Wie ich in Afrika das Christkind fand
Der Landesjugendseelsorger und spätere Kurienbischof Dr. Alois Wagner suchte Missionshelfer. Ich war begeistert von der Idee den armen afrikanischen Menschen zu helfen. Rasch entschloss ich mich drei Jahre von zu Hause fort zu gehen. Der ÖED schickte mich zum Vorbereitungskurs nach Dingden ins deutsche Westfalen. Dann musste ich noch 7 Wochen nach England um Englisch zu lernen. Am 2. September 1964 ging es mit den Kollegen Karl Narzt, Josef Lindner, und den jungen Frauen Johanna Pichler und Hannelore Wendtner über Wien – Amsterdam – Rom nach Uganda und Mbeya; und dann mit dem Lastwagen die letzten 250 Km nach Matai in Tansania. - Von der ersten Gruppe Entwicklungshelfer wurden wir „Neuen“ herzlich empfangen und in die Projekte der Landwirtschaft, dem Hausbau, der Technik und der Krankenstation eingeführt.
Jetzt hieß es noch Kiswahili lernen. Alles war neu und fremd. Die Menschen, die Sprache das Land und das heiße Klima. Nur am Himmel stand der Mond und es funkelten die Sterne wie zu Hause. Oft dachte ich an meine Freundin Erna die zu Hause in Arnreit wartete.
Überall galt es nun anzupacken. Dämme wurden gemacht und Wasserleitungen waren zu verlegen. Häuser und die Schule für Chatechisten waren zu bauen. Zwei Wasserturbinen wurden aufgestellt und Stromkabel wurden verlegt. Ein Großprojekt war der Bau der Kathedrale in Sumbawanga unter Bischof Karolo Msakila. Ich leitete den Bau und mit zittern erinnere ich mich als ein einheimischer Maurer mehr als 6 Meter vom Gerüst stürzte. Er hatte Glück, außer ein paar Prellungen geschah ihm nichts. – Ich danke Gott.
Es waren die ersten Weihnachten, als ich mit meinen österr. Begleitern die Feier zum hl. Abend verbreitete; und ich ein Christbäumchen im afrikanischen Busch suchen sollte. So ging ich los um im ostafrikanischen Busch ein Dornenbäumchen zu suchen. Diese sehen mit Phantasie unseren Christbäumen etwas ähnlich. Ich ging einige Kilometer weg vom Dorf. Kein Mensch war da. Ich erinnerte mich dass ich einmal gehört habe dass es für einen Europäer mitunter gefährlich sein kann alleine im Busch zu gehen, möglicherweise fürchten sich überraschte Afrikaner und schlagen ihn nieder. Mir kam niemand entgegen.
Aus einem mächtigen Dornenbusch mit grünen dünnen Blättern schnitt ich einen brauchbaren Ast, der nun unser Christbaum werden sollte, ab. Im Arbeiten vertieft hörte ich von einem nahen Akazienbaum ein Wimmern. Ich ging die paar Schritte hin zum Baum und fand ein kleines Mädchen von etwa drei Jahren beim Stamm kauern. Das Mädchen erschrak nicht, es hatte mich wohl schon gehört, nur ein wenig Angst hatte es, denn weiße Leute waren hier selten. Wenn ich das Kind nehme und mir ein Afrikaner begegnet denkt er ich will dem Kind was antun. So wie es in der Sklavenzeit ja wirklich war. „Aber ich kann das Kind doch nicht im Busch lassen, ein wildes Tier könnte es sogar fressen“, dachte ich und trug das verirrte Kind heim. So ging ich zurück zum Dorf mit den vielen Lehmhütten mit Strohdächern. Nur die Schule die Kirche und das Pfarrhaus sind fest gebaut und mit Wellblech gedeckt. Als mich die erste Frau mit dem Kind und dem Christbaum sah fing sie laut an zu schreien. Auf ihren lauten Schrei kamen viele Leute des Dorfes herbei und nahmen mir das Kind ab. Zuerst dachte ich die Menschen würden glauben ich tu dem Kind was zu Leide, dann sah ich aber die große Freude in den Gesichtern. Denn wie ich jetzt erfuhr, war das Mädchen schon drei Tage abgängig und man dachte es kommt nie mehr zurück. - So konnte ich der Mutter, der Familie und dem ganzen Dorf Matai, mit dem lebendigen Christkind, ein Weihnachtsgeschenk bereiten.
Freude feierten wir dann im Pfarrhaus die ersten Weihnachten in Afrika. Pfarrer, Missionar Walter Lukewille widmete die Weihnachtspredigt dem gefundenen Kind, das wie er meinte, wie das Christkind den Menschen viel Freude brachte.
Zu mir sagte er „Asante sana!“. Vielen Dank!
Erzählt und erlebt von Karl Mittermayr aus Arnreit.
Aufgeschrieben von Erwin Chalupar 2017.
Karl Mittermayr starb am 23. Nov. 2017 im 78. Lebensjahr.
Es war zu Weihnachten 1964, in der Pfarre Matai, in der Diözese Karema, im afrikanischen Tansania.