Freitag 24. Mai 2024

"Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!"

Gottesdienstvorschlag zum 29. Sonntag im Jahreskreis A (19.10.2014)
 

Evangelium: Matthäus 22,15-21


Autor: Mag. Franz Benezeder

Predigt


Der Hintergrund der Frage an Jesus ist die Kopfsteuer, die die Menschen dem römischen Staat, der Besatzungsmacht, zu zahlen hatten. Die Zeloten waren gegen die Steuer, die Pharisäer haben sie widerwillig gezahlt.
Die Pharisäer wollten Jesus mit der Frage vor allem eine Falle stellen. Vordergründig geht es ihnen nicht um die Steuer. Jesus geht mit den Pharisäern nicht gerade zimperlich um, er greift sie permanent wegen ihrer Verstocktheit an. Ganze drei Kapitel im Matthäusevangelium (21 bis 23) stehen unter dem Zeichen der Auseinandersetzung mit ihnen. Der Konflikt spitzt sich immer mehr zu. Im Gleichnis von den bösen Pächtern sind klar die Pharisäer gemeint, was bei ihnen auch so ankommt. Im Kapitel 23 greift er sie dann frontal an. Die Pharisäer richten sich zu einem „Rachefeldzug“ gegen diesen Jesus, der ihnen offensichtlich geistig überlegen ist. Und dieser Rachefeldzug ist kläglich gescheitert, wie wir in Vers 22 erfahren, der aber - leider - nicht mehr vorgelesen wird. „Und sie ließen Jesus in Ruhe und gingen weg“. Dass sie ihm überhaupt die Frage nach der Steuer stellen, zeugt nicht gerade von Klugheit, denn sie müssten wissen, dass sich Jesus nicht gegen den Kaiser stellen wird.
„Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört“, das hätte als Antwort genügt. Damit ist schon gesagt, dass dem Kaiser nicht alles zusteht. Mit dem zweiten Teil, „Gott zu geben, was Gott gehört“, zielt Jesus scheinbar auch auf das Glaubensleben der Pharisäer ab. Denn mit dem peniblen Einhalten von religiösen Vorschriften und Gesetzen ist nicht erfüllt, was Gott wirklich will.
Welche Relevanz die Geschichte mit der Steuerfrage für uns heute hat, dem gilt es nachzugehen. Wir leben heute in einer ganz anderen Zeit und unter ganz anderen Umständen. Die Themen sind heute ganz andere und viel komplexer. Vor allem dürfen wir in einem freien, demokratischen Staat leben.
Das Verhältnis von Staat und Kirche ist auch heute ein aktuelles Thema. Die Antwort Jesu ist eine Absage, Staat und Kirche gegeneinander auszuspielen. Und sie ist auch eine Absage gegen einen „Gottesstaat“, gegen die Versuche von religiösen Fundamentalisten, die meinen, für einen Staat müssen die Gesetze und Grundsätze einer Religion gelten. Dass wir als ChristInnen und StaatsbürgerInnen unter dem Anspruch Gottes stehen, ist die bedeutsame Botschaft Jesu. Wir haben als StaatsbürgerInnen selbstverständlich unsere Pflichten gegenüber unserem Staat, auch finanziell. (Was nicht ausschließt, dass diese zu hinterfragen sind, wo das Thema „soziale Gerechtigkeit“ berührt wird.)
Aus dem Leben Jesu, seinem Evangelium erwächst uns ein nicht weniger gewichtiger Auftrag, nämlich „Sauerteig“ zu sein. Die Aufgaben und Probleme unseres Staates gehen auch uns ChristInnen an.
„Gebt Gott, was Gott gehört.“ Jesus betont mit dieser Aussage die Vorherrschaft des Reiches Gottes als Grundthema seines Evangeliums. Das ist der Anspruch, unter dem wir als ChristInnen stehen. In der Bibel gilt der Mensch als Ebenbild Gottes – und daraus leitet sich Menschenwürde eines/einer jeden ab, das Kriterium schlechthin. Wenn diese in Frage gestellt oder gar bedroht ist, sind wir auf den Plan gerufen. Als ChristInnen werden wir immer wieder das Wort ergreifen für die Unantastbarkeit menschlichen Lebens vom Anfang bis zum Ende.
Durch die Forschung und technischen Möglichkeiten stellen sich neue Fragen, insbesondere solche die sich aus den Möglichkeiten der Genmanipulation ergeben.
Zu diesen Fragen sollen wir uns in die Diskussion einbringen. Darf der Mensch alles, was er technisch kann? Die Versuchung ist groß, den perfekten, fehlerlosen Übermenschen schaffen zu wollen. Das ist „Hybris“ – die Überheblichkeit des Geschöpfes gegenüber seinem Schöpfer.
Dem steht der Satz aus der Genesis gegenüber: „Gott sah, dass es gut war“. Das ist nicht etwa eine Verkennung der Realität, ein Wegleugnen all dessen, was nicht „gut“ ist. Es ist als Auftrag gemeint: In der Verantwortung gegenüber unserer Erde und in der Bewahrung der Schöpfung. Wir sind zuerst selber jede und jeder Einzelne gefordert, einen achtsamen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen zu leben und so unseren Beitrag zu leisten gegen die kontinuierliche Zerstörung der Mutter Erde, die unsere Lebensquelle ist.
Weitere Themen, in denen unser Engagement als ChristInnen gefragt ist, sind die Bereiche Gerechtigkeit (soziale Frage) und Friede. Verteilungsgerechtigkeit geht uns alle etwas an: ChristIn sein wollen einerseits, raffen und horten andererseits - oder Gesetzen zustimmen, die das ermöglichen - hat durchaus pharisäische Züge. Papst Franziskus setzt diesbezüglich einen klaren Schwerpunkt mit berührenden Zeichen, indem er besonders auf die Armen und Bedrängten verweist.
Als Kirche mit den verschiedensten Einrichtungen tragen wir im Sozialbereich unserer Gesellschaft sehr viel bei. Der Staat ist sich dieser Leistung bewusst und anerkennt sie auch entsprechend. Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche ist in Österreich Gott sei Dank gut, es ist getragen von einem konstruktiven Miteinander, von gegenseitiger Achtung und Respekt.
Als Kirche, als ChristenInnen werden wir immer wieder auch unbequeme MahnerInnen sein, wenn es darum geht, die Stimme zu erheben für Menschen, die selber wenig gehört werden. Das betrifft ganz besonders den Bereich neue Armut, Asyl, und AusländerInnen. In der Armutsbekämfpung leistet die Kirche durch die Caritas, auch in den Pfarren, einen unschätzbaren Beitrag in unserer Gesellschaft.
Es gibt keine einfachen Antworten und Lösungen in der Grundfrage des Verhältnisses von Staat und Kirche. Unsere Aufgabe bleibt, als ChristInnen
wachsame und kritische StaatsbürgerInnen zu sein und uns dabei immer neu vom Geist Jesu inspirieren zu lassen

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