Der heilende Christus
Predigt Vierter Fastensonntag, 19.3.2023
Perikopen: Eph 5,8-14 Joh 9,1.6-9.13-17.34-38
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Heilungserzählungen in den Evangelien zielen immer darauf, dass wir persönlich dem heilenden Christus begegnen, damit wir gerade in der Fastenzeit ein weing heiler werden. Doch was bedeutet das konkret im Blick auf das heutige Evangelium.
Erstens: Wir sind Blindgeborene. Das Evangelium hat uns berichtet, dass Jesus einen Blinden geheilt hat. Dieser ist blind geboren. Er ist nicht durch Krankheit oder Unfall erblindet, sondern blind zur Welt gekommen. Manchmal frage ich mich: Sind wir nicht irgendwie alle Blindgeborene? Wir sehen unsere Welt mit dem Glanz der materiellen Dinge. Aber sehen wir das Wesentliche? Sehen wir die antworten auf die wesentlichen Fragen: Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich? Was soll ich tun? Wie soll ich leben? Was ist Sinn und Ziel des Lebens? Wir sind zwar sehr gescheit geworden, wenn es um die Dinge der Welt geht, aber wenn es um das geht, was dahinter ist oder besser gesagt um denjenigen, der hinter allem steht, dann sind wir sehr blind. Wir sind Blindgeborene! Aber Jesus kommt. Er möchte uns sehend machen. Er sagt uns über den Epheserbrief heute: „Wach auf, du Schläfer,…und Christus wird dein Licht sein.“ So ist im Evangelium eine zweifache Heilung geschehen. Der Mann bekommt sein Augenlicht, aber und das ist eigentlich die größere Heilung, der Mann hat gelernt von Innen her zusehen. Von Innen her sehen, sehen worauf es ankommt, sehen, was wichtig ist. Aber was hat Jesus getan, dass er von ihnen her sehend wurde. Das sollen die nächsten zwei Punkte verdeutlichen.
Zweitens: Jesus spuckt auf die Erde und streicht es dem Blinden in die Augen. Was bedeutet das? Es ist ein Bild für die Menschwerdung Gottes. Gott hat sich in seinem Sohn Jesus Christus herabgelassen in diese Welt, in diese Erde, ja Gott ist selber Erde geworden, um den Menschen, der ja letztlich auch Erde ist, zu berühren. Gott selber hat die Erde der Welt berührt. Dadurch wird diese Welt geheilt, entgiftet mit seinem Licht beleuchtet. Um wirklich sehend zu werden, müssen wir uns von Gott berühren lassen. Von ihm wirklich berühren lassen, darum geht es. Wir dürfen uns fragen, ob wir innerlich berührbar sind, oder ob wir nicht oft sehr oberflächlich sind. In der Sixtinischen Kapelle in Rom sind die bekannten Fresken von Michelangelo. Man sieht hier den Finger Gottes bei der der Erschaffung von Welt und Menschen. Dieser Finger will uns berühren, aber wir müssen die Berührung zulassen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Drittens: Jesus sagt dem Blinden, dass er zum Teich Schiloach hingehen muss um sich dort zu waschen, zu reinigen. Bis jetzt hat Gott, hat Jesus an dem Blinden gehandelt. Aber jetzt muss der Mensch selber etwas tun, er muss gehen, sich waschen, sich reinigen. Der Mensch muss gehen und Jesus gehorchen, d.h. auf ihn hören. Das haben wir schon am Zweiten Fastensonntag gehört: „Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.“ Der Mensch muss in Bewegung kommen, sich auf den Weg machen, im Glauben mit Gott zusammenwirken. Der Mensch ist aber auch der Reinigung bedürftig. Er muss einen klaren Blick bekommen und schauen, dass er alles hinter sich lässt, was das Auge seines Herzens trübt. Heute ist auch der heilige Josef. Er wird montags nachgefeiert. Der heilige Papst Johannes XXIII sagt Folgendes über den heiligen Josef: „Der heilige Josef trug keine Brille, denn damals kannte man sie noch nicht. Doch er hat uns die Kunst gelehrt nur das Gute zu sehen und alles zu Seite zu lassen, was nicht nach oben führt.“ Das ist das besondere Kennzeichen des heiligen Josef. Er kann das Gute sehen? Er konnte mit dem Herzen sehen ganz nach dem Wort im kleinen Prinzen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche bleibt für die Augen unsichtbar.“ Worauf ist unser Blick fixiert? Sehen wir das Gute, das Gott uns zuwachsen ließ, das uns unsere Mitmenschen getan haben? Sehe ich, dass es eine Neigung zum Guten in jedem Menschen gibt? Oder habe ich allzu oft das Schlechte, Negative und Misslungene gesehen, und mich so hinunterziehen lassen. Und dann heißt es, dass Josef alles beiseitegelassen hat, was nicht nach oben führt. Josef wusste, dass das Leben die Richtung nach oben haben muss, zum Gott seiner Väter. Es geht immer darum, dass wir zuerst einmal suchen, was oben ist. So bekommen wir den klaren Blick, so waschen wir uns in Schiloach d.h. übersetzt der Gesandte, d.h. in Christus selber.
Liebe Brüder und Schwestern!
Begegnung mit dem heilenden Christus ermöglicht uns der heutige Sonntag. Freilich, wir müssen zugeben, dass wir auch irgendwie blindgeboren sind. Aber, und das ist das heutige Wunder, wir dürfen von ihnen sehend werden. Es braucht ein Zweifaches: Uns von Jesus berühren lassen, ihn handeln lassen. Und dann hingehen auf dem Weg des Glaubens, der immer weg der Reinigung ist, d.h. selber etwas dafür tun. In diesem Sinn „Lebt als Kinder des Lichtes,“ wie uns der Epheserbrief sagt. Möge der Herr unsere Blindheit heilen, damit wir von Innen her sehend werden. Amen.