Mut beweisen dürfen
„Niemand weiß, was er kann, bevor er es versucht.“
(Publilius Syrus)
Wäre ich nicht in meiner Kindheit als Ministrant nach der Messe noch hoch zur Orgel gelaufen und hätte mich mein Großvater (der dort öfter spielte) nicht dazu ermuntert, das Instrument auszuprobieren, wäre mir vielleicht gar nicht bewusst geworden, welch eine Faszination das Orgelspiel noch zusätzlich zum klanglichen Erlebnis auf mich ausübt.
Schon damals überkam mich beim Anblick der verschiedenen Manuale, der vielzähligen Registerzüge und der Pedalreihe, die ich beim Erklimmen der Orgelbank aus Versehen bereits betreten hatte, eine Ehrfurcht, die mir bis heute geblieben ist und die mich verstehen lässt, warum es gerade die Orgel ist, die als liturgisches Begleitinstrument in ihrer Schönheit so sehr begeistert.
Man möchte sagen, es sei mutig, sich an ein derart komplexes Instrument zu setzen, als einzelner Mensch mit nur zehn Fingern und zwei Füßen das vielstimmige Spiel bis in die hintersten Winkel der Kirche erklingen zu lassen und die Musik selbst so zu gestalten, dass sie die liturgische Feier ergänzt und bereichert. Dennoch bin ich zur Überzeugung gelangt, dass es sehr oft der gute Zuspruch anderer – in meinem Fall damals jener der Kirchengemeinde und des Kirchenchorleiters – ist, der uns erst dorthin gelangen lässt, wo wir Mut beweisen dürfen. Indem wir etwas tun, was wir uns zuvor nicht zugetraut haben. Indem wir ein kleines Stück über uns hinauswachsen und einen wichtigen Beitrag zu einem größeren Ganzen, zu einem Gottesdienst, leisten.