Donnerstag 12. Dezember 2024
Pfarre Haslach an der Mühl

Abschließender Bericht NS-Euthanasie

 

Beklommenheit nach Vortrag über „Euthanasie“ im Dritten Reich

„Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke….“

 

 „Es gibt eine Zeit des Vergessens und es gibt eine Zeit des Erinnerns, eine Zeit der Hartherzigkeit und eine Zeit des Mitfühlens, eine Zeit des Unwissens und eine Zeit des Wissens.“

 

Mit diesen Worten schloss der Klagenfurter Historiker Univ. Prof. Dr. Peter Gstettner seine beeindruckende Festrede in der Pfarrkirche Haslach anlässlich der erhebenden Gedenkfeier für die zehn Haslacher Opfer der NS-„Euthanasie“.

 

Wenige Tage später untermauerte die Historikerin Mag. Ludmilla Leitner vor großem Publikum im Pfarrzentrum die Thesen des Referenten. Ihr Vortrag „Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke….“ war eine akribische Recherche und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Hintergründen der „Aktion T4“. Weitere Themen waren die theoretischen Wegbereiter der NS-„Euthanasie“ sowie der konkrete Ablauf des Tötungsprogrammes am Beispiel Schloss Hartheim. Was mit dem zynisch missbrauchten Begriff „Euthanasie“ begann, endete in der industriellen Massenvernichtung der europäischen Juden im Rahmen des Holocaust.

 

Die Schilderung der unfassbaren Geschehnisse in ihren bisher nicht gekannten Einzelheiten hinterließ eine betroffene Zuhörerschaft. Sie soll Mahnung sein, dass es niemals mehr – so Prof. Peter Paul Wiplinger in seiner Gedenkrede – „Opfer einer auf grenzenloser Verblendung aufgebauten Ideologie, die zu Grauenhaftem geführt und 55 Millionen Tote und Europa als ein Trümmerfeld hinterlassen hat“, geben darf.

 

Wir, die Nachfolgegeneration, haben keine Schuld am Tod dieser Menschen. Es gibt aber, so Prof. Gstettner, so etwas wie eine „Vergessensschuld“. Haslach hat mit der feierlichen Setzung des Gedenksteines einen Teil seiner „Vergessensschuld“ abgetragen.

 

„VERGISS UNS NICHT

DIE WIR HIER GETÖTET WURDEN

DENN DAS VERGESSEN

DES BÖSEN

IST DIE ERLAUBNIS

ZU SEINER WIEDERHOLUNG“

 

Inschrift am griechischen Denkmal im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen

 

 

Gedenkfeier und Gedenkstein-Enthüllung

für die Opfer der "NS-Euthanasie" aus Haslach

 

Die tausendfachen Ermordungen von behinderten Kindern und Erwachsenen im Rahmen des „NS-Euthanasie-programms“ sind zweifellos eines der dunkelsten Kapitel des 20. Jahrhunderts. Der Begriff „Euthanasie“ diente den Nationalsozialisten als Deckmantel für ein detailliert vorbereitetes und ab 1939 konsequent vollzogenes Vernichtungsprogramm, das sie in der Anfangsphase noch als „Aktion Gnadentod“ zu verharmlosen versuchten.

 

Ideologische Wegbereiter für die „Säuberung und Gesundung des deutschen Volkskörpers“ waren die bereits Ende des 19. Jahrhunderts weit verbreiteten Ideen des Sozialdarwinismus und der Rassenhygiene.

 

Wider das Vergessen

Lange wurde geschwiegen, sei es aus Scham, Verdrängung oder Unwissenheit - so auch in Haslach.

 

75 Jahre danach ist es vor allem dank mehrerer engagierter Haslacher – im Besonderen durch die Recherchen von Herrn Mag. Thomas Engleder - endlich gelungen, mit einem Gedenkstein als mahnendes und erinnerndes Symbol den bis dahin unbekannten Opfern aus Haslach einen Namen zu geben. Ausgewählt wurde dafür bewusst ein Stein am Kirchenplatz vor den Gedenktafeln für die Gefallenen des 2. Weltkrieges und dem Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges.

 

Die meisten der 10 Opfer aus Haslach wurden im Schloss Hartheim vergast, eine von insgesamt sechs „Euthanasieanstalten“ im Großdeutschen Reich. Unter allen Tötungszentren kam Hartheim eine Sonderstellung zu, denn dort wurden mit rund 30.000 Opfern bis Ende 1944 die meisten Menschen ermordet: Kranke, Behinderte, aber auch Alkoholiker, Waisen, schwer erziehbare Jugendliche, ab 1941 auch politische Häftlinge und Zwangsarbeiter aus den Konzentrationslagern Mauthausen und Gusen.

 

Am 31. Oktober 2014 fand eine würdevolle Gedenkfeier für die 10 Opfer aus Haslach in der Pfarrkirche statt, bei der die KlientInnen der Oase für jeden Einzelnen eine Kerze auf den Kirchenplatz trugen, wo Pfarrer Mag. Gerhard Kobler die Segnung des Gedenksteins und die Einsegnung der Opfer vornahm.

 

Eine Woche später, am 08. November 2014, hielt Frau Mag. Ludmilla Leitner im Pfarrsaal einen Vortrag zu den historischen Hintergründen der „Aktion T4“: „Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke.“ – „Euthanasie“ im Dritten Reich.

Gedenkstein für die Opfer der "NS-Euthanasie" aus Haslach

 

Mahnmal in Haslach:

Später Wandel der Erinnerungskultur

 

Markus Rohrhofer

11. November 2014, 17:07

Gedenken an zehn Opfer der NS-Euthanasie auf dem Kirchenplatz

 

Linz – Lange wurde geschwiegen. Sei es aus Scham, Verdrängung oder manchmal auch aus Unwissenheit. Die kleine Mühlviertler Gemeinde Haslach bildet da keine Ausnahme.

Doch über 70 Jahre später hat man sich jetzt, dank der Eigeninitiative mehrerer engagierter Bürger und gegen manch heftigen Widerstand, zu einer Geschichtsaufarbeitung im öffentlichen Raum entschlossen. Mit einer Gedenktafel erinnert nun jener Ort, in dem bis 2004 (Korrektur N.L.) Adolf Hitler noch Ehrenbürger war, an zehn bis dato unbekannte Haslacher Opfer der NS-"Euthanasie". Den Anstoß für die Initiative gab der gebürtige Haslacher Schriftsteller Peter Paul Wiplinger bereits im Jahr 2010.

Nach vier Jahren intensiver Recherche- und Überzeugungsarbeit wurde die Tafel nun an einem Stein auf dem Kirchenplatz angebracht – ganz bewusst vor den Gedenktafeln für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs und dem Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.

 

(Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 12.11.2014)

 


 

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