbst vertrauen. Vom Gottvertrauen hängt es ab, und zwar nicht bloß in der Theorie, sondern auch dann wenn es einmal hart kommt. Es geht darum alles von ihm zu erwarten und zu erhoffen. Stellen wir uns wirklich einmal persönlich im Herzen die Frage: Was traue ich Gott zu? Traue ich ihm zu, dass er immer noch Möglichkeiten hat, selbst dann, wenn ich mit meinem Latein am Ende bin. Und dann soll ich auch in mich selbst vertrauen. Selbstvertrauen im guten Sinn ist entscheidend. Ich darf mir etwas zutrauen. Ich darf in meine Talente und Fähigkeiten immer mehr hineinfinden, und sie einsetzen für andere und zur Ehre Gottes. „Alles meinem Gott zu Ehren,“ singen wir in einem Lied. Alles, was der Mensch tunt, kann er zur Ehre Gottes tun, dann, wenn er sie Tun in den großen, göttlichen Zusammenhang einordnet. Ich darf mir auch zutrauen, dass ich Schweres schaffe, wenn es das Leben einmal mit sich bringt. „Ich kann das und ich schaffe das,“ freilich immer mit seiner Hilfe. Der heilige Augustinus hat einmal im Blick auf die Heiligen gesagt: „Wenn diese oder jene es fertig brachten, warum denn dann nicht auch ich?“ Ja, warum sollte es nicht auch ich einmal schaffen, heilig zu werden. Gott traut uns das zu. Im Alten Testament, im sogenannten Heiligkeitsgesetz sagt er: „Seid heilig, denn ich, euer Gott bin heilig.“
Zweitens: Ein Ziel haben. Wir haben ein Ziel. Wir wissen nicht, wann, wie, unter welchen Umständen wir dieses Ziel erreichen, aber wir haben eines. Was verlangt dieses Ziel? Eigentlich nur eines. Wir müssen uns auf den Weg machen und wir müssen auf dem Weg bleiben. „Manchmal ist es besser eine Zeit auf dem Weg zu humpeln, als neben dem Weg zu laufen,“ sagt ebenfalls der heilige Augustinus. Innere Beweglichkeit verlangt dieses Ziel. Das Schlimmste, was uns im Glauben passieren kann, ist der geistliche Stillstand. Es geht um das Heiligwerden. Das Werden ist entscheidend. Heiligkeit ist immer ein Prozess, ein Fortschreiten. Heilige sind nicht abgehoben auf Wölkchen sitzend und Harfe spielend. Sie sind nicht statisch, wie manche Säulenheiligen in den Kirchen, sondern sie sind voller Bewegung und offen für göttliche Veränderungsprozesse. Das sehen wir besonders bei Maria, sie ist ja die Königin aller Heiligen. Viel wissen wir ja gar nicht über sie, aber ich denke, dass dieser Engel, der da an ihre Türe geklopft hat, ihre Lebensvorstellungen ziemlich durcheinander gebracht hat. Da war sich ein Prozess nötig. Und vielleicht war dann doch irgendwann einmal das Gefühl bei ihr da: „Mein Sohn ist der Messias.“ Zumindest macht es bei der Hochzeit zu Kana den Eindruck, da sie die große Panne des fehlenden Weines bei ihrem Sohn ablegt. In ihren Messiasvorstellungen musste sie wohl einen schreckliche5n Umdenkprozess durchmachen, als sie den Sohn am Kreuz sehen musste. Der Prozess ging Gottseidank noch weiter, hin zu der Erfahrung, dass die Liebe Gottes die Macht des Todes sprengt. Genau diese Liebe ist, die unser ergreifen, die uns verwandeln und transformieren will, damit wir dem Ziel immer näher kommen und damit wir auch das Ziel erreichen. Es ist dieses Liebe, wenn wir sie einlassen, die uns jenes Siegel aufdrückt, von der die Offenbarung des Johannes spricht, dass als Eintrittskarte gilt für dieses neue, ewige Leben.
Drittens: Wissen, dass das Beste erst kommt. Diese Welt hat viel Gutes und Schönes, aber sie ist nicht vollkommen. Das Beste kommt erst. Um es zu erreichen muss ich eben einmal das Irdische mit dem Himmlischen, das Zeitliche mit dem Ewigen verwechseln. Dazu möchte ich eine kleine Geschichte erzählen. Eine Frau hatte die Diagnose einer schweren Krankheit erfahren mit der Prognose sicher nicht mehr als drei Monate zu haben. So war es ihr wichtig ihr Leben noch zu ordnen und auch mit dem Pfarrer ihr Begräbnis zu besprechen. Am Ende des Gespräches sagte sie: „Ich habe einen Wunsch. Ich möchte mit einer Gabel in der Hand begraben werden.“ Das verwunderte den Pfarrer, ein Rosenkranz, oder ein Kreuz, ja, aber eine Gabel? Die Frau merkte das Befremden des Pfarrers und erklärte es ihm: „Ich war in meinem Leben oft zum Essen eingeladen. Die schönsten Momente waren immer dann, wenn der Gastgeber beim Abservieren des Hauptganges sagte: Die Gabel kannst du behalten. Da war mir jedes Mal klar, das kommt noch etwas besonders Gutes. Wenn die Leute mich mit der Gabel im Sarg sehen, können Sie sie von mir grüßen und es ihnen sagen, dass das Beste noch kommt.“ Die Gabel in der Hand stellt uns die Frage, was wir angesichts des Todes in der Hand haben, woran halten wir uns fest. Die Aufforderung lautet: „Werde ein gabel-Christ.“ Versuche aus der Hoffnung zu leben, dass noch etwas aussteht, so wie die große Schar jener gelebt hat, die wir heute feiern. Es steht noch etwas aus. Es kommt noch etwas Größeres und Besseres. Dieses Bild warnt uns aber auch davor, keine Gabelstapler zu werden. Staple nicht hoch, und tu nicht so, als ob du über alles genau Bescheid weist. Gib nicht überall deinen Senf dazu, sondern zeige behutsam, wie die Hoffnung, das nachher noch etwas Besonders kommt, jetzt schon dein Leben verändert, vor allem durch einen entschiedenen Glauben, durch Freude und Gelassenheit.
Liebe Brüder und Schwestern!
Die Heiligen des Himmels, die wir heute feiern, waren alle Menschen dieser Welt, wie wir. Und wir, die Menschen dieser Welt können alle einmal die Heiligen des Himmels werden. Das ist Programm. Wir können es verwirklichen durch Gottvertrauen und das Zutrauen in unserer Talente und Möglichkeiten; dadurch das wir ein Ziel haben und auf den weg bleiben, der dorthin führt, und indem wir als Gabel-Christen leben, die darum wissen, dass das beste noch kommt, dass da noch etwas aussteht. Amen.