Wie hast du den Weg in die Seelsorge gefunden? Gab es für deinen Weg in die Seelsorge ein prägendes Erlebnis?
Ich war 15 Jahre lang in der Jungschar engagiert und habe vier Jahre lang ehrenamtlich den örtlichen Jugendtreff geleitet. Beruflich war eigentlich ein anderer Weg vorgesehen: Ich habe in Linz Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Betriebliche Finanzwirtschaft studiert. Mein Abschluss fiel jedoch mitten in die Finanzkrise. Das habe ich zum Anlass genommen, meine Arbeit mehr an Menschen statt an Zahlen auszurichten, und fünf Jahre lang das Jugendzentrum Movido Rohrbach-Berg geleitet. 2018 habe ich mich bei „Volontariat bewegt“ beworben, einer gemeinsamen Initiative von Jugend Eine Welt Österreich und den Salesianern Don Boscos. Ich habe ein Jahr in einem Jugendzentrum in Lilongwe gearbeitet, der Hauptstadt Malawis in Südostafrika. Dort habe ich meine Ehefrau kennengelernt und in einem Safari-Unternehmen zu arbeiten begonnen. Die Nachfrage brach kurz darauf mit der Corona-Pandemie ein und wir entschieden uns für einen Umzug nach Österreich, wo ich seit September 2021 als Jugendbeauftragter in den Dekanaten Sarleinsbach und St. Johann am Wimberg arbeite.
Was zählt zu deinen Aufgaben?
Als Jugendbeauftragter gestalte und unterstütze ich dort, wo ich gebraucht werde: in der Jungschar, bei Ministrant:innen, bei Jugendmessen, in der Firmvorbereitung usw. Bei insgesamt 21 Pfarrgemeinden in zwei Dekanaten ist eine gute Koordination wichtig. Dafür profitiere ich auch von den vielfältigen Erfahrungen und kann oft neue Ideen und Sichtweisen einbringen. Wir Jugendbeauftragten im Oberen Mühlviertel haben ein tolles Regionsteam und gestalten übergreifende Angebote wie „Weihnachten ohne dich“ für Trauernde oder die Auferstehungsfeier zu Ostern. Persönlich ist mir die Begleitung und Vernetzung der ehrenamtlichen Jungschar-Leiter:innen ein großes Anliegen, damit sie gut geschult, informiert und motiviert arbeiten können.
Was ist dir einmal richtig gut gelungen?
Ostern 2022 war ich gut ein halbes Jahr dabei und habe meine erste Auferstehungsfeier eigenverantwortlich gestaltet. Sie fand um 5:00 Uhr statt – und es waren viel mehr Jugendliche und andere Leute da als erwartet! Von diesem schönen Erlebnis habe ich mir mitgenommen, dass man auch als schwierig geltende Zielgruppen erreichen kann, wenn man die richtigen Angebote für sie findet.
Was sind deine Top 3 Tipps für angehende Seelsorger:innen?
- Nicht zu schnell verzagen. Der Anfang kann schwierig sein, bei mir fiel er 2021 noch in die Zeit von strengen Corona-Beschränkungen. Wie kommt man da in Kontakt zu den Jugendlichen? Aber mit etwas Geduld kommt man ins Tun.
- Sei mutig und probiere Neues aus. Immer wieder höre ich diese schrecklichen Sätze „Das war schon immer so“ oder „Das hat es doch noch nie gegeben“. Wenn sich die Welt verändert und unsere Angebote an die Menschen die gleichen bleiben – wie sollen wir sie da erreichen?
- Bau dir ein gutes Netzwerk auf. Dazu zählen sowohl engere als auch losere Kontakte, sowohl mit den hauptamtlichen Kolleg:innen als auch mit den Leuten in den Pfarrgemeinden. Dann kannst du gestalterisch tätig werden.
Was sind deine spirituellen Kraftquellen? Was machst du gerne in deiner Freizeit?
Der Glaube ist meine wichtigste spirituelle Quelle. Zudem halte ich mich gerne in der Natur auf, wo es einige persönliche Kraftplätze gibt, die ich gezielt zum Innehalten, Nachdenken und Auftanken aufsuche. Meine Familie ist mir sehr wichtig – und mit vier Kindern auch oft trubelig. Es wäre schön, wenn ich wieder einmal Zeit für die Musik und zum Abarbeiten meiner sehr langen Leseliste hätte.
Gespräch mit Magdalena Welsch