kunstzeit 32: SEPP AUER
25 Jahre lagen die Beton-Entwürfe des international renommierten Bildhauers Sepp Auer für einen Kreuzweg im Kunstgutdepot der Diözese Linz. Während der Fastenzeit waren die 14 Betonreliefs öffentlich ausgestellt (22.Februar - 2.April 2021) – im Rahmen der „kunstzeit“ im interreligiösen Raum der Stille in der Katholischen Hochschulgemeinde Linz.
Licht tanzt. Es kommt durch den Schlitz an der Stirnseite des Raumes und umschmeichelt Sepp Auers Kreuzwegentwürfe aus Beton. Platte für Platte führt der Kreuzweg ins Licht.
Als Entwurf gefertigt erstmals ausgestellt
Der Künstler Sepp Auer, der mit seinen Arbeiten in internationalen Museen und Sammlungen ebenso wie im öffentlichen Raum und in zahlreichen Sakralräumen vertreten ist, fertigte die 14 Betonreliefs im Jahr 1995 als Kreuzwegentwürfe für die Pfarrkirche Heiliger Geist in Linz/Dornach an. Die 46 x 27 cm großen Betonreliefs sollten türgroß realisiert werden. Der Auftrag der Pfarre zur Realisierung in der Kirche erfolgte nicht. Die Entwürfe befinden sich in der wissenschaftlichen Studiensammlung (Kunstgutdepot) der Diözese Linz.
An der Kepler Universtität Linz sind sie im interreligiösen Raum der Stille in der Katholischen Hochschulgemeinder nach 25 Jahren erstmals zu sehen – in einer eigens dafür geschaffenen Präsentationsform in fortlaufender Reihe wie Filmstills. Die architektonische Gestalt des Raumes der Stille, der vom Baustil des „Brutalismus“ beeinflusst ist, und die Materialität des Kreuzweges gehen auf besondere Weise einen Dialog ein.
Finger und Köpfe erzählen die Leidensgeschichte
Statt der bekannten erzählerischen Form reduziert Sepp Auer die Geschehnisse und Begegnungen auf Hände und Köpfe, die durch ihre plastische Wirkung in Verbindung mit Licht zum Ausdrucks- und Bedeutungsträger werden.
In unterschiedlichen Bildkompositionen modelliert er mit den Fingern Hände und Köpfe in den nassen Beton. Mit der Materialität, der grauen Farbigkeit und der Oberflächenwirkung, schafft er zusammen mit den wenigen figuralen Andeutungen eine hohe Intensität im Ausdruck. Mit der Reduktion und dem spezifischen Einsatz des Materials stellt er das Jahrhunderte alte Bildthema des Leidens Christ als Darstellungsform in Frage und bricht damit mit den Sehgewohnheiten der BetrachterInnen und Gläubigen.
Über den Künstler Sepp Auer
Sepp Auer gilt als einer der bedeutendsten Bildhauer seiner Generation. Mit zahlreichen Werkgruppen, wie beispielsweise seinen Beton-Arbeiten, die er ab Ende der 1970er Jahre verfolgt, ist er wegweisend für nachfolgende KünstlerInnen-Generationen.
Als Zeichner, Objektkünstler und Bildhauer ist er zugleich präziser Handwerker, scharfer Beobachter und ironischer Kommentator. Als Lehrender ist er im Dialog mit den Studierenden noch Jahre nach seiner aktiven Lehrtätigkeit geschätzter Lehrer.
Charakteristisch für seine Arbeiten sind die intensive Auseinandersetzung mit Materialität und dem diesen zugrundeliegenden Gestaltungsmöglichkeiten in Verbindung mit einem konzeptuellen Ansatz. Industriell vorgefertigtes Material, wie Stahlplatten oder Eisenstangen verarbeitet er zu neuen Konstruktionen und verfolgt damit eine elementare minimalistische Auseinandersetzung mit der Skulptur.
Biografie Sepp Auer
Sepp Auer, geboren 1939 in Braunau am Inn, lebt in St. Peter/Hart und Wien. Über die Ausbildung und Tätigkeit als Schlosser und Kunstschmied begann seine Beschäftigung mit Kunst. Ab 1975 lehrte er an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien, 1994-97 leitete er die Meisterklasse für Bildhauerei. Werke von Sepp Auer finden sich im öffentlichen Raum (u.a. Neuromed Campus, Linz, Gemeinde Ybbsitz), in Kirchen und Kapellen der Diözese Linz (u.a. Baumgartenberg, St. Ulrich, Hallstatt, Kleinraming, Altenberg, Rainbach im Innkreis), ebenso wie in internationalen Museen, Sammlungen (u.a. Generali Foundation) und Galerien. Einzelausstellungen des Künstlers waren u.a. im OÖ Landesmuseum, im Rupertinum Salzburg und im Museum für Angewandte Kunst in Wien zu sehen.
Raum der Stille an der Universität – „kunstzeit“
Der interreligiöse Raum der Stille wurde 1968 im Gebäudekomplex des Studentenheimes der Katholischen Hochschulgemeinde als Hauskapelle von Architekt Gottfried Nobl errichtet. Im Zuge eines Wettbewerbes erfolgte in den Jahren 2001/2002 eine Neugestaltung durch Andrea Barth, Andrea Krenn und Peter Kulev, einem Team von Studierenden der Linzer Kunstuniversität, sowie die Umbenennung in einen interreligiösen Raum.
Das mit der Neugestaltung verfolgte Konzept besticht durch weitgehende Integration der ursprünglichen Bausubstanz ebenso wie durch radikale Klarheit und Konsequenz in materieller sowie formaler Hinsicht.
Der Raum bietet Freiraum für vielfältige Formen religiöser Nutzung sowie für temporäre künstlerische Gestaltungen. Mit der Reihe "kunstzeit" wird der Raum in Kooperation mit dem Kunstreferat/Diözesankonservatorat der Diözese Linz einmal pro Semester temporär bespielt.
Zu den 31 KünstlerInnen der Reihe zählen unter anderen Josef Bauer, Dorothee Golz, Inga Hehn, Karla Wöss, Alfred Haberpointner, Gerhard Knogler/Ulrike Neumaier und Josef Linschinger.
Text: Martina Gelsinger, Maria Appenzeller, Gerald Schuster