Mittwoch 1. Mai 2024

Goldwörth Pfarrkirche Hl. Albanus

64,9 m
Ein zeichenhaftes Gemeinsames

Kirchenraumgestaltung Pfarrkirche Goldwörth Hl. Albanus
Roman Pfeffer

Altarweihe am 13.10.2014
 

Zur Neugestaltung des Altarraumes hat die Pfarre Goldwörth zusammen mit dem Kunstreferat der Diözese Linz einen geladenen künstlerischen Wettbewerb ausgeschrieben, aus dem das Projekt des in Vöcklabruck geborenen und in Wien lebenden Künstlers Roman Pfeffer einstimmig zur Umsetzung empfohlen wurde.
Das Projekt der Renovierung und Neugestaltung wurde unter der Leitung von Pfarrer Josef Pesendorfer und dem Team um PGR-Obfrau Sandra Bötscher, Edith Müllner, August Gumplmayr und Matthäus Fellinger, mit großem Engagement und fachlicher Auseinandersetzung realisiert.
 

Der Umfang der Kirche als zeichenhaftes Gemeinsames

Der Entwurf von Roman Pfeffer zur Altarraumgestaltung trägt den Titel „64,9 m“. Der Künstler bezieht sich dabei auf den Grundriss der Kirche, der 64,9 m umfasst. Er überträgt diese Zahl auf die Länge der Stützen – den Unterbau – der liturgischen Orte. Einzelne Stäbe mit einem Durchmesser von 3 cm bilden in unterschiedlicher Ausrichtung einen gemeinsamen Block und tragen eine Platte. „Der Umfang der Kirche wird durch die Stützen visuell in den Altarraum transferiert, für ein zeichenhaftes Gemeinsames“, so der Künstler.

 

Material als Bedeutungsträger

Die Objekte sind in Mooreiche gefertigt und schaffen in Farbigkeit und Oberflächenstruktur Bezüge zur bestehenden Ausstattung. Die Tatsache, dass es sich bei dem für die liturgischen Orte, die Bänke, dem Behälter für die Heiligen Öle und den Osterkerzenständer gewählten Material um Eichenstämme handelt, die über Jahrhunderte oder Jahrtausende in Mooren und Sümpfen gelagert waren und durch diese spezielle „Lagerung“ ihre Oberflächenstruktur und Farbigkeit erhalten haben, eröffnet in der vom Hochwasser im Jahr 2013 schwer in Mitleidenschaft gezogenen Gemeinde Goldwörth einen speziellen Aspekt von Material als Bedeutungsträger.


Die in Mooreiche ausgeführten Objekte schaffen in Farbigkeit, Oberflächenwirkung und formaler Gestaltung, vor allem mit der Kleinteiligkeit der Unterbauten, Bezüge zur bestehenden neogotischen Ausstattung und setzen in ihrer Präsenz dennoch ein prägnantes Zeichen im Raum.

Die neu gestalteten Objekte nehmen durch ihre formale Gestaltung und die Materialwahl aufeinander Bezug und bilden somit ein eigenes Ensemble.

 

Neuinterpretation von Bestehendem

Zur formalen Gestalt eröffnen sich Interpretationsansätze, wie das Zusammenstehen vieler in unterschiedlicher Richtung die ein Gemeinsames – in Form der Altarplatte auf der die Eucharistie gefeiert wird – tragen. Die Zahlensymbolik der drei liturgischen Orte trägt die gesamte Kirche mit ihrem Grundriss in sich.

Roman Pfeffer baut im übertragenen Sinne auf Vorhandenem – dem Bau aus der späten Gotik – auf und schafft Objekte mit skulpturaler Qualität, die formal und auf symbolischer Ebene Bezugnahmen zum Raum, zur Ausstattung und zur Bedeutung der liturgischen Orte eröffnen.

Die Einbindung des gesamten Kirchenraumes in das Gestaltungskonzept, das Streichen der Orgelbrüstung, das einheitliche Farbkonzept für die aus unterschiedlichen Epochen stammenden Bankblöcke, die Wahl des Bodens sowie die Farbigkeit der Antrittsflächen zum Hochaltar, tragen wesentlich zu einem gelungenen und beruhigten Gesamteindruck bei.

Mit reduzierten und denkmalverträglichen Interventionen im Raum ist es gelungen, den durch Boden und Bestuhlung geprägten heterogenen Charakter des Kirchenraumes zugunsten eines Gesamtraumes – auch als Verbindung von Altar- und Gemeinderaum - wesentlich zu verbessern.

 

Zahlen und Maße als neue Sinnbilder

  1. Arbeiten von Roman Pfeffer bewegen sich auf der Ebene des Konzeptuellen und Prozesshaften. Vorhandenes wird in eine neue Ordnung gebracht und ermöglicht somit eine andere Sichtweise und Interpretation.

In seinen künstlerischen Arbeiten nimmt er bestehende Alltagsobjekte oder bekannte Motive der Kunstgeschichte als Ausgangspunkt.
Diese künstlerische Herangehensweise führt er in Goldwörth weiter: Er greift den speziellen Charakter des Ortes, die im Grundriss manifestierte Geschichte auf und schafft mit der symbolisch dafür als Ausgangsmaterial stehenden Zahl „64,9“ des Innenumfangs der Kirche, neue Sinnbilder.
Zahlen und Maße als Systeme einer Ordnung, die neu interpretiert und in eine spezielle Form gebracht wird, spielen im Werk von Roman Pfeffer eine zentrale Rolle. Ebenso Ironie und Doppeldeutigkeit.

2013 erhielt Roman Pfeffer den Hauptpreis des Österreichischen Grafikpreises mit der 2012/13 entstandenen Serie “Kompositionen”. Dabei entwickelt er aus dem Ausgangsmaterial Notenpapier anhand der Notenlinien die er herauslöst seine Komposition im übertragenen Sinne.
 

 

Pfarrkirche Goldwörth Hl. Albanus
Kunst und Geschichte

Die Pfarrkirche Goldwörth ist die einzige dem Hl. Albanus geweihte Kirche in der Diözese Linz. Der erste Kirchenbau in Goldwörth erfolgte laut DEHIO Mühlviertel (2003) um 1321; urkundlich wird 1407 eine Albanuskirche erwähnt.
Der bestehende Bau geht auf die späte Gotik (Anfang 16. Jahrhundert) zurück. Der Kirchenraum besteht im Langhaus aus einem breiten, niedrigen und flachgedeckten Saalraum und einem fast ebenso langen Chorraum mit Stichkappentonne und bogenförmigen Rippenformationen.

Die Ausstattung mit Hoch- und zwei Seitenaltären stammt aus der Ottensheimer Werkstatt (Kepplinger/Raweder) und prägt als einheitliches Ensemble mit dem hellen gebeizten Holz der architektonischen Aufbauten und den farbig gefassten Figuren den harmonischen Eindruck des Kirchenraumes. Der Hochaltar mit der Einzelfigur des Patrons und einzelner Reliefs mit Szenen aus seiner Vita stammt von Josef Kepplinger (1889). Die Seitenaltäre integrieren barocke Altarbilder und wurden 1903 von Simon Raweder angefertigt.

Die Kirchenbänke werden drei unterschiedlichen Ausstattungsphasen zugeschrieben. Die Bänke im Altarraum wurden von Josef Kepplinger 1894 im Zuge der ersten Phase der neugotischen Ausstattung angefertigt, jene im Langhaus stammen laut DEHIO Mühlviertel aus dem 3. Drittel des 18. Jahrhunderts (Rokoko). Die Bänke unterhalb der Empore wurden um 1954 angefertigt; etwa gleichzeitig die Emporenbrüstung.

 

Dr.in Martina Gelsinger, Kunstreferentin

 

Zum künstlerischen Baustein

 

Auszug aus dem Kirchenführer Pfarre Goldwörth

 

 

 

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