Die etwas andere Meisterschaft
Wir alle kennen den Spruch: Traue keiner dieser seltsam männlich riechenden Zahlenspielereien, die du nicht selbst veran- bzw. verunstaltet hast – daher sei es gleich gestanden: Alle Zahlen und Fakten der folgenden Zeilen sind weder ganz ernst noch sehr tragisch zu nehmen; es könnte ja sein, dass sie so gar nicht stimmen.
Das Prozent-Turnier
Angesichts der vorgeschriebenen Länge bzw. Kürze des Artikels beginnen wir gleich mit dem Viertelfinale – ich schätze, rund 95% aller dies lesenden Männer werden mit dem Begriff „Viertelfinale“ etwas anzufangen wissen. (In Klammer: alle, die es nicht können, haben den Begriff vielleicht schon zu oft in seiner umgedrehten Form, nämlich „Finalviertel“ oder in seiner harmloseren Variante „Fluchtachtel“ aktiv gebraucht, Klammer zu).
Viertelfinale, also acht Teams, die um den Einzug ins Semifinale antreten. Hier am Papier gewinnt aber nicht jenes Team, das mehr Tore schießt, sondern das die höhere Prozentquote aufweist.
Krimi gegen Gesundheit
Wir gehen in medias res – Spiel Nr. 1 lautet „Männer, die Krimis lesen“ gegen „Männer zwischen 40 und 80, die von sich behaupten, sie seien gesund“. Jetzt sind Sie, verehrter Leser gefragt: Und zwar bevor sie weiterlesen! Welcher Prozentsatz ist höher? Der der Krimileser oder der der Gesunden? Ich darf ihnen verraten, es ist eine relativ klare Sache, die „Krimileser“ scheiden mit 44% aller Männer aus, der Frauenanteil beträgt da nach Angaben des Buchhandels 55%, wodurch ein gewisser Teufelskreis beim weiblichen Geschlecht einsetzt, denn Krimis werden gelesen, um Ängste abzubauen. Diese vermehren sich jedoch durch die Lektüre und all die aufgezeigten Möglichkeiten, was einer nicht alles blühen könnte, führen wieder zu mehr Krimikonsum. Doch das ist eine andere Geschichte.
Landkarten gegen Lehrer
Wir kommen zu Spiel Nr. 2: Hier treten an: Das Team „Männer, die Landkarten zu Hilfe nehmen“ gegen das Team „Männer, die in der Volksschule unterrichten“. Eine harte Nuss zum Raten mit letztlich doch deutlichem Ausgang! Eine britische Studie ergab, dass männliche Autofahrer in England jährlich sechs Millionen Stunden Zeit verlieren, weil sie im Durchschnitt zwanzig Minuten benötigen, bevor sie einen Ortskundigen nach dem Weg fragen. Frauen tun dies schon nach zehn Minuten. Frauen nützen auch zu 84% Stadtpläne und Landkarten, Männer nur zu 64%. Und dies ist zu wenig, um das Match gegen die Volksschullehrer zu gewinnen.
Oder doch nicht? Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder sie haben sich sehr gewundert oder sie lesen nicht aufmerksam! Wieder eine männliche Domäne – drüber fliegen, schnell schnell. Und damit wenig mitbekommen! Natürlich scheiden die Volksschullehrer aus, ein richtiges Debakel erleiden sie mit 15 : 64. Und das ist höchst bedauerlich. Denn: Nicht nur die Väter fehlen vielen Buben als Identifikationsfigur, im Kindergarten und in der Volksschule gibt’s auch keine. Was bleibt den armen Bubis also übrig als ihre „Männlichkeit“ in Abgrenzung zu all den Frauen zu definieren, von denen sie erzogen werden. Was stellt so einen „richtigen Mann“ dar? Das Gegenteil von dem, was die Frauen verkörpern, nämlich Sensibilität, Einfühlung und soziale Empfindsamkeit. Richtige Männer werden hart und helfen sich selbst – das lernt Mann schon im Kindergarten.
Bügeln, reden, schlafen, weinen
Das 3. Viertelfinale: „Männer, die bügeln“ gegen „Männer, die mit einem Freund über sich selbst sprechen“. Die Bügler verlieren, denn sie bringen nur 13% auf den Rasen und das ist dann doch zu wenig, wenngleich man sagen muss, dass die Männerfreundschaften qualitativ gesehen durchaus zulegen könnten. Ein Dresdner Psychologe konstatierte: „Wenn meine Frau vom Tennistraining nach Hause kommt, weiß ich nachher alles aus den Familien ihrer Mitspielerinnen. Komme ich nach Hause, kann ich nur über Automarken Auskunft geben.“ Aber für die Bügler reicht es. Und wenn wir schon beim Haushalt sind: 21% aller Männer können überhaupt nicht kochen, nur schlappe 11% schaffen mehr als zwanzig Gerichte.
Das letzte Viertelfinale: „Männer, die an Schlafstörungen leiden“ gegen „Männer, bei denen, wenn sie einmal weinen, dieses in Schluchzen übergeht“. Bei Frauen wär’s ein Remis, zweimal 65%. Bei den Männern aber kommen wir ohne Nachspiel und Elferschießen durch und die Schluchzer haben einen Grund mehr zu weinen. Sie sind draußen und zwar mit läppischen 6%.
Semifinale
Schon nähern wir uns dem ersten Semifinale: Sieger aus Spiel 1 gegen Sieger aus Spiel 2: Die „Die ihrer Meinung nach Gesunden“ gegen die „Landkartenleser“. Tja, Landkarten rechtzeitig zu lesen oder auch Menschen gleich einmal nach dem Weg zu fragen, falls Mann noch kein weiteres technisches Spielzeug mit erotischer weiblicher Stimme an der Windschutzscheibe kleben hat, die einen zuverlässig durch den Verkehr führt, ist sicherlich der weiteren Gesundheit und dem Blutdruck zuträglich. Nichtsdestotrotz ist hier Endstation: Selbst 64% reichen nicht, was den Schreiber dieser Zeilen ehrlich gesagt ein wenig wundert genauso wie die nur 45%, die täglich ihre Unterhose wechseln oder die 28%, die angeblich an Telepathie glauben. Doch bevor wir in esoterische Gefilde abgleiten, zurück zum harten Männersport – das 2. Semifinale steht an: Die „Mitteilsamen“ bekommen es mit den „Schlafgestörten“ zu tun und: Sie verlieren! Ganz knapp, aber doch. 19% sind es, die mit zumindest einem ihrer Freunde über sich selbst sprechen. Ansonsten scheinen sich die meisten Männerfreundschaften ähnlich der Geschäftswelt zu strukturieren. Die Selbstenthüllung erscheint gefährlich, lieber mit dem Persönlichen hinter dem Berg halten als damit vielleicht den Karriereweg nach oben zu verbauen.
Finale
Nun gut, wir kommen zum Finale: Und wenn Sie aufmerksam gelesen haben, wissen Sie auch schon das Ergebnis. Das Team der „Schlafgestörten“ hat mit seinen 20% nicht im Traum eine Chance gegen jene Männer, die zwischen 40 und 80 behaupten, sich ganz gesund zu fühlen. Wobei die Betonung auf „fühlen“ liegt und mit den konstatierten, diagnostizierten Tatsachen wenig bis nichts zu tun hat. Satte 85% sind es nach einer Studie in sechs europäischen Ländern und in den USA, die von sich meinen, keinen Arzt und keine Vorsorgeuntersuchung und andere derlei übertriebene Dinge zu brauchen. 85%! Fast die höchste Quote, die in den mir vorliegenden Unterlagen zu finden ist. Nur eine Zahl ist noch höher: 88% waren schon einmal bei einer Prostituierten. Und die Nichtbügler nicht zu vergessen, denn wenn’s 13% tun, tun’s 87% nicht.
Nachspiel
Das alles ist nicht sehr schmeichelhaft für uns Männer, doch gebe ich die Hoffnung nicht auf, zum Schluss und außer Konkurrenz sozusagen doch noch was zu finden, was uns ein bisschen ruhiger schlafen lässt.
Oh, das vielleicht: 81% sehen am liebsten fern. Eine tolle Botschaft! Wer fernsieht, ist immerhin zu Hause, fährt nicht zur gleichen Zeit jemanden anderen und/oder sich selbst tot, schlägt sich nur die Zeit um die Ohren statt seine Frau (mit Ausnahmen), ist seinen Kindern nahe (zumindest körperlich) und gibt nicht das ganze sauer verdiente Geld für schicke, doch umso unnützere Sachen aus. Und noch ein Trost bleibt: Sie, mein verehrter Leser, sie sind sicher nicht einer dieser Durchschnittsmänner. Oder?
Rudi Weiss. Der Autor ist Dichter, Buchautor und Fotograf.
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