Vom Nikolaus und seinen digitalen Fähigkeiten
Mein „Lieblingsstück“ hat sich tatsächlich erst in diesem Advent zugetragen und in der Tat ist aus einem schweren Mama-Herzens-Moment ein wunderschöner Familienmoment geworden. Ich hoffe, ihr habt ein bisschen Zeit und Muße mitgebracht ...
Also beginnen wir am Anfang ... Corona ist allgegenwärtig und so wurde meine achtjährige Tochter Rosalie in der ersten Adventwoche nach nur zwei Tagen Schulbesuch in Quarantäne geschickt. Am Anfang mussten wir definieren, was Quarantäne genau bedeutet: „Mama, ich darf mich nicht außerhalb unseres Zauns bewegen, hat die Frau Lehrerin gesagt. Heißt das, ich darf nicht mal die Post vom Briefkasten holen? Der steht doch in unserer Einfahrt!“ Doch sie darf die Einfahrt rauf und runter laufen und mit unserem Hund im Garten spielen – sonst muss sie aber mit ihrem Bruder und mir Vorlieb nehmen ... es ist kein Besuch erlaubt.
Als wir das geklärt hatten, starteten wir ein umfangreiches Quarantäne-Programm. Im Garten einen Schneemann bauen, den Hund hin und her stauben, zusammen Liebesfilme schauen, Weihnachtsdeko basteln, spielen und Kekse backen: Drei (!!!) verschiedene Sorten haben wir gemacht, was für die nichtbackfreudige Mami natürlich eine Herausforderung war. Aber dennoch ... soweit, so gut.
An Tag 4 der Quarantäne – dem zweiten Adventssonntag – haben wir wie jedes Jahr die zweite Kerze am Adventskranz entzündet. Jedes Kind darf eine Weihnachtsgeschichte lesen und am Schluss singen wir sogar immer zusammen: An dieser Stelle ein großes SORRY an unsere Nachbarn, wir können es nicht besser, sind aber natürlich mit Enthusiasmus dabei ... ;-)
ABER dann dämmerte es Rosalie. „Mama, heute ist doch der 5. Dezember, oder?“ Als ich die Frage bejahte, wurde Rosalie klar, dass tags darauf der Nikolaus in die Schule kommen würde. „Mama, ich MUSS morgen in die Schule. Der Nikolaus kommt doch zu uns.“ In den Augen meines sonst sehr tapferen Mädchens glitzerten Tränen. „Aber Du darfst nicht in die Schule, mein Schatz“, war meine Antwort. Was das mit meinem Mamaherz gemacht hat, brauche ich euch natürlich nicht sagen.
Als ich die Maus ins Bett gebracht hatte, überlegte ich fieberhaft, wie ich dieses Problem mit dem Nicht-Nikolaus-Besuch denn beheben könnte.
Hilfe musste her und ich machte das, was Muttis ganz oft machen, wenn sie nicht mehr weiterwissen: Ich aktivierte unseren Familienchat. Zusammen kam uns zumindest theoretisch schnell die rettende Idee – nur eine Sprachnachricht vom Nikolaus konnte helfen.
Aber wer sollte das machen? Es musste ein Mann sein, dessen Stimme meine Tochter nicht erkennen würde. Erst dachte ich dabei an meinen Kollegen Severin ... ja, er wäre verrückt, genug das umzusetzen. Aber da es mittlerweile schon gegen 22.00 Uhr war, wollte ich Severin das nicht mehr zumuten. (Lieber Severin, an dieser Stelle: Ich weiß, Du wärst mit Leidenschaft dabei gewesen, aber das habe ich mich dann doch nicht mehr getraut ...)
Also musste mein Bruder Michael herhalten, wir waren uns einig. Im Familienchat musste er Sprachproben zum Besten geben. Er sollte seine Stimme verstellen und immer wieder sagen: „Hallo, ich bin der Nikolaus!“ Es war zum Totlachen. Gegen 23.00 Uhr klinkten wir uns aus, nur „Nikolaus Michi“ musste noch etwas leisten und besagte Sprachnachricht verfassen – die restliche Familie durfte sich dem Schlaf der Gerechten hingeben.
Am nächsten Morgen – ehrlich gesagt war ich wahrscheinlich gespannter als Rosalie – war da dann tatsächlich eine Sprachnachricht vom Nikolaus auf meinem Handy – mit Foto! Rosalie machte riesengroße Augen, Julian, mein Großer mit seinen dreizehn Jahren, grinste nur. Was soll ich sagen? Rosalie hat meinen Bruder nicht erkannt, sie war soooo glücklich, dass der Nikolaus sie auch in der Quarantäne nicht vergessen hatte. Etwas nachdenklich stimmte sie nur, dass der Nikolaus „wie in Zeitlupe gesprochen hat“ (O-Ton Rosalie). Darauf hatte mein Großer schnell eine Erklärung parat: „Der ist ja auch schon alt! Die einen hören schlechter, die anderen reden halt langsamer. Aber immerhin er hat ein Handy!“
Ich höre mir die Nachricht immer und immer wieder an, schmunzle in mich hinein, denke daran, was für einen Spaß wir beim Planen und Umsetzen hatten. Ein bisschen tut mir mein Bruder auch leid. Man hört ziemlich genau, dass er sich sehr, sehr schwer getan hat beim Formulieren und beim Verstellen der Stimme.
Hört selbst rein und teilt diesen banalen, aber wunderschönen Familienmoment mit mir: