Wo ist Papa?
Sie sind meilenweit entfernt von dem, was man sich im Grunde genommen von einem Vater wünschen würde: dass er sorgend, stärkend, verlässlich, Mut machend ist.
Andererseits behaupten Magazine, dass sich die Väter von heute ihrer Rolle bewusst sind, dass sie sich Zeit nehmen für ihre Kinder, dass sie Elternzeit einfordern. Aber auch von Selbstzweifeln, von Gefühlen der Hilflosigkeit in ihrer Rolle als Väter ist da die Rede. „Männer wollen durchaus ihrer Vaterrolle gerecht werden, aber sobald es um ihre Karriere geht, haben sie Hemmungen. Sie trauen sich nicht zu sagen, dass sie mal pünktlich gehen müssen, aus Angst vor beruflichen Nachteilen“, heißt es da. Jedenfalls scheint von der einstigen Rolle eines alten Patriarchen, der die Familie von oben dirigiert, nichts mehr übrig. Und das ist auch gut so. Die Wirklichkeit ist vielfältiger und bunter geworden. Das sorgt auch für Verunsicherung.
Entwicklungspsychologen weisen darauf hin, dass Väter ermutigen, während Mutter die Gefühlswelt der Kleinen regulieren, sie wissen zu beruhigen und zu trösten. Ratgeber überschlagen sich oft mit gutgemeinten Rezepten. Von alltäglichen Eigenschaften und Fertigkeiten ist da die Rede. Ein guter Vater soll seinen Kindern Fahrradfahren beibringen, er soll vorlesen und kochen, spielen und basteln, wandern und klettern. Einverstanden!
Von einer tiefen Krise der Vaterrolle spricht auch Papst Franziskus. Er bezeichnet die Abwesenheit der Väter er als eines der schlimmsten Probleme unserer Zeit. Als Maßstab kann das Gleichnis des barmherzigen Vaters dienen, schlägt der Papst vor. Ein guter Vater wisse zu warten und zu vergeben. Er solle fähig sein, entschieden zu korrigieren, ohne dabei zu entmutigen. Er solle präsent und aufmerksam sein, solle vergeben und belehren können, ohne die Kinder zu erniedrigen. Seine Aufgabe ist es, Werte zu vermitteln und das weiterzugeben, was im Leben wirklich zählt, nämlich ein weises Herz. Ja, ein Vater braucht nicht Superman zu sein. Er kann helfen, trösten, bestärken, loben, auch mal Grenzen setzen, vertrauen, heilen, beraten und loslassen. Er darf auch Schwächen und Fehler zeigen. Und vor allem eins: da sein. Nicht umsonst lautet der Name Gottes: „Ich bin da“.
Dr. Benno Elbs. Der Autor ist Diözesanbischof von Vorarlberg