
Wie können wir die Zukunft positiv mitgestalten?
Diese Frage stand am Samstag in Puchberg im Zentrum. Um Antworten darauf zu finden, ging der Blick zunächst in die Vergangenheit: Stefan Wally, Leiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen, nahm die rund 150 Teilnehmenden mit auf eine spannende Reise durch Zukunftsbilder vergangener Zeiten und deren Auswirkungen auf die Gegenwart.
Höher, schneller, weiter...
Zukunftsbilder sind oft geprägt von einem „Höher, schneller, weiter" – einer bloßen Vervielfachung des Bestehenden. Die Reise führte uns aber auch zu Modellen, die diese Fortschrittslogik infrage stellen, etwa zu dem Werk "Die Grenzen des Wachstums" von Dennis L. Meadows, Donella Meadows und Jørgen Randers (1972). Hier wird der Glaube an endlosen Fortschritt auf einem endlichen Planeten kritisch hinterfragt.
Die Erde, ein Raumschiff?
Schon 1966 stellte Kenneth Boulding mit seinem Modell „Raumschiff Erde“ die Frage: "Wie würden wir mit unseren Ressourcen umgehen, wenn die Erde tatsächlich ein Raumschiff wäre? Würden wir wirklich versuchen, täglich mehr zu verbrauchen?"
„Und genau solche Menschen braucht es: Menschen, die über den Tellerrand hinausdenken und den Haken im System finden“, so Wally.
Zukunftswerkstatt: Beteiligung statt Belehrung
1968 versammelten sich Zukunftsforscher:innen bei einer wichtigen Konferenz in Frankfurt. Einer von ihnen zeigte besonderen Mut: Er nahm seine Studierenden aus Berlin mit und ließ unterschiedliche Perspektiven aufeinanderprallen – ein Vorgehen, das damals für großen Wirbel sorgte und einen Skandal auslöste. Dieser Professor war Robert Jungk.
Als Folge der damaligen Erfahrungen und Ereignisse entwickelte Jungk gemeinsam mit Norbert Müller ein Verfahren, das die Wünsche, Ideen und Sichtweisen möglichst vieler Menschen berücksichtigt: die Zukunftswerkstatt. In den Zukunftswerkstätten wird unter folgendem Aspekt gearbeitet: Wenn wir über die Zukunft sprechen, brauchen wir zu gleichen Teilen Fantasie, Kritik und eine vernünftige Formulierung der Ideen.
Aktuelle Herausforderung: Zwischen Wettbewerb und Gestaltungskraft
Heute scheint uns das reine Streben nach Wettbewerbsfähigkeit wieder einzuholen – und die Kreativität unserer Bilder der Zukunft zu hemmen. Am Ende der Reise steht daher die Frage: Wie können wir als Erwachsenenbildner:innen gegensteuern und die Zukunft positiv mitgestalten?
Inspiration aus der Praxis:
Drei Projekte, die Mut machen
Antworten und Inspiration lieferten unter anderem die Gäste am Podium, die mit ihren Projekten zeigten, was möglich ist, wenn viele zusammenhelfen:
v.l.: Klaus Dopler (geistl. Assistent KBW), Juliane Kreiner (VegLab-Gemüselabor Freistadt), Andrea Pirngruber (KBW), Xaver Diermayr (Die Giesserei Ried), Petra Köppl (KBW), Gaby Filzmoser (ARGE Bildungshäuser), Stefan Wally (Robert-Jungk Bibliothek). Michaela Wagner (Leiterin KBW-Treffpunkt Bildung), Christian Pichler (Leiter Kath. Bildungswerk), Silvia Nagl (KBW) Foto: Christina Bruckmayr-Oegerer
• VegLab-Gemüselabor Freistadt
Das VegLab-Gemüselabor ist ein Projekt von Mitgliedern des Otelo Freistadt. Im Zentrum steht ein kuppelartiges, selbstgebautes Gewächshaus – der „Geodom“. Mitmachen darf hier jede:r, und viele tun es. „Die Atmosphäre im Geodom ist unglaublich – es ist ein Ort zum Wachsen und Wohlfühlen. Es gibt keine Besitzansprüche und keine Perfektion. Es gibt ausgewachsenen Salat und wucherndes Unkraut“, so Juliane Kreiner von der Projektleitung.
Das Projekt soll zum Ausprobieren und Nachahmen anregen und einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln und Natur fördern.
• „Die Giesserei“ in Ried
„Es funktioniert, weil wir so ein bunter Haufen sind“, sagt Obmann und Biobauer Xaver Diermayr. Die Gemeinschaft hat ein altes, denkmalgeschütztes Haus gekauft und renoviert. Dort gibt es viele Angebote, die einen nachhaltigen Lebensstil fördern – von einem Gastronomiebetrieb über ein Reparaturcafé bis hin zu einem Weltladen.
„Den Mut für das Projekt konnten wir nur aufbringen, weil wir so vielfältig sind. Jede:r ist auf einem anderen Gebiet kompetent – ob Finanzen, Architektur oder Tischlerarbeit.“
Entscheidend sei auch, Menschen im Team zu haben, die die Ehrenamtlichen begleiten – damit jede:r den richtigen Platz findet.
• ARGE Bildungshäuser
Gaby Filzmoser ist Geschäftsführerin der ARGE Bildungshäuser und leitet ehrenamtlich den KBW-Treffpunkt Bildung in Schleißheim. Die zunehmende Individualisierung und Flexibilisierung der Teilnehmenden sei eine Herausforderung für Bildungsanbieter.
„Wir müssen uns umstellen, genau hinhören und auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen. Es geht darum, aktuelle Themen aufzugreifen und kurzfristig zu planen. Und Vertrauen zu haben, dass die Menschen kommen werden.“
Vor allem sieht sie den Auftrag der Katholischen Erwachsenenbildung darin, eine Gegenbewegung zu sein:
„Ja, wir sind in der Lage, als Bildungsanbieter positive Zukunftsbilder zu gestalten. Wir können ein Gegenstrom zu negativen Zukunftsbildern sein. Dafür möchte ich euch motivieren!“
Abkehr vom Perfektionsanspruch
Als eine der wichtigsten Botschaften aus den Praxisbeispielen kristallisierte sich die Abkehr vom Perfektionsanspruch heraus:
„Wir alle sollten mit einem spielerischen Zugang versuchen das Gute zu tun – und dabei nicht versuchen, perfekt zu sein“
(Stefan Wally)
Bildung erleben: Das "Bildungsspektakel im Schloss"
Am Nachmittag lud das Bildungsspektakel mit 15 Mini-Workshops (u. a. mit youngCaritas, Klima-Puzzle Österreich, Bildungskino) zur aktiven Auseinandersetzung mit zukunftsrelevanten Themen ein – ein moderner Zugang zur Erwachsenenbildung mit Eventcharakter.
Gottesdienst: Spiritueller Abschluss und Abschied
Den Abschluss bildete ein gemeinsamer Gottesdienst – der letzte mit Klaus Dopler als Geistlichem Assistenten des Katholischen Bildungswerks OÖ. Nach über 30 Jahren übergibt Dopler seine Funktion und blickt mit Dankbarkeit zurück:
„Natürlich ist es schwer, loszulassen. Das Bildungswerk ist für mich ein Stück weit Heimat geworden. Aber jetzt ist es and der Zeit, Platz für Jüngere zu machen.“
Katholische Erwachsenenbildung bleibt am Puls der Zeit
Michaela Wagner, Leiterin des hauptamtlichen KBW-Teams, zog ein klares Resümee: „Wir wollen die Zukunftsdynamik aktiv mitgestalten – jenseits von technischer Machbarkeit und ökonomischer Verwertbarkeit. Es braucht Bildung, die Mut macht und verbindet.“
Ehrengäste
Christian Pichler, Leiter Katholisches Bildungswerk OÖ
Sr. Maria Maul, Bereichsleiterin für Bildung und Kultur in der Diözese Linz
Josef Schwabeneder, Bis Ende März 2025 Fachbereichsleiter für Erwachsenenbildung in der Diözesee Linz
Johannes Reitinger, Rektor der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz
Vertiefung
Den Vortrag von Stefan Wally und die Podiumsdiskussion können Teilnehmer:innen und Mitarbeiter:innen im Intranet nachhören:
Unter Downloads/Jahrestagung 2025
https://kbwinfo.dioezese-linz.at/
Text und Fotos:
Silke Kreilmayr (Referentin für Öffentlichkeitsarbeit Katholisches Bildungswerk OÖ)
Christina Bruckmayr-Oegerer (Fotografin)