Ein adventlicher Lehrplan

Als Referentin für Katholische Privatschulen in Oberösterreich verbindet mich natürlich sehr viel mit dem Unterrichten und den diversen Lehrplänen.
Am ersten Adventssonntag hat ein neues Kirchenjahr begonnen – mit dem Aufruf zu Umkehr und Mut, neue Wege zu beschreiten. Warum nicht auch in der Schule neue Wege wagen? Mit Joop Roeland, einem niederländischen Studentenseelsorger, den ich selbst in Wien erleben durfte, präsentiere ich mein „Lieblingsstück“, einen neuen – auch adventlichen – Lehrplan:
Ein neuer Lehrplan:
Das neue Rechnen;
wer teilt, vervielfältigt;
weniger ist mehr.
Und Fremdsprachen:
aber nicht als Vokabeln
von Fremden,
sondern als Sprache von Menschen.
Eine neue Grammatik:
in der die großen Hauptwörter
nicht mehr so wichtig genommen werden,
sondern die kleinen Wörter:
vielleicht, trotzdem, dennoch;
und die kleinen,
hilflosen Fragewörter,
die sich nicht auskennen:
wer, wie, was, wo, warum;
die Befehlsform
abgeschafft,
dafür:
eine Sprache des Mitleidens
und des Mitlachens.
Und eine neue Geographie
mit anderen Karten,
wo die Orte der Hoffnung
die Hauptstädte sind:
Bethlehem, Kana, Emmaus,
Subiaco, Assisi
und jene kleinen Dörfer
der Berge und Täler,
wo die Schüler zu Hause sind.
Und eine neue Geschichte,
die für die eigenen Verletzungen
ein kurzes Gedächtnis hat,
gegen das Unrecht
in der Welt
aber einen langen Zorn.
Eine neue Musik auch:
wie einmal ein Mädchen
in Nazareth
ein Lied gesungen hat,
Worte, alte und neue:
aber gesungen mit eigener Seele.
Quellenangabe:
Roeland, Joop (1992): Die Stimme eines dünnen Schweigens. Feldkirch: Die Quelle Verlag.
Mit freundlicher Genehmigung von Brigitte Knünz, der Leiterin der Gemeinschaft Werk der Frohbotschaft Batschuns.

