30. Sonntag im Jahreskreis
![Sonnenuntergang / © pexels-nati-17741521/pexels.com/Pexels License Sonnenuntergang](/img/1a/db/e44c99621c085cd7d7e9/Sonnenuntergang-pexels-nati-17741521__.jpg)
Beim Helfen spannt Jesus die Menschen ein: damit sie sehend werden, damit sie die Zusammenhänge, die Hintergründe sehen und erkennen können, spannt er ihre Herzen ein, lehrt er sie mit neuen Augen sehen. Noch etwas fällt auf: die Frage Jesu: Was willst Du? Der Betroffene wird ganz ernst genommen: er soll sagen, was ihm fehlt, worunter erleidet, er darf und muss sich zu seinem Elend stellen und es aussprechen. Und: Er soll auch sagen, was er WILL. Ein kleines Zauberwort: das kleine Wort: ich WILL: von dem es im Gedicht heißt: “Ich will – das Wort ist mächtig, spricht`s einer ernst und still. Die Sterne reißt vom Himmel das kleine Wort: ich WILL.” Ich will die Zusammenhänge sehen, ich will aus meiner Einsamkeit herauskommen, ich will dir begegnen, ich will als ganzer Mensch beachtet werden, ich will….. Dieses Nicht – sitzen – bleiben – wollen, dieses Mit – ihm – gehen – wollen, dieses Sehen – wollen: es ist nichts anderes als das Glauben wollen. Wie viele können sehen – und doch nicht glauben?
Wie viele versuchen zu glauben trotz der Dunkelheit, die sie umgibt? Wie viele versuchen weiterzugehen in der Wüste, in der Einöde – weil da jemand mitgeht, der die Hand auf die Schulter legt, der ein tröstendes, nicht eine vertröstendes, ehrliches Wort spricht und lebt: ich bin mit dir. Die heilende Hand Jesu – es ist die Hand der Nachbarin, die der trauernden Witwe auf die Füße hilft; die heilende Hand Jesu – es ist der Besuch bei einem schon fast vergessenen Menschen, der ganz allein lebt, ein Mensch, der vielleicht ein wenig eigenartig lebt, nicht angepasst den Vorstellungen der Allgemeinheit. Die heilende Hand Jesu – es ist das Gespräch, das so manches Dunkle mit neuen Augen sehen lässt, in einem Gespräch mit fachkundiger Beratung, mit einem Menschen, der gut zuhören kann, und nicht so sehr mit schnellen Ratschlägen da ist.
Es kann ein schmerzlicher Prozess sein, wenn ich auf den berühmten blinden Fleck aufmerksam werde, wenn ich sehend werde, wer ich bin und was ich wirklich will. Es braucht viel Vertrauen, sich von anderen die Augen öffnen zu lassen. Und doch ist das Ziel dieses Prozesses heilsam: es tut dem Menschen gut, mit dem Herzen sehen zu lernen – nur so kann Heilung im umfassenden Sinn geschehen. Wie wahr diese Gedanken und die Haltung sind, die ich von Jesus kennenlernen konnte, kommt in dem geflügelten Wort im Märchen “Der Kleinen Prinz” zum Ausdruck: “Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.”