Dienstag 14. Mai 2024
Linz 2009 - Kulturhauptstadt Europas

An einem Sonntagmorgen in der Kulturhauptstadt - Was den Sonntag erst zu einem Sonntag macht

Hängematte

Bericht aus "inpuncto", dem kirchlichen Magazin, in dem die kirchlichen Projekte von Linz09 vorgestellt werden.

Für die einen ist es der Guglhupf. Für andere ist es die Ruhe. Oder gar der Gottesdienst? Die christlichen Kirchen stellen im Kulturhauptstadtjahr den Sonntag als Kulturgut in die Mitte – eine europäische Kostbarkeit. 

 

Sonntag ist es, am Morgen, und kalt. Die funkelnden Lichter der Nacht sind erloschen. Parkplätze über Parkplätze gibt es und niemand rempelt einen an. Den paar Leuten, die jetzt auf der Landstraße im Linzer Stadtzentrum unterwegs sind, kann man leicht aus dem Wege gehen. Ein Jogger nutzt die freie Bahn zwischen den Straßenbahngleisen, um seine Morgenrunde zu ziehen. Der städtische Verkehrsbus spuckt zwei Versprengte der letzten Nacht aus. Neue Gäste bekommt er jetzt nicht. Gestern noch, da war hier Trubel an der Kreuzung, und nervös warteten die Leute auf das Grün bei der Ampel.
Die beiden ziehen hinüber zum Hauptplatz. In der Mitte – bei der Dreifaltigkeitssäule, stehen ein paar Leute. Einer hält eine Tafel hoch. „SonntagMorgen“, steht darauf, und die Einladung, gemeinsam zum Gottesdienst in den Dom zu gehen. Die zwei Burschen bleiben stehen, gesellen sich für eine Weile dazu, fragen, was es dort gibt. Ein ganz normales Sonntagsprogramm wird angeboten. Gottesdienst, danach Kulinarisches am Domplatz. „Bratwürstel“ klingt für die beiden verheißungsvoll, aber bis dahin sind es noch zwei Stunden. Da verdrücken sie sich dann doch lieber in einer der Seitengassen.
Vorbei an den Auslagen der Stadt, gefüllt mit Dingen, die man heute nicht kaufen kann, zieht die Gruppe hinüber in die Domkirche. In wenigen Minuten beginnt das Hochamt. Hier feiern die Leute, für die zu einem richtigen Sonntag auch die Gottesdienstgemeinde gehört – und auch einige, die sich aus Neugier das – Probieren kostet nichts – auch „einmal geben“ wollen.

Sonntag bringt Kultur. An zwölf Sonntagen wird der ganz gewöhnliche Sonntag in Linz zum „Kulturprojekt“. Gäste sind eingeladen, den Sonntag mitzufeiern, so wie ihn die christlichen Pfarren eben feiern. Die Woche unterbrechen, um dann bewusster wieder neu aufzubrechen in den Alltag. Zwölf Pfarren und Gemeinschaften laden dazu über das Jahr verteilt ein.
Wer nicht ortskundig ist, wird abgeholt, jeweils bei der Dreifaltigkeitssäule am Hauptplatz, nur wenige Schritte entfernt vom Kulturhauptstadt­Büro.


Der Weg zur Kirche. Hier treffen sich Gäste, um sich von Mitgliedern der Pfarre abholen zu lassen. Zu Fuß oder mit der Straßenbahn begibt man sich dann in den entsprechenden Stadtteil.
Heute hat es Franz Dobretsberger nicht schwer. Er begrüßt die Gäste namens der Dompfarre, doch die gekommen sind, kennen sich aus in Linz – und sie wissen auch Bescheid, was ein Gottesdienst ist und wie er gefeiert wird. In der warmen Jahreszeit, so hoffen die Organisatoren, werden auch Touristen dieses Angebot nutzen.
Ein Kyrie aus dem Jahr 1393 wird vom Chor vorgetragen. Die Zeit hält hier ihren Atem an. Von Jeremia wird gelesen, der einen „Sproß“ aus dem Haus David ankündigt. Er wird für Recht und Gerechtigkeit im Land sorgen.

Die Hoffnung stirbt wohl zuletzt. „Der Sonntag ist die Zeit, die den Alltag unterbricht“, sagt der Prediger.
Weiter hinten im Kirchenschiff stehen zwei Tafeln. „Was den Sonntag erst zu einem Sonntag macht“ steht als Überschrift daraufgeschrieben. „... Mit der Pfarre feiern“, hat jemand handschriftlich ergänzt. Was für die einen unabdingbar ist, ist für andere verzichtbar. Die beiden vom Hauptplatz sind dann auch zum Bratwürstl­Essen nicht mehr gekommen. Sie haben sich irgendwo verloren in den Verzweigungen der Stadt.

 

InpunctoText und Bild: Matthäus Fellinger.

 

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