Männlichkeit und Gesundheit am Arbeitsplatz
Laut Statistiken der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) gab es in Österreich mehr als 100.000 Arbeitsunfälle. 2016 verloren 60 Menschen in Österreich bei der Ausübung ihres Berufs das Leben. Betroffen waren in den weitaus meisten Fällen Männer: Bei 2 der 60 tödlichen Fälle im Jahr handelte es sich um Frauen, in 58 Fällen kamen Männer ums Leben, denn für Männer ist das Unfallrisiko wesentlich höher als für Frauen. Laut den Statistiken der AUVA Verunfallten im gleichen Jahr 65.540 männliche Arbeitnehmer, dem standen 21.909 Arbeitsunfälle von Arbeitnehmerinnen gegenüber.
„Es liegt auf der Hand, dass die körperlichen und psychischen Belastungen, sehr oft in Zusammenhang mit Schwer- und Schichtarbeit, einen enormen Tribut verlangen. Es ist den meisten Männern klar, dass sie das nur eine bestimmte Zeit bewältigen
können und dies als lebenslange Berufsperspektive gesundheitlich höchst riskant ist. Vielen Männern fehlen durch die angespannte Situation am Arbeitsmarkt allerdings die Alternativen. Manche Männer versuchen die Belastungen durch Bezug auf Vorstellungen vermeintlicher männlicher „Unzerstörbarkeit“ zu verdrängen, was in äußerst gesundheitsschädlichem Lebensstil endet, mit z.B. hohem Zigarettenoder Alkoholkonsum. Viele Männer klagen auch über mangelnde Zeit für Partnerschaft oder Kinder, oft gehen Beziehungen in diesem Zusammenhang auch in die Brüche“, betont Romeo Bissuti, Psychologe und Leiter des Männergesundheitszentrums in Wien (MEN). Laut Bissuti würden viele Männer über die Zunahme von Arbeitsaufgaben gegenüber knapperen zeitlichen und personellen Ressourcen klagen: Das führe nicht nur zu erhöhter psychischer Belastung, etwa durch Zeitdruck, sondern könne sich auch in Konflikten im Team-Work niederschlagen. „Besonders wichtig ist dabei die Rolle der Führungskräfte, die einen enorm hohen Einfluss darauf haben, ob die Balance aus Belastungsabbau und Ressourcenaufbau gelingt“, so Bissuti.
Kann ein Arbeitsunfall tödlicher als tödlich sein?
Laut der AUVA sind Arbeitsunfälle bei jungen Männern zwischen 15 und 24 Jahren am häufigsten. Mit zunehmendem Alter sinkt zwar die Zahl, hingegen steigt der Schweregrad. Die meisten tödlich endenden Arbeitsunfälle geschehen bei Männern
zwischen 35 und 44 Jahren. Hier weisen die 15- bis 24-Jährigen den geringsten Wert auf. Das höhere Unfallrisiko von Männern ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sie in potenziell gefährlicheren Branchen als Frauen tätig sind. Fast jeder siebente Arbeitsunfall passiert im Baugewerbe, jeder zwanzigste in der Land- und Forstwirtschaft: manuell Arbeitende sind häufiger von Arbeitsunfällen betroffen als Angestellte oder Führungskräfte.
Burnout: typisch männlich
Burnout kann als der Zustand ausgeprägter bis völliger emotionaler und körperlicher Erschöpfung, sowie stark reduzierter Leistungsfähigkeit definiert werden. Männer zwischen 30 und 60 Jahren sind am häufigsten von einem chronischen Burnout betroffen. „Aus der Sicht unserer Beratungsstelle war und ist
Burnout bei Männern stets vorhanden gewesen, schon lange bevor das Thema eine verstärkte mediale Präsenz bekommen hat. Oft zeigt sich der Hintergrund des Burnouts erst im Laufe einer Beratung, etwa wenn ein Mann ursprünglich wegen einer Angststörung oder einer Suchtproblematik zu uns gekommen ist. Aus Studien ergibt sich darüber hinaus das Bild, dass das Tabu, über psychische Belastungen zu sprechen, insbesondere auch für Männer abgenommen hat. Gerade prominente Personen, z.B. aus dem Bereich des Sports, helfen hier mit, Hürden abzubauen,“ stellt Romeo Bissuti fest, der im Jahr 2002 das Männergesundheitszentrum in Wien mitgründete. Der beste Schutz für Männer Das Arbeitsinspektorat in Österreich führte 2018 insgesamt mehr als 50.000 Kontrollen durch. Bei 45% der Kontrollen gab es Beanstandungen: die meisten betrafen den Einsatz von Technik oder fehlende Schutzausrüstung am Arbeitsplatz. Männer können sich aber auch bei der Arbeit (Übermüdung, Burnout, Unfälle) selbst schützen: „Hier sind die Verhältnisse am Arbeitsplatz, also das Arbeitsklima, das Team, die Vorgesetzten etc. von ganz entscheidender Bedeutung. Wenn es gelingt, auf dieser Ebene einen eigenen Entscheidungsspielraum zu bekommen und zu gestalten, womit man ein Stück Kontrolle über die Belastungen hat, so ist das sehr hilfreich,“ so Romeo Bissuti. Auf der individuellen Ebene gelte es, Routinen der Achtsamkeit und Selbstaufmerksamkeit zu etablieren, und immer wieder inne zu halten, um die eigene Befindlichkeit abzuchecken. „Wenn man dann schon mal eine Liste mit diversen Frühwarnsymptomen im Hinterkopf hat, kann man rechtzeitig gegensteuern“, erklärt der Leiter des Männergesundheitszentrums in Wien (MEN).
Mag. Luis Cordero
Pressereferent der KMBÖ