Montag 29. April 2024

Gott ist anders

Gott ist kein Grundherr, auch kein wohlmeinender

Nach menschlichem Maßstab ist die Geschichte von den Arbeitern im Weinberg vielleicht nicht so schlecht. Aber dass man einen gerechten Lohn zahlt, dazu braucht es keinen lieben Gott. Gott hat anderes mit uns vor.

Jesaja 55

8 Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege – Spruch des Herrn. 9 So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken.

 

Matthäus 20

8 Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen von den Letzten, bis hin zu den Ersten.

9 Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar.

10 Als dann die Ersten an der Reihe waren, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar.

11 Da begannen sie, über den Gutsherrn zu murren,

12 und sagten: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt; wir aber haben den ganzen Tag über die Last der Arbeit und die Hitze ertragen.

13 Da erwiderte er einem von ihnen: Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart?

14 Nimm dein Geld und geh! Ich will dem Letzten ebenso viel geben wie dir.

15 Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?

16a So werden die Letzten die Ersten sein.

 

Von Bischof Erwin Kräutler haben wir viel über Großgrundbesitzer in Brasilien gehört. Mit allen möglichen Strategien sammeln sie immense Ländereien. Was dort wächst oder an Tieren gezüchtet wird, ist zumeist für den Export bestimmt. Die einheimische Bevölkerung verliert dadurch aber ihre Lebensgrundlage. Um ihre Macht und ihren Gewinn zu erhalten, schrecken Großgrundbesitzer auch nicht vor der Ermordung jener zurück, die sich ihnen entgegenstellen. Dom Erwin erzählt immer wieder davon.

 

Heute im Evangelium, da haben wir anscheinend einen guten Grundherrn. Nun, sein Land dient zwar nicht dem Anbau von Lebensmitteln für alle. Aber immerhin: Er bezahlt seine Arbeiter gut. Am Ende erhalten alle das, was sie sie für einen Tag zum Leben brauchen. Das ist schon was. Wie oft ist bis heute nicht einmal der zustehende Lohn selbstverständlich und wird zurückgehalten.

 

Der Evangelist Matthäus überliefert uns diese Geschichte, weil Jesus uns damit etwas über das Himmelreich – über die gerechte Welt Gottes – erzählen wollte. Und so ist das Gleichnis immer ausgelegt worden: Gott ist so großzügig wie dieser Grundbesitzer.

Das Gleichnis meint nicht unbedingt, der Besitzer soll Gott gleichen. Sondern: Wir sollen den Grundbesitzer mit Gott vergleichen. Etwa: Vergleicht das, was ihr vom Himmelreich erwartet, mit diesem Grundherrn. Hört zu, denkt nach, diskutiert: Dann seht ihr klarer.

 

Die Leute damals haben sicherlich aufgehorcht, wenn es in der Geschichte heißt: „Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will?“ Nach römischem Recht: ja. Aber nicht nach biblischem Recht. Für die Tora – die gute Weisung Gottes vom Sinai – ist klar: Das Land gehört allein Gott. Du hast es nicht unter deiner freien Verfügung. Es muss allen dienen und sollte jemand es aus wirtschaftlicher Not einmal fortgegeben haben, so wird es ihm und seiner Familie zurückerstattet: Alle 50 Jahre ist ein Jubeljahr, in dem die ursprüngliche Ordnung wieder hergestellt wird.

 

Ein Einwand aber doch: Nun wenn es hier doch aber zum Guten ist, wenn alle genügend Lohn erhalten!

Ihr erinnert euch vor zwei Wochen. Damals hatte ich einen Anruf aus Rom und der Anrufer erzählte mir von seiner Enzyklika Evangelii Gaudium. Damals habt ihr diesen Satz gehört: „Der private Besitz von Gütern rechtfertigt sich dadurch, dass man sie so hütet und mehrt, dass sie dem Gemeinwohl besser dienen; deshalb muss die Solidarität als die Entscheidung gelebt werden, dem Armen das zurückzugeben, was ihm zusteht.“

 

Ist der Denar das, was einem zusteht? Fördert dieser Lohn das Gemeinwohl? Ich glaube nicht. Taglöhner waren schlechter gestellt als Sklaven. Sklaven waren Besitz ihres Herrn; der musste sich als Eigentümer um sie kümmern. Ein Taglöhner stand aber jeden Tag im Kampf ums Überleben: Wird er heute gebraucht? Gibt es Arbeit? Oder wieder einmal nichts! Und morgen? Da mussten wohl auch Frau und Kinder zupacken, damit die Familie überleben konnte.

 

Der Schlüssel liegt im letzten Satz: „So werden die Letzten die Ersten sein.“ Ist das in der Geschichte so? Doch nicht! Der Besitzer bleibt Besitzer und was er nach seinem Gutdünken zahlen will, zahlt er – oder auch nicht. Die Taglöhner bleiben Taglöhner, die morgen mit ihren Familien wieder nicht wissen, was mit ihnen sein wird. Dass die Letzten morgen als erste Arbeit bekommen, wird nicht gesagt. Im Gleichnis bleibt alles, wie es ist.

 

Also vergleichen wir doch das Himmelreich mit dieser Geschichte! Was kommt dabei heraus? Hört: Gottes Güte ist allemal größer als die eines Grundherrn, selbst wenn er wohlmeinend ist! Bei Gott bleibt nichts, wie es ist: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“ singt die junge Frau Mirjam/ Maria als die entscheidende Zeit beginnt, in der wir durch Jesus aufgefordert werden, die Herrschaft Gottes hier mitten unter uns zu ergreifen.

 

Nach menschlichem Maßstab ist die Geschichte von den Arbeitern im Weinberg vielleicht nicht so schlecht. Aber Gottes Gedanken sind andere Gedanken. Dass man einen gerechten Lohn zahlt, um das zu erkennen braucht es keinen lieben Gott.

Doch wenn Gottes Herrschaft anbricht, dann wird es sein, wie Jesaja es verheißt: „Sie werden Reben pflanzen und selbst ihre Früchte genießen. Sie bauen nicht, damit ein anderer in ihrem Haus wohnt, und sie pflanzen nicht, damit ein anderer die Früchte genießt. Was meine Auserwählten mit eigenen Händen erarbeitet haben, werden sie selber verbrauchen.“

 

Das sind die Verheißung und der Maßstab unseres Glaubens. Nichts weniger. Nur darauf wollen wir hoffen. Amen.

 

25. Sonntag Jk A, 24.09.2017

Namenstage
Hl. Katharina von Siena, Hl. Theoger, Hl. Dietrich von Thoreida
Bibelwort von heute
Quelle

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