Fernreisen: Ein neuer Blick auf die Welt
Peru: Begegnung mit Alpakas
So war ich in Äthiopien. Zunächst waren da Bilder von Dürre und großen Wüstenflächen im Kopf. Doch bei der Ankunft in Addis Abeba landete ich in einer Stadt mit Verkehrschaos am Morgen und am Abend; die Häuser in der Innenstadt haben unser Niveau. Am Land schaut es jedoch anders aus. Neben der Stromversorgung ist vor allem die Wassernot das zentrale Thema in vielen afrikanischen Staaten. Vor allem Frauen und oftmals Kinder, die mit Plastikkanistern, Plastikwannen und Kübeln aufgereiht am Straßenrand stehen oder gehen, prägen das Bild. Wenn ich selber im Hotel absteige, spüre ich ja wenig vom fehlenden Nass.
„Wovon leben die Menschen?“
Bei einer Trekkingtour durch die Berge kommt mir der Gedanke „Wovon und wie leben die Menschen hier?“ – abseits von Einkaufsmöglichkeiten und Absatzmärkten für ihre Produkte aus der Landwirtschaft. Häufig werden Felder bis in große Höhen bestellt. Handwerkliches Geschick ist ebenso gefragt wie auch der Umgang mit Tieren, so wie wir es aus Erzählungen unserer Väter (und wer das Glück eines Großvaters hatte, auch von denen) kennen.
Eine gewisse Art der Genügsamkeit stellt sich beim Europäer – wenn ich die Touristinnen und Touristen so pauschal bezeichnen mag – ein. Wasser wird ebenso gespart, wie langes Aufsein im Zelt oder in einer Hütte nicht infrage kommt, denn die Batterie der Taschenlampe ist kostbar. Die Heizung ersetzen eine zweite und eine dritte Schicht Kleidung, denn nicht selten fallen die Temperaturen schneller als einem lieb ist. So erlebte ich auf 3.600 Metern innerhalbe einer halben Stunde zwischen Sonne und Sonnenuntergang einen Temperatursturz von 20 Grad.
Die Tageslänge in Äquatornähe ist konstant und begrenzt. Morgens gegen 7 Uhr kommt die Sonne zum Vorschein und wärmt und abends gegen 18 Uhr ist Finsternis angesagt – gleichmäßig Tag für Tag. Somit weiß ein jeder Mensch, wie lange er Zeit hat, um seine Arbeit zu verrichten.
Begegnung mit dem Exotischen
Es gibt viele Gründe, in fremde Länder und Gegenden zu reisen. Für die Einen ist es das konstant schöne und warme Wetter, das den Urlaub zum Urlaub werden lässt, für den Anderen stehen mehr die Erkundigung exotischer Landschaft, Tierwelten und Begegnung mit der einheimischen Bevölkerung am Programm. Ich selbst bin gerne unter den Leuten, auch wenn die Kontaktaufnahme schwierig ist. Geführte Reisen haben zumindest den Vorteil, dass jemand als Ansprechpartner, als Übersetzerin oder Übersetzer für Worte und Traditionen vorhanden ist. Einblick bekomme ich in der kurzen Zeit grundsätzlich nur in einen sehr kleinen Ausschnitt des Alltags der einheimischen Bevölkerung. Immerhin: Wenn ich die Gelegenheit bekomme, in Dörfern zu wohnen und so die Lebens- und Arbeitsbedingungen ein wenig kennen zu lernen, ergibt das doch oft neue und korrigierende Bilder.
Tanzania: Luxus und Armut nur durch eine Straße getrennt
Technik überall
Die größte Verwunderung lösen oft die technischen Geräte aus, die sowohl am Land als auch in der Stadt im Süden und Osten vorhanden sind. Viele Bewohnerinnen und Bewohner in Uganda und Tansania besitzen mindestens zwei Mobiltelefone. Nicht weil sie so viel Geld haben, so meine Erfahrung, sondern gerade weil sie äußerst kostenbewusst agieren müssen: Bestimmte Telefonate werden mit dem einen Betreiber abgewickelt; dann wird der Akku gewechselt und in das andere Handy gesteckt, um mit dem anderen Geschäftspartner weiter zu verhandeln.
Viel Menschen sind geschäftstüchtig und erfinderisch. Ich nehme an, dass jede Chance genützt wird, um zu Geld zu kommen. Das beginnt am Flughafen, wo das Gepäck einem beinahe aus der Hand gerissen wird, um zum wartenden Auto getragen zu werden und endet beim Verlassen des Landes, wo wiederum für ein paar Meter bis zum Flughafen oder Busterminal dein Gepäck getragen wird. Aber in Ländern von mehr als 50 % Arbeitslosigkeit warten viele Menschen darauf, gebraucht zu werden.
Brasilien: ...... und es funktioniert doch!
Trinkgeld ist Einkommen
Sehr oft habe ich den Eindruck, dass das bei uns übliche Trinkgeld in den Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Osteuropas eher das Einkommen darstellt, als eine Draufgabe für ein gutes Service. Einige Personen werden wohl noch etwas davon an eine „übergeordnete Stelle“ oder Person abgeben müssen. Pyramidenartig verdienen mehrere Personen an meinen Ausgaben, so meine Dolmetscherin in Moldawien. Der Gemüsehändler hat einen Anteil an den Marktplatzbetreiber abzugeben, dieser wiederum gibt einen Teil an den Boss der örtlichen Abteilung für Kleingewerbe weiter und schließlich will dann auch der zuständige Polizeikommandant noch etwas haben, weil er ja „in seiner Stadt“ für Ruhe und Ordnung sorgt.
Lebensmittel sind aus unserem Blickwinkel generell günstig, aber das Verhältnis zum Einkommen ist entscheidend. Durchschnittsgehälter bzw. Pro-Kopf-Einkommen, wie wir sie aus der Literatur herauslesen, besagen da nicht viel. Denn wir alle wissen, dass Brasilien zu den reichen Schwellenländern gehört, aber dort etwa, wo die Projektgebiete der Katholischen Männerbewegung sind – im Nordosten – da scheint die Regierung auf die Menschen und deren Bedürfnisse zu vergessen.
Privilegiert in Österreich
Zu Hause: Saftiges Grün, 4 Jahreszeiten, gute Infrastruktur - was braucht Mann mehr?
Ich möchte niemals so krank werden, dass ich das örtliche Krankenhaus aufsuchen müsste, denke ich mir oftmals. Was ich bisweilen über die Gesundheitssituation erfahre und selbst sehe, wenn ich das eine oder andere Krankenhaus im Busch und auch in Städten besuche, macht mir klar, wie privilegiert wir sind. Ich genieße nach meinen Reisen die Sicherheiten in Österreich und weiß, was ich alles habe, ohne dass ich es auch sofort brauche. Ich bin gerne unterwegs, der ökologische Fußabdruck drückt (mich) jedoch manchmal.
Reinhard Kaspar
Der Autor ist Organisationsreferent der KMB-Linz