Die Steigerung der Väterbeteiligung ist ein ganz wichtiges Ziel
Wo stehen sie jetzt? Welche Ihrer Ansichten zu den Vätern haben sich in ihrer Ministerzeit geändert?
Da hat sich meine Meinung gar nicht geändert. Die Väter müssen noch mehr Möglichkeiten für Erziehungszeit mit ihren Kindern haben, ebenso wie die Mütter. Das meine ich nicht unbedingt auf der gesetzlichen Ebene. Mein Mann hat sich zum Beispiel einmal in der Woche für die Kinder einen freien Tag genommen, um bewusst Zeit mit ihnen zu verbringen.
Wir brauchen mehr für die Väter, weil auch Männer Familie leben wollen. Das ist sowohl aus der Sicht des Vaters als auch aus der Sicht des Kindes wichtig, denn das Kind will beide Elternteile erleben und eine intensive, gute Beziehung aufbauen. Und letztendlich ist das auch für die Mutter eine ganz gute Entwicklung. Die Verantwortung, die oft bei der Mutter liegt, wird damit auf zwei Menschen verteilt. Daher es ein ganz wichtiges Ziel meiner politischen Arbeit, die Väterbeteiligung zu erhöhen.
Woran sollen sich junge Burschen/Väter orientieren?
Wir haben Studien, die belegen, dass es junge Väter ab Mitte 20 gibt, die sich sehr bewusst überlegen, Familienvater zu sein. Sie sagen: „Wenn ich mich dafür entscheide, dann möchte ich das auch erleben. Da möchte ich dann mit meinen Kindern auch eine wirklich emotionale und vertrauensvolle Basis aufbauen.“ Das ist schon ein Unterschied zu früher. Denn es heißt gleichzeitig, dass die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch ein Thema für Männer wird. So eine Vater-Kinder Beziehung braucht vor allem Zeit. Die Väter müssen mit ihren Kindern gemeinsam etwas erleben können, Probleme lösen und kommunizieren. Es ist unser politischer Auftrag, dies zu ermöglichen.
Seit kurzem gibt es die „Familienzeit“ – das neue Modell, bei dem wir auch schon sehr schöne Steigerungsraten haben: Nach nur zwei Monaten haben wir schon fast 400 Anträge. Wir haben dazu sehr viel positive Resonanz – auch von durchaus traditionelleren Familien. Das Kalkül ist, dass Väter dieses eine Monat nach der Geburt in Anspruch nehmen und eventuell dadurch auf den Geschmack kommen und sagen: „Ja gut, dann hänge ich hinten noch einmal 2 Monate dran.“ Wir sind stolz darauf, dass in Österreich erstmals Partnerschaft im Familienbild einen Stellenwert erhält und mit 1000,-- Euro auch motiviert wird. Damit werden zunehmend alle Themen, die bisher hauptsächlich die Mütter betroffen haben, auch für Väter wichtig,etwa der Ausbau und die Flexibilität der Kinderbetreuung oder die Familienfreundlichkeit der Unternehmen.
In welchen Bereichen ist es nicht möglich, diesen Papamonat zu nehmen?
Von der rechtlichen Grundlage war es jetzt auch immer möglich, dass Väter in Karenz gehen. Trotzdem haben es nur 18% gemacht. Es scheint noch immer informelle Normen bei Unternehmen zu geben. Rollenklischees und Stereotype sind schwierig zu ändern. Daher haben wir das Netzwerk “Unternehmen für Familien“ aufgebaut. Mittlerweile zählt es bereits rund 400 Mitglieder, für die es prestigeträchtig ist, dabei zu sein. Sie sind stolz, ein Teil dieser Initiative zu sein. Firmen so können nach außen zeigen, dass sie auf das Thema Familienfreundlichkeit setzen. Dadurch bekommen sie gute Mitarbeiter, haben eine geringere Fluktuation und weniger Krankenstände. Was auch für uns überraschend war: Im Vergleich zur Grundgesamtheit haben die familienfreundlichen Betriebe aus dem Netzwerk „Unternehmen für Familien“ laut KSV signifikant bessere Bonitätskennzahlen.
Zornige Scheidungs- und Trennungsväter – haben sie zu Kontakt zu ihnen?
Ja, aber da würde ich nicht nach dem Geschlecht unterscheiden, denn da gibt es sowohl bei Männern als auch bei Frauen tragische Fälle, wo die Trennung nicht funktioniert hat. Wo es nicht so abgewickelt worden ist, dass das Kind und die Partner unbeschadet herausgehen Das Gericht muss immer einen Weg finden, aber es gibt Einzelfälle, die durch das Gesetz nicht so gut abgedeckt sind. Es gibt motvierte Väter, die ihre Kinder aufgrund der richterlichen Entscheidung besuchen wollen, aber nicht können, etwa weil die Mutter und die Kinder woanders hingezogen sind. Frauen leiden eher still, wenn die Situation belastend ist. Die Männer hingegen werden „politisch aktiv“, sie gehen eher raus und sind aggressiver.
Was sehen sie als ihr Hauptziel bei Trennung und Scheidung?
Wichtig sind mir Beratungsgespräche im Zuge der einvernehmlichen Scheidung, notfalls auch auf richterliche Anordnung hin, sodass es zum Wohle des Kindes eine professionelle Begleitung in dieser schwierigen Situation gibt.
Gibt es Modelle in Richtung Prävention bei Trennung und Scheidung?
Es gibt österreichweit 440 Familienberatungsstellen, die unterschiedlichste Kurse und Workshops anbieten: Fortbildungsprogramme im Umgang mit dem Kind, im Umgang mit dem Partner oder bei der Konfliktbewältigung. Viele Informationen finden sich auch auf unserer Seite wwww.elternbildung.at, die sehr gut genutzt wird. Es ist auch die Eigenverantwortung der Eltern, sich zu erkundigen. Beziehungsfähigkeit kann man lernen und weiterentwickeln.
Welche Wünsche haben sie an die neuen, jungen Väter?
Ich wünsche mir, dass sie die wichtigste Zeit mit ihrem Kind verbringen und auch so organisieren, dass das möglich ist. Sie sollten diese Zeit aktiv gestalten und die Partnerschaftlichkeit wirklich ernst nehmen. Sie sollten eine bewusste Entscheidung für ihre Familie treffen und auch den Alltag gemeinsam gestalten. Partnerschaftlichkeit kann je nach unterschiedlicher Lebensphase immer neu definiert werden. Dahinter steht, die Lebensoptionen für beide Elternteile zu erweitern. Wenn sich jeder nur auf seine Interessen, auf seine Rolle und Aufgabe konzentriert ist, ist das das Modell der Fünfziger Jahre. Partnerschaftlichkeit ist das Ziel!
Das Interview mit Bundesministerin Dr. Sophie Karmasin
führten Reinhard Kaspar und Eberhard Siegl.