22. Sonntag im Jahreskreis, 30. August 2020
Schriftstellen: Röm 12,1-2 Mt 16,21-27
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Wenn wir auf das Evangelium des letzten Sonntags zurückschauen und es mit dem heutigen verbinden, begegnen uns zwei Extreme. Letzten Sonntag bekommt Petrus noch die Schlüssel für das Himmelreich, ist der Fels auf den der Herr die Kirche baut, und heute sagt Jesus ganz barsch zu ihm: „Tritt hinter mich du Satan.“ Satan ist keine Kleinigkeit. Wenn man das Wort Satan übersetzt heißt es Durcheinanderwerfer, Durcheinanderbringer. Petrus hat etwas durcheinandergebracht in seiner Beziehung zu Jesus. Einen Messias der Leiden muss, kann er sich nicht vorstellen, das hat auch ihn durcheinandergebracht. Von diesem Durcheinanderbringen und Durcheinandersein ausgehend möchte ich heute nachdenken.
Erstens: Was ist nicht oft alles im eigenen Leben durcheinander, in mir selber, in der Beziehung zu den Mitmenschen, in der Beziehung zur Schöpfung, auch in der Beziehung zu Gott? Es ist oft etwas durcheinander, und das spüren wir auch immer wieder. Wir spüren: „Da stimmt etwas nicht, da ist etwas nicht ganz im Lot.“ Dennoch, so denke ich, die Sehnsucht nach Einheit und Verbundenheit ist tatsächlich groß. Ich glaube, dass kein Mensch wirklich im Durcheinander leben will, auch wenn hier oft die Gefahr der Gewöhnung greift. Neuere Weltbilder wie etwa in der Quantenphysik sagen uns, dass die materiellen Trennungen und Abgrenzungen in der Welt eine oberflächliche Sichtweise der Wirklichkeit sind. In Wahrheit ist die ganze Welt viel tiefer miteinander verbunden, als uns bewusst ist. So sehr sich Menschen nach Einheit und Verbundenheit sehnen, so sehr leiden wir unter dem Durcheinander, dem Satanischen, den Trennungen, Missverständnissen, Unfrieden und Sünden. Wesentlich ist einfach einmal anzuerkennen, dass es in jedem Leben Durcheinander, im Blick auf Petrus gesagt, Satanisches gibt.
Zweitens: Das beste bzw. auch einzige Mittel das wir haben etwas mehr Ordnung in die Durcheinander hineinzubringen, ist das menschliche Wort. Der heilige Bernhard von Clairvaux hat eine Predigt mit dem Titel „Das Elend des Menschen“. Darin schreibt er: „Wie groß ist unser Elend, und wie vielfältig sind unsere Bedürfnisse! Sogar Worte brauchen wir. Es ist zwar nicht verwunderlich, dass wir sie untereinander brauchen, wie die Tatsache, dass wir sie sogar brauchen, um zu uns selbst zu sprechen, aber beides ist ein Jammer… Ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund liegt zwischen uns, wenn nicht die Worte gleichsam als Werkzeug zu Hilfe kommen und untereinander ein Austausch zwischen den Herzen durch die Mitteilung der Gedanken stattfindet. Aus diesem Bedürfnis heraus wurden die Worte erfunden, wer wüsste es nicht?“ Hier sagt Bernhard nichts anders, als dass Worte Durcheinander verringern können. Worte können Brücken schaffen zwischen den Menschen. Sie können natürlich auch Abgründe vergrößern und trennen. Worte können auch Brücken schaffen zu uns selber. Es können gute Worte, aber auch klarstellende sein, die Miteinander neu ermöglichen. Es gibt viele Worte, die Beziehung stiften, und sie nicht zerstören. Dann spricht der hl. Bernhard spricht davon, dass es auch es so etwas wie einen inneren Dialog mit sich selber braucht. Ich muss mir selber manche Worte sagen, ich muss mit mir im Gespräch bleiben im Bewusstsein, das ich unter den Augen Gottes lebe. Bernhard zitiert in der besagten Predigt Psalmverse, in denen der Beter immer wieder auch in ein Gespräch mit seinem Herz eintritt. „Meine Seele, warum bist du so betrübt und unruhig in mir“, heißt es im Psalm 41. Worte zur Welt, zum Menschen, zu Gott, zu mir selber helfen uns im „satanischen“ Durcheinander von Welt und Leben. Nehmen wir uns die Frage mit, welche Worte ich in meinem Durcheinander brauche. Nicht „das Genie beherrscht das Chaos,“ sondern meine Worte sollen das Leben ordnen, soll der Grundsatz sein, der mich leitet.
Drittens: Ein bisschen Durcheinander wird immer in unserem Leben da sein, da können wir uns noch so bemühen. Es menschelt eben. Es bleiben immer Zwischenräume im Leben. Den letzten Zwischenraum unseres Durcheianders können aber nicht wir füllen, sondern den muss Christus mit seiner Liebe überbedecken. Das ist die große Hoffnung. Christus wird als allen Zwischenraum unseres Durcheinanders so sehr mit Liebe überdecken, das in Ewigkeit Ordnung herrscht. Diese letzte Einheit ist keine Einheit, die man sich erarbeiten kann, sondern es ist eine Einheit, die man sich schenken lassen muss. Gott füllt den Zwischenraum zwischen uns Menschen und auch zwischen uns selbst mit seiner Liebe auf. Es ist ein bisschen, wie wenn man in einen Kübel mit verschiedenförmigen Steinen Wasser hineingießt, sodass es sich in alle Zwischenräume ergießt und die Steine gleichsam miteinander in Verbindung bringt.
Liebe Brüder und Schwestern!
Petrus als Satan bezeichnet, sicher hart, aber doch auch richtig. Petrus hat etwas durcheinandergebracht, auch wir neigen zum Durcheinander- bringen. Zuerst muss ich zugeben, dass es ein Durcheinander in meinem Leben gibt, dann habe ich die Möglichkeit Worte in der richtigen Weise zu verwenden, um das Durcheinander möglichst gering zu halten, und dann darf ich mir noch sagen, dass es der Herr ist, der meinem Leben in Ewigkeit eine volle und endgültige Ordnung gibt. Amen.
Pfarrer Maximilian Pühringer O.Praem.