Samstag 14. Dezember 2024

1. Erste Eindrücke:  Vorbemerkungen und Statements Ehemaliger 

 

Weltweit gibt es vielerorts kraftvolle, junge religiöse Aufbrüche – warum nicht auch im oft glaubensmüden, „alten“ Europa? Dass es gelingen kann, zeigt ein Projekt, das in einer oberösterreichischen Pfarre entwickelt wurde. Es animierte Jugendliche zur Bildung einer religiösen „Jugendgruppe“ zum tieferen Eintauchen in den katholischen Glauben,  gestaltet als mehrjähriger Weg. Das Modell der „Stephanusrunde“ stellt hier seine Entstehung und Entwicklung vor und lädt zugleich ein, der erstaunlichen Geschichte spannende Fortsetzungen zu geben.

 

Was zu dieser Weitergabe von Erfahrungsschätzen bewegt, sind einerseits die nachhaltig positiven Erfahrungen der heute bereits erwachsenen Teilnehmer, andererseits aber auch der Appell von Papst Franziskus: „Jugendliche, seid keine Anhängsel der Geschichte – spielt vorne mit!“

 

Bewegtes Matchen im (alten) Pfarrsaal   Collage mit Karrikaturen über das Verhältnis von Jugend und Kirche  4 Minuten unglaubliche Stille in kraftvoller Erinnerung

 

Ehemalige Teilnehmer erinnern sich:

 

Matthias, Chirurg:

 

Die Stephanusrunde war für mich der erste bewusste Kontakt zur Meditation.

Hier wurde der schwierige Spagat geschafft, Kinder und später Jugendliche neben Sport und Spaß für christliche und religiöse Inhalte zu begeistern.

Ich erlebte die spannende Entwicklung einer „normalen“ Jugendgruppe zu einer interessanten Meditationsgemeinschaft.

 

Interessanterweise wurde von uns Jugendlichen die Stephanusrunde als eine ganz normale, etablierte Freizeiteinrichtung angenommen. Dabei war die Runde eine damals neue, in ihrer Ausrichtung immer in Bewegung bleibende Möglichkeit, Kinder und Jugendliche für Spiritualität und Religion zu begeistern. Diese Form der Jugendgruppe konnte nur durch das Engagement der Beteiligten funktionieren.

 

Für mich war ein erstaunlich großer Teil an Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit zu spüren.

Es waren auch meine ersten Kontakte zur Welt der Ostkirche.

 

Johannes, Redakteur:  

 

Rückblickend sehe ich die Stephanus-Zeit als ein großes Geschenk für mein Leben. Vieles von dem, was mir heute wichtig ist, wurde in den sechs Jahren grundgelegt oder gefestigt.

 

Zuallererst ist da die Gewohnheit, mir täglich Zeit für Stille und Andacht zu reservieren. Die wöchentlichen Treffen mit dem gemeinsamen Gebet als Fixpunkt waren die Einübung darin und ermutigten uns dazu, auch zuhause eine Kerze anzuzünden, ein Kreuz oder Bild aufzustellen, um Gott zu loben, zu fragen, zu bitten und zu danken. Was schon damals die Hochs und Tiefs der Teenager-Jahre begleitete, tut es auch heute, und sogar die Melodien von einst sind noch präsent und lebendig.

 

Das „Begleitprogramm“ ergänzend zur Meditation hab ich als sehr ganzheitlich in Erinnerung; es enthielt u.a. kreative und handwerkliche Ausdrucksformen, Abenteuer, Naturerlebnisse sowie auch Spiel und Spaß. Wir beschäftigten uns mit Inhalten des Glaubens, mit anderen Kulturen und dem Christsein in Kontexten wie etwa im Tur Abdin, das durch den Krieg in Syrien und im Irak plötzlich wieder tragisch aktuell wurde. Damals versuchten wir mit unseren Mitteln zu helfen – mit dem Verkauf selbstgemachter Weihrauchstäbchen.

 

Im Umfeld der Stephanusrunde entwickelten sich Freundschaften, die lange bestanden. Die Gruppe war auch Ausgangs- und Rückkehrpunkt für freiwilliges Engagement - in der Pfarre, in der Kinder- und Jugendarbeit und für diverse Sozialeinsätze. Und so exotisch sie manchen auch anmutete: Sie ermutigte uns dazu, einen eigenen Blick auf die Gegenwart zu entwickeln und eigene Wege zu gehen.

 

Georg, Fachsozialbetreuer Altenarbeit:

 

Ein von mir bisher unausgesprochenes „Dankeschön" an Alfred, Clemens und Andreas sowie alle anderen, die durch ihr Engagement, durch ihr Einbringen ihrer Kraft und Zeit diese Gemeinschaft gegründet und mit Ausdauer aufrecht erhalten haben. Bestimmt war es nicht immer leicht, uns Teenager auszuhalten: so manche Konzentrationsschwäche, Phasen, in denen unser jugendlicher Übermut durchbrach, oder auch überschwenglicher Spieltrieb, der in den einen oder anderen Schabernack mündete.

 

Die unterschiedlichen Aktivitäten hatten viele positive Auswirkungen auf unseren damaligen Alltag und auf unser anschließendes Leben. Ich erinnere mich, dass mir das Choralsingen, die Ernsthaftigkeit der Meditation und die gewonnen Freundschaften viel bedeutet haben. Es war mein erster Kontakt mit dem orthodoxen Glauben, mit seinem meditativen Singen von Bibeltexten und Gebeten. Selbst heute noch sind manche Passagen in mir lebendig.

 

Aus den damals geschlossenen Freundschaften ist Folgendes entstanden: Mit einem Freund war ich einige Jahre nach der Zeit in der Stephanusrunde für ein halbes Jahr gemein­sam in Brasilien, um in Hilfsprojekten tätig zu sein. Zu ihm habe ich immer noch Kontakt. Ein anderer war lange Zeit bester Freund. Die damals geknüpften Kontakte verbinden uns auch weiterhin, somit kann man wohl mit Recht behaupten, dass das „Experiment" dieser Gemeinschaft erfolgreich war.

 

Die religiösen und spirituellen Aspekte der Stephanusrunde waren sehr interessant und wichtig für mich. Auch heute spielt Glaube und den Glauben zu leben eine wichtige Rolle in meinem Leben. Meine eigenen Erfahrungen haben mich begeistert und angespornt, später auch selber für einige Jahre in der Jugendarbeit tätig zu sein, jungen Menschen etwas auf ihrem Lebensweg mitzugeben und sie während ihrer Entwicklungsphase zur eigenen Persönlichkeit zu begleiten.

 

Vielfaches Reisen hat meine Toleranz und Akzeptanz gegenüber der Vielfalt an Lebenskulturen in der Welt weiter vergrößert. Auf diesem Hintergrund kann ich viele Weisheiten und Wahrheiten der Bibel neu entdecken.

Die Stephanusrunde hat für mich mit Gewissheit einen positiven Einfluss auf mein Leben ausgeübt, dafür bin ich dankbar.

 

Stephanusrunde
https://www.dioezese-linz.at/
Darstellung: