Was uns reicher macht
Was habe ich vom Glauben? Was gibt mir der Glaube? – Diese Fragen bekommen wir häufig zu hören. Klugheit, Weisheit und "ewiges Leben" versprechen uns heute die biblischen Texte. Jesus weist einen Weg, der uns darüber hinaus noch reicher machen kann.Auch dieser Sonntag liefert Lesungstexte, die uns nicht kalt lassen, sie sind scharf und provokant. Unser Gott ist kein Gott, der immer nur lieb ist. Diese unangenehmen Bibelstellen würden wir gerne beschönigen, verharmlosen oder einfach ignorieren, sie fordern uns als Christen aller Zeiten ordentlich heraus.Die biblischen Texte stellen uns heute die Klugheit und Weisheit gegenüber einem materiellen, vergänglichen Reichtum vor Augen. Die Klugheit ist eine der vier Kardinalstugenden. Tugend kommt von „taugen“, für das Leben tauglich werden. Als tiefster Reichtum wird uns im Römerbrief die Weisheit und Erkenntnis Gottes genannt. Wer auf Gott und seine Weisheit hinhört, wird lebenstauglich. „Ich betete und es wurde mir Klugheit gegeben!“ – In der Zwiesprache mit Gott, im Schweigen, Nachdenken und Hinhören können neue Erkenntnisse, eine andere Weite und Perspektiven für unsere persönliche Lebensgestaltung gefunden werden. „In der Welt“ geht es oft um Selbstdarstellung, um Erfolg, sich durchsetzen, gewinnen, Recht haben wollen, mehr Besitz haben wollen, …. Wenn wir beginnen gemeinsam mit Gott auf ein Anliegen zu schauen, einen Menschen ins Gebet mitnehmen, ändern sich unsere Prioritäten: statt gewinnen zu wollen, entdecke ich vielleicht, dass ich eine gute Lösung für uns beide will, dass Gott auch meinen Feind liebt, dass meine Verantwortung größer ist und neue Ziele und Möglichkeiten tun sich auf. Was ist jetzt wichtig? Worum will ich wirklich beten? Welche Prioritäten setze ich in meinem Leben? Wieviel Chance gebe ich Gott zu mir zu sprechen? Das Wort Gottes rüttelt auf, hat die Kraft zu heilen und zu helfen, besiegt das Zerstörerische in uns. „Das Wort Gottes ist schärfer als jedes Schwert“ (Hebr 4,9). Eine weitere Qualität des Reichtum Gottes ist das „Ewige Leben“: „Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?“ (Mk 10,17). Die Antwort ist für den Mann äußerst unbefriedigend, zu eindeutig und kompromisslos. Er befolgt ja die Gebote sehr genau. Alles zu wenig?! „Geh' und verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben.“ (Mk 10,21). Verschlägt es einem da nicht die Rede? Muss man das ernstnehmen und wirklich ausführen? Schauen wir noch einmal genau auf den Text: Zunächst geht es um die Wiederholung der Gebote mit dem Hinweis auf die Nachfolge, die nur dann wirklich gelingen kann, wenn man sich aus der Abhängigkeit von den irdischen Gütern löst. Das kann sehr traurig und ratlos machen, Abschied von allem mühsam Erworbenen. Das ist wie sterben, eine Forderung, die für „reiche“ Menschen nicht erfüllbar scheint. Arme haben damit oft weniger Problem. Ein Stachel in den Worten Jesu, der bleibt.Von den Armen und den Reichen ist hier die Rede. Es geht um einen sozialen Ausgleich, um Verteilungsgerechtigkeit. Es geht um Abhängigkeit und Freiheit. Um Enge – Angst und Weite – Vertrauen, um Habenwollen für sich und Frei geben können für andere. Diese Spannung beginnt schon im familiären Bereich, etwa dann, wenn Familienmitglieder bei der Aufteilung von Gütern bevorzugt und andere benachteiligt werden. Wieviel Streit gibt es da in unseren Familien – wieviel Beziehungsabbruch, Unversöhntheit und Anfeindungen. Ich kann mich fragen: Was ist jetzt wichtig? Worum will ich wirklich beten? Welche Prioritäten setze ich in meinem Leben? Wieviel Chance gebe ich Gott in diesem Konflikt zu mir zu sprechen? Will ich es hören? Unser Umgang mit sozialem Ausgleich, Verteilungsgerechtigkeit, der göttlichen Würde jedes einzelnen Menschen, mit Haben und Lieben, hat, wie wir wissen, auch eine weltweit gesellschaftspolitische Bedeutung. Dazu kommen auf der Haben Seite oft noch Ausbeutung und Gier. Wer Reichtum hat, trägt eine besondere Verantwortung und steht immer in der Spannung von Habenwollen und in Freiheit geben können. Jesus verspricht dem jungen Mann „ewiges Leben“, wenn er sich entschieden um den Schatz im Himmel bemüht. Wenn er sich nicht vorschnell mit dem Materiellen, dem Vordergründigen, dem Sammeln, zufriedengibt. Ich denke, Jesus weiß genau, wie schwierig es für uns ist, in Situationen, wo wir reich und mächtig sein wollen, zu bestehen. Er spricht vom Kamel und Nadelöhr, also der Erfahrung, dass Nachfolge im Sinne Jesu oft chancenlos scheint und sagt tröstend: „Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.“ (Mk 10,27). Bedürfnisse, wie Sicherheit, Familie und materielles gutes Auskommen sind wichtig für unser menschliches Leben. Aber wenn wir sie und unsere kleine Welt zum einzigen Ziel erklären, verfehlen wir aus christlicher Sicht unser Lebensziel und unsere Möglichkeiten positiv für die Weltfamilie und für die Schöpfung mit zu gestalten. Wer sein Bankkonto mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. Wer seine Hobbies, seine Arbeit, seine kleinen Bedürfnisse und Erfolge mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, weil hier Dinge vergöttert werden und Menschen darunter leiden. Zum Reichtum in den Augen Gottes,- zum ewigen Leben - ist der fähig, der erkennt, dass allein Gott und Gottes Liebe und Menschenfreundlichkeit groß und weise ist und alles andere klein und vergänglich. Was dem reichen Mann und den Jüngern unmöglich erscheint und auch uns schockiert, hat Menschen aller Zeiten herausgefordert: Der Hl. Franz von Assisi rät den Menschen: „Tue zuerst das Notwendige, dann das Mögliche, dann schaffst du das Unmögliche…“Teresa von Avila sagt: Nichts soll dich betrüben, nichts sollst du erhoffen, außer Gott allein. Der größte Reichtum ist bei Gott zu finden. Alleine Gott kann genügen. Amen