Schlüsselerlebnis
Predigt Verklärung des Herrn, 18. Sonntag Jahreskreis, 6.8.2023
Perikopen: 2 Petr 1,16-19 Mt 17,1-9
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Schlüsselerlebnisse sind Erlebnisse, die man nicht vergisst Sie können Erlebnisse sein, die einem eine ganz neue Welt erschließen können. Jeder vor uns hatte wahrscheinlich derartige. Auch der Apostel Petrus hatte eines. Es war die Begegnung mit dem Herrn auf dem Berg der Verklärung. Dieses Ereignis hat ihn geprägt, dass er es in seinem zweiten Brief, von dem wir eben gehört haben, niedergeschrieben hat. Es ist auch die Begründung dafür, dass er sagt: „Wir sind nicht klug ausgedachten Lehren nachgefolgt“. Er nennt interessanterweise nicht die Auferstehung oder die Wunder als Beleg, sondern die Verklärung. Für ihn war das ein Erlebnis, das in ihm eine ganz neue Welt eröffnet hat. Wie in einem Brennglas hat sich in diesem Ereignis sein ganzer Glaubensweg verdichtet. Ich glaube auch für uns kann dieses Tabor Ereignis, unseren ganzen Glaubensweg enthalten. Diese Begegnung hatte eine Vorgeschichte und sie hat Folgen. Man kann sie nicht isoliert betrachten. So möchte ich ein wenig auf das Ereignis schauen.
Erstens: Berufung. Die Vorgeschichte kann man unter die Überschrift bringen. Jakobus, Johannes, Petrus wurden berufen am See von Galiläa. Aber der Herr berief sie hier auch noch aus dem Zwölferkreis heraus. Er nahm sie beiseite, um mit ihnen auf den Berg zu gehen. Ein weiteres Mal spricht er sie mit Namen an. Warum gerade sie? Wollte er sie besonders belohnen? Wollte er sie vor den anderen herausheben? Ober war es vielmehr schon ein Vorzeichen für das, was später geschehen sollte? Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts gedeutet. Petrus musste zugerüstet werden für seine Aufgabe als Haupt des Apostelgremiums. Johannes ist jener, der der Überlieferung nach am längsten von den Aposteln gelebt hat. Er schrieb das Evangelium und auch die Offenbarung. Er musste für diese lange Lebenszeit zugerüstet werden. Sein Bruder Jakobus ist der erste Märtyrer aus dem Kreise der Apostel. Der Herr wollte diesen Jüngern das geben, was sie benötigt haben, damit sie ihrer Berufung folgen. Gott sucht, Gott ruft, Gott führt und die Apostel lassen sich rufen, lassen sich finden und lassen sich führen. Und hier sind wir jetzt gefragt. Denn auch jeder Einzelne von uns ist gerufen. Wir reden so häufig über das Wort Berufung, dass uns die eigentliche Bedeutung nicht mehr klar wird. Berufung bedeutet nicht, dass es ein Angebot und Nachfrage an Aufgaben im Reich Gottes gibt. Berufung bedeutet, jeder Einzelne von uns ist persönlich beim Namen gerufen für eine bestimmte Aufgabe. Nicht nur einmal im Leben, sondern jeden Tag. Der Herr ruft uns jeden Tag in sein Reich, um an dessen Aufbau mitzuarbeiten. Ist uns das so klar? Wie können wir diesen Ruf erkennen? Ist das nicht nur frommes Gerede? Natürlich können wir sensibel werden für den Ruf, wenn wir mit dem Herrn sprechen, wenn wir beten. Aber auch dann kann der Ruf unklar bleiben. Oft ruft der Herr durch ganz einfache Situationen und Begebenheiten. Da gibt es den Mitmenschen, mit dem ich zusammen lebe. In ihm steckt der Ruf Gottes an mich: „Sei freundlich zu Deinem Mitmenschen, so wie ich freundlich zu Dir bin.“ Dann sehen wir vielleicht die Sonne, und, wenn sie warm vom Himmel scheint, kann darin der Anruf Gottes stehen: „Erhol Dich, genieße ein wenig die Sonne.“ Und wenn wir die Schönheit der Natur betrachten, kann darin auch der Anruf stecken: „Sei dankbar für das, was Gott Dir alles gibt.“ Es kann auch lästige Aufgaben geben. Auch in jenen steckt, dass das Leben ein Kreuzweg sein kann. Wenn es für uns lästig und schwer wird, können wir alles mit dem Gekreuzigten verbinden. Das ist Berufung. Ohne diesen Ruf wären die Apostel nicht zur Verklärung gekommen.
Zweitens: Begegnung. Das Herzstück. Für Augenblicke wird für die Jünger aus dem Glauben ein Schauen. Das, was Jesus Ihnen vorher gesagt hat, die drei Apostel können es nun sehen. Ihnen erschließt sich, dass er die Erfüllung der Verheißungen und des Alten Testamentes ist, da sie Mose und Elija, zwei ganz zentrale Gestalten des alten Bundes, sehen. Sie hören und sehen die Offenbarung des Vaters, dass Er der geliebte Sohn ist. Damit ist eigentlich all das gedeutet und gesagt, was sie vorher schon gehört haben. Für einen Augenblick zieht das Geheimnis einen Schleier von sich und offenbart sich den Aposteln und zwar als das, was es ist: eine Realität. Wenn Wolken am Himmel sind, ist die Landschaft oft nicht so prächtig Aber wenn sich die Wolken zurückziehen, erglänzt das alles in wunderbaren Farben. Dann kann man sich nicht sattsehen an der Schönheit dieser Natur. Die Natur ist dieselbe geblieben, aber die Sonne hat sie zu ganz anderem Glanz gebracht. So etwas geschieht bei der Verklärung. Das uns die Augen geöffnet werden für den tieferen Glanz, der in den Dingen verborgen ist. Und geschieht das nicht auch manchmal mit uns im Glauben? Es gibt Situationen, in denen der Herr uns einen Hinweis gibt, indem er uns etwas zeigt. Es gibt manchmal kleine, eindrucksvolle Erlebnisse, in denen uns Gott im verklärten Licht zeigt, worum es geht. Die Begegnung mit Christus ist das Herzstück. Davon geht alles aus. Davon fließt alle Kraft aus. Darauf zielt alles hin. Ohne die Begegnung mit Christus ist die Begegnung mit dem Herzen abgeschnitten. Damit ist das Christentum dem Tod ausgeliefert. In der Christusbegegnung finden wir Kraft für den Alltag. Wir finden auch Kraft als Christen zu leben, finden die Freude, die uns nur der Herr schenken kann.
Drittens: Die Bewährung Gerne würden die Apostel auf dem Berg bleiben. „Lasst uns drei Hütten bauen.“ Aber das geht nicht. Sie müssen zurück in die Ebene, in die Realität des Alltages. Da steht ihnen einiges bevor: „Glauben bedeutet, sich im Dunkeln an das zu erinnern, was man im Licht gesehen hat“. Das sagte gerne der verstorbene Kardinal Meisner. „Glauben bedeutet sich im Dunkeln daran erinnern, was man im Licht gesehen hat.“ Bewahren wir auch in der Dunkelheit des Alltags das Licht Gottes im Herzen. Suchen wir im Alltag die Nähe zu Ihm, der bei uns bleibt. So, wie die Sonne bei uns bleibt, auch wenn sie von Regenwolken verhüllt ist. Die Drei, sie sind hinab in die Ebene gegangen. Sie wurden gestärkt für den eigenen Glaubensweg. Aber sie wurden auch gestärkt, um die anderen Apostel zu stärken. Immerhin ist Johannes unter dem Kreuz gewesen. An der Seite der Gottesmutter, die ihn wahrscheinlich dahin gebracht hat. Aber er ist geblieben. Jakobus, er hat als erster der Apostel sein Leben mit Freude für Christus geopfert. Petrus hat sich bekehrt und ist zurückgekommen. Er erinnert sich am Ende des Lebens noch an diese Begegnung, die ihm Halt und Kraft gegeben hat. Bewährung in der Treue, das bedeutet das Christentum im Alltag. Dazu möchte uns der Herr immer wieder führen.
Liebe Brüder und Schwestern!
Ein Schlüsselerlebnis feiern wir heute. Mögen sich uns, unsere Berufung immer mehr erschließen, in der Begegnung mit Christus, damit sich unser Glaube bewähren kann. Amen.