Wie hast du den Weg in die Seelsorge gefunden? Gab es für deinen Weg in die Seelsorge ein prägendes Erlebnis?
Ich bin in einem katholisch-aufgeschlossenen Elternhaus aufgewachsen, in dem der Geist des 2. Vatikanischen Konzils sehr spürbar war. Bei jeder Familienfeier waren Pfarre und Kirche ein Thema, weil alle in unterschiedlicher Weise interessiert und involviert waren. So habe ich meine Kindheit und Jugend als in der Familie und meiner Heimatpfarre Grieskirchen verwurzelt und aufgehoben erlebt. Nach der Matura war ich unschlüssig, wie es weitergehen soll, und habe mich schließlich für Theologie entschieden: Die breite thematische Aufstellung, von der philosophischen Fragestellungen über biblisches Wissen, bis hin zur Gemeinschaft der engagierten Studienkolleg:innen hat mich angesprochen – eine wunderbare Zeit!
Nach dem Studienabschluss hatte ich den Wunsch, in der Pfarrseelsorge zu arbeiten und habe 1998 als Pastoralassistentin in der Stadtpfarre Braunau angefangen. Dort war der Einstieg schwierig und ich wechselte nach einem Jahr in die Stiftspfarre St. Florian, wo ich ein wohltuendes und wohlwollendes Team und eine ebensolche Pfarrgemeinde erleben durfte. Als im benachbarten Niederneukirchen die Pfarrleitung neu zu besetzen war, sprach mich der scheidende Pfarrer an. Seit 2003 bin ich dort ununterbrochen die Pfarrassistentin.
Was zählt zu deinen Aufgaben?
Ich bin seit 20 Jahren die leitende Seelsorgerin im Ort; immer im Team mit einem Pfarrmoderator, der anderswo wohnt. Ich lebe mit meiner Familie in der Pfarre, bin in meinem Leben mit den Menschen in der Pfarre verwoben. Es ist für mich eine Herausforderung, in der neuen Struktur der Diözese Linz dieses Dorfseelsorger:innen-Bild aufzugeben, da ich es als schlüssig und wertvoll erfahren habe. Aber unsere Frohe Botschaft in die Zukunft zu tragen ist mein Herzensanliegen. Aus diesem Grund unterrichte ich auch in der Volksschule Religion.
Meiner Erfahrung nach wächst Verwurzelung im Glauben aus der Nähe zu konkreten Christinnen und Christen in ihrem Umfeld. Diese Nähe in der neuen Struktur erfahrbar zu machen, wird die Challenge sein, die es anzunehmen gilt. Persönlich übe ich mich ein, indem ich seit einem Jahr auch Pfarrassistentin für Weichstetten und St. Marien bin: Das geht nur gemeinsam - mit begeisterten Haupt- und Ehrenamtlichen.
Ich engagiere mich in der Berufsgemeinschaft der Pfarrassistent:innen. Der Austausch mit Kolleg:innen stärkt uns Pfarrassistent:innen, schließlich sind wir in unserer Rolle allein in unseren Pfarren. Mentoring, kollegiale Begleitung und Supervision helfen ebenfalls bei der Reflexion.
Was ist dir einmal richtig gut gelungen? Und was ist schon einmal so richtig schiefgelaufen?
Ich freue mich, dass ich immer mit sehr kooperativen Pfarrmoderatoren und einem „Daueraushilfspriester“ zusammengearbeitet habe, von dem ich viel gelernt habe.
Schwierige Situationen erlebe ich vereinzelt mit Männern, die Beruf, Position oder persönliche Verbindungen benutzen, damit für sie nicht gelte, was für andere gilt. Das fordert meinen Gerechtigkeitssinn, meine innere Stärke und eine gewachsene Gelassenheit. Von Seiten der Diözese gibt es in solchen Fällen zunehmend Unterstützung.
Wichtiger und häufiger sind bei weitem die positiven Erlebnisse: Die Freude an der Liturgie und der Begegnung mit Menschen zieht sich wie ein roter Faden durch mein Berufsleben. Ich richte mich im gemeinsamen Feiern des Sonntagsgottesdienstes jede Woche neu auf.
Was sind deine Top 3 Tipps für angehende Seelsorger:innen?
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Behalte dir die Freude am Glauben, sie ist die Basis dieses Berufs.
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Finde gute Leute, die dich begleiten – Verbündete, Erfahrene und Neulinge, Lehrmeister:innen... Lass dich ein auf Gespräch und Verbundenheit mit ihnen.
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Suche dir Orte, die dir entsprechen, wo du gut arbeiten und sein kannst: in der Kirche, im Büro, im Ort, in der Natur.
Was sind deine spirituellen Kraftquellen? Was machst du gerne in deiner Freizeit?
Gottesdienste und Gespräche mit anderen Christ:innen sind meine wichtigste spirituelle Kraftquelle, sie berühren mein Herz und mein Denken. Ich lese gerne, ich liebe Worte und die Welten, die sie auftun. Musik und Tanzen bewegen mich mit, Bilder, Strukturen und Farben faszinieren mich. Ich genieße die Natur zu sehen, zu spüren und zu riechen. Sie ist mein Kraftpaket und Ruhepol in fordernden Zeiten.