Dienstag 14. Mai 2024

Gedanken für den Tag

25. und 26. April 2020

Gedanken zum 3. Sonntag der Osterzeit von Abt Reinhold Dessl

Vom Charme des Anfangs
Gedanken zum Evangelium von den Emmausjüngern (Lukas 24, 13-35)
Von Abt Reinhold Dessl, Stift Wilhering
Dritter Sonntag der Osterzeit am 26. April 2020


Liebe Schwestern und Brüder,
ab 15. Mai wird es also wieder soweit sein: Es dürfen mit gewissen Einschrän-kungen wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert werden. Die genauen Hin-weise für die Pfarren, in welcher Form das sein wird, werden noch rechtzeitig kommen. Wir freuen uns wieder darauf, einen Schritt mehr in die „Normalität des kirchlichen Lebens“ zu kommen.
Aufgrund der zahlenmäßigen Beschränkungen ermutigt uns Bischof Manfred Scheuer, „die in den letzten Wochen geübte Vielfalt an gottesdienstlichen und gemeinschaftlichen Ausdrucksformen des Glaubens beizubehalten. Kirche ist auch in diesen Formen lebendig und erfahrbar: in der Feier der Hauskirche in den Familien, durch die Präsenz in den sozialen Medien, durch Zeichen der Aufmerk-samkeit für ältere Menschen, die allein in ihren Wohnungen sind. Es wird wei-terhin Gottesdienstübertragungen in Rundfunk und Fernsehen geben. Der Not-stand hat eine beeindruckende, großzügige Solidarität ausgelöst. Ein hohes Maß an caritativer Solidarität wird weiterhin notwendig sein. Ich bitte weiterhin um die Verbundenheit im Gebet.“


Vom Charme des Anfangs
Ich habe vor kurzem die Betrachtung eines deutschen Jesuitenpaters über das für diesen dritten Sonntag der Osterzeit vorgesehene Evangelium von den Em-mausjüngern gelesen. Er zitiert dabei eine evangelische Bischöfin, die einmal vom „Charme eines Anfangs“ gepredigt hat, „bei Paaren, Institutionen und auch beim Neubeginn Deutschlands nach der Zeit der Diktatur“. Es tut immer gut, sich zu fragen: „Wie hat es eigentlich angefangen?“ Aus dem Blick auf den Anfang kommt neue Kraft für die Gegenwart und die Zukunft.
Auch die Emmausgeschichte führt uns in die Anfänge der Kirche nach dem Schre-cken des Karfreitags und der anfänglichen Ratlosigkeit und Angst am ersten Os-tersonntag zurück. Der Auferstandene geht mit den Jüngern, er offenbart sich
ihnen durch die Auslegung der Heiligen Schrift und durch das Brechen des Bro-tes, sodass die beiden voll Freude aufbrechen und zu den anderen Jüngern zu-rückkehren, von denen sie sich offensichtlich getrennt hatten.
Wir haben uns das Aufhören der Gottesdienste in den Kirchen nicht ausgesucht und wissen noch nicht so recht, wie das kirchliche Leben wieder „in Schwung kommen“ kann. Es hat ja seit Beginn der Kirche wohl keine Zeit gegeben, wo weltweit die Gottesdienste in den Kirchen solange ausgesetzt werden mussten. Gerade da tut es gut, sich von dieser Anfangssituation der Kirche und der Ge-schichte von den Emmausjüngern inspirieren und ermutigen zu lassen.


Der Fremde, der mitgeht
Begonnen hat alles damit, dass ein Fremder sich den beiden Jüngern angeschlos-sen hat, mitgegangen ist und einfühlsame Fragen gestellt hat. Übrigens, von die-sen beiden Jüngern wird nur einer mit Namen genannt: Kleopas. Von dem zwei-ten erfahren wir den Namen nicht. Der Jesuitenpater in seiner Betrachtung über die Emmausjünger mutmaßt, dass es sich bei dem zweiten auch um eine zweite gehandelt haben könnte. Es könnte sich unter Umständen auch um Maria, die Frau des Klopas (könnte derselbe sein wie Kleopas) handeln, die mit den anderen Marias unter dem Kreuz gestanden ist. Es ist reine Spekulation, würde aber Sinn ergeben, dass es sich um ein Paar aus dem Umkreis Jesu handelt, da Jesus ja Frauen und Männer in seine Nachfolge gerufen hat und den Frauen als Ersten die Botschaft von seiner Auferstehung übermittelt hat.
Ein Fremder schließt sich also den beiden an. Er erkundigt sich nach dem Inhalt ihres Gesprächs, er stellt einfühlsame Fragen und er legt ihnen ganz neu die Hei-lige Schrift aus. Im Nachhinein werden sie feststellen, dass ihnen bei dieser Bi-belauslegung die Herzen zu brennen angefangen haben. Was sie bisher vielleicht nur mit dem Verstand zu ergründen suchten, das beginnen sie nun mit dem Her-zen zu begreifen. Weil sie in die Gegenwart Gottes kommen durch diesen Jesus, „fliegen“ ihnen auch neue Antworten auf Fragen zu. Eine Erfahrung, die manche zum Beispiel auch durch Exerzitien im Alltag machen.
Kirche beginnt und ist auch in Corona-Zeiten weitergegangen durch Fragen stel-len („Wie geht es dir?“) und durch das Aufeinander- und auch Auf-sich-Schauen. Vielleicht sind uns in diesen Tagen sogar neue Dinge aufgegangen oder Worte
der Heiligen Schrift neu zu Herzen gegangen. Viele haben sich bemüht, anspre-chende Texte für andere zu gestalten, anderen konkret durch Hilfeleistungen auch beizustehen.


Brot brechen und aufbrechen
Erst als Jesus das Brot mit ihnen brach und aus dem Eingeladenen der Gastgeber wurde, gehen ihnen die Augen vollends auf und sie erkennen Jesus. Nun, da sie ihn im Herzen spüren, brauchen sie seine sichtbare Gegenwart nicht mehr und brechen noch in derselben Stunde auf, um wieder in die Gemeinschaft der Jün-ger und Jüngerinnen zurückzukehren.
Bei uns wird es nicht so schnell gehen und nicht alle werden das gleiche Bedürf-nis haben, möglichst schnell wieder in der sichtbaren Gemeinschaft der Kirche zu sein. Und doch sollten wir uns etwas von dieser inneren Dynamik der Em-mausjünger zu eigen machen: Von Jesus nicht nur die Wegbegleitung und Schrif-terklärung annehmen, sondern ihn auch einladen, in unsere Häuser zu kommen, die sich bei manchen in diesen Tagen zu Kirchen verwandelt haben. Jesus einla-den und ihn inständig bitten, bei uns zu bleiben. Den Segen über das Brot des Alltags von ihm sprechen lassen und ihn in seinem Namen selber sprechen. Und dann den Mut und die Kraft bekommen, zurückzukehren in die Gemeinschaft, die man mehr oder weniger lang nicht getroffen hat. Das könnte bedeuten, sich den „Charme des Anfangs“ zu eigen zu machen. Amen

Pfarre Zwettl an der Rodl
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