Sonntag 5. Mai 2024

Von der Sinnlosigkeit des Reichtums

Predigt zum 18. Sonntag im Jahreskreis, 4. August 2013

Von der falschen Selbstsicherheit des reichen Mannes: "Wem wird all das gehören, was du angehäuft hast?"

 

Evangelium: Lk 12,13-21

 

Autor: DDr. Severin Renoldner

„Du Narr!“ Drastischer könnte der Evangelist Lukas es nicht ausdrücken. „Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast?“ Der so Erfolgreiche, der gerade wieder seinen Ertrag steigern konnte, wird niemals ausruhen, essen und trinken können. Selbst wenn er nicht heute Nacht sterben müsste, die Last seines Besitzes, seine Verwaltung und die weitere Gewinnsteigerung würden auf ihm drücken wie ein Alptraum.

 

Selbst wenn er allen Freunden erzählen würde, wie glücklich er mit dem unerwarteten Gewinn ist, kaum schlafen gegangen, würden die Sorgen wiederkehren. Aber vermutlich erzählt er es gar niemandem. Er spricht ja nur zu sich: „Was soll ich machen? … Dann kann ich zu mir selber sagen: ...“. In der Tat, der reiche Mann scheint etwas kommunikationslos geworden zu sein. Er kann seine Freude nicht teilen, nicht mitteilen, er teilt sie sich nur selbst mit, redet sich ein, dass Glück kommen würde.

 

Der Reiche des heutigen Evangeliums erinnert an den Touristen, der einem griechischen Fischer erklärt, er sollte doch nach getanem Fischfang nicht faul in der Sonne liegen, sondern ein zweites mal ausfahren, am hellen Vormittag, um mehr Ertrag zu machen. Warum – fragt der Fischer? - Damit du ausbauen kannst, ein zweites Boot, einen Angestellten, dann bald einen größeren Kutter, ein kleines Unternehmen und dann immer mehr Schiffe unter deinem Namen. Warum – fragt wieder der Fischer – sollte ich das tun? - Damit du eines Tages reich bist und dich in der Sonne hinlegen und die anderen arbeiten lassen kannst. - Das kann ich ja jetzt schon, antwortet der Fischer.

 

Dem reichen Bauer geht es auch so wie dem reichen Prasser, der im Jenseits den elenden Bettler Lazarus vor seiner Haustüre wieder entdecken muss, selig in den Armen Abrahams erlöst, während er in der Hitze der Unterwelt leidet. Er hängt sein Herz an seinen Besitz. Freilich genießt er seinen Reichtum, freilich feiert er Feste, reibt sich die Hände: ich lasse meine Scheune umbauen, und habe ein großes Vermögen. Aber eigentlich ist er der Getriebene. Er muss immer weiter machen, wie an einer Börse, wie der Broker, Investmentberater: er muss immer weiter steigern. Täte er es nicht, müsste er Angst haben davor, dass das ganze Imperium zusammenbricht.

 

Anders als beim reichen Prasser, der dann im Jenseits für seinen Geiz bestraft wird, geht es hier nicht um eine Abrechnung, um die späte Gerechtigkeit, sondern um die Frage nach dem Sinn des Lebens dieses Menschen. Ja, Jesus nimmt den Reichen durchaus als Mensch ernst, wenn er Bilanz zieht. Der reiche Mann rackert, spekuliert, erweitert seine Betriebsanlagen, steigert den Gewinn und baut aus. Aber wozu? Er ist ein Narr. Er wird nicht von außen bestraft, weil er gierig oder geizig war, sondern er bestraft sich laufend selbst, indem sein Leben leer und langweilig wird. Er hat keine Freunde um seine Freude zu teilen.

 

Der Schwerpunkt liegt hier also nicht auf der Schuld, auf dem Böse-Sein des Reichen, weil er nichts hergibt (das erfahren wir übrigens gar nicht!). Sondern die Betonung liegt in der Ziellosigkeit und Perspektivlosigkeit des Lebens des Reichen. Wir sind zu mehr berufen, als unseren Besitz zu steigern. Jesus verspricht etwas, das besser ist.

 

Ja, wem wird dann all das gehören, was ich angehäuft habe? Hoffentlich doch meinen Erben? Oder fließt es – ein Akt letzter Gerechtigkeit - wieder dem allgemeinen Besitz zu?

 

Eingeleitet wird die ganze Geschichte mit einem Streitgespräch: jemand bittet Jesus, ihn bei seinen Erbansprüchen zu unterstützen. Aber die Gerechtigkeit Gottes ist nicht immer die der Menschen. „Hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht … im Überfluss.“ Jesus sagt das ohne zu klären ob die Ansprüche dieses Menschen vielleicht durchaus berechtigt sind. Auch das erfahren wir nicht. Aber wenn unsere Gerechtigkeit nur auf das bedacht nimmt, was die anderen haben (- ich will das auch haben!), dann hat sie das Wesentliche nicht erkannt. Was aber ist dieses Wesentliche? Vielleicht doch das was dem reichen Mann so sehr fehlt, obwohl er es gar nicht bemerkt: die Mitmenschen, das Teilen, die gemeinsame Freude.

 

Wir sollten nicht denken, dass Jesus die Freude über eine großartige Ernte nicht teilen würde. Jesus hat doch Festmähler gehalten, auf Hochzeiten gepredigt usw. Die Ernte des reichen Mannes ist bestimmt nichts Schlechtes, das jetzt – mit moralinsaurer Miene – von Jesus herunter gemacht wird. Im Gegenteil, eine gute Ernte ist ein Segen, ein Geschenk, das man mit anderen teilen und ein Fest feiern kann – dann, wenn man überhaupt Freunde hat, wenn man die Mitmenschen an seiner Freude teilhaben lässt.

 

Kyriegedanken

 

Mit unseren ungelösten Fragen sind wir da.

Mit unserem Haben und unseren Bedürfnissen.

Mit unserem Wunsch nach einem guten Leben.

 

 

Wir sehen Möglichkeiten zur Solidarität, in unseren Familien, an den Arbeitsplätzen und in der Politik. Aber wir hängen zu sehr an unserem Besitzen Wollen.

            Herr, erbarme dich.

 

Wir möchten teilen, aber wir wollen selbst Sicherheit gewinnen, für uns und unsere Kinder.

Wir schaffen es nicht, Deine Geschenke als gemeinsames Gut aller Menschen zu sehen.

            Christus, erbarme dich.

 

Wir sind Glaubende an Christus, an die Botschaft vom Evangelium. Wir sehen dass Gott im Nächsten ist. Wir finden es zu mühsam, zu riskieren, zu vertrauen und alle als Geschwister zu achten.

            Herr, erbarme dich.

 

Liedvorschläge

 

  • Das könnte den Herren der Welt ja so passen
  • Kyrie: In Ängsten die einen, und wir andern leben
  • Magnificat: … er stürzt die Mächtigen von Thron und erhöht die Niedrigen

 

Fürbitten – Anregung ohne Konkretisierung

 

  • Für Menschen, die keine Freunde haben, mit niemand Freude und Leid teilen
  • Für Menschen, denen die Sorge um das Einkommen das Herz verdunkelt
  • Für Menschen die ihr Herz an ihren Besitz gehängt haben
  • Für alle, die nach dem Sinn des Lebens suchen …
 
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