„ ...unser Gott ist uns nahe, wo immer wir ihn anrufen.“
Liebe Schwestern und Brüder!
Die Lesung und das Evangelium die wir heute soeben gehört haben, beschäftigen sich mit religiösen Vorschriften und Geboten. Die gab es nicht nur im Juden- und Christentum. Auch im römischen Kult mussten rituelle Gesetze und Vorschriften penibelst eingehalten werden.
Das galt als Garantie dafür, dass einem die Götter gewogen bleiben.
In der Lesung aus dem Buch Deuteronomium klingt es zunächst ähnlich.
Gott fordert sein Volk durch Mose auf, dem Wortlaut des Gesetzes nichts hinzuzufügen und nichts davon wegzunehmen. Und doch ist etwas anders.
Das Gesetz soll nicht nur eingehalten, sondern auch bewahrt werden. Etwas, was ich bewahre, hüte, aufbewahre, das hat einen Wert in sich.
Es heißt auch die Gesetze seien „gerecht“. Gerechtigkeit ist im Alten Testament eine Eigenschaft, die sich auf Gott selbst bezieht. Gott ist gerecht, und das zeigt er in seinen rettenden Taten. Und weil er gerecht handelt kann auch der Mensch gerecht sein. Wenn das Volk Israel sich an Gottes Vorschriften hält, dann vertraut es damit auf seinen Gott, der es gut mit ihnen meint.
Im Wort „Bewahren“ schwingt für das christliche Ohr immer auch die Erzählung von Maria im Lukasevangelium mit. Von ihr heißt es, das sie alle Worte, alles Geschehen rund um die Geburt Jesu in ihrem Herzen bewahrte und bewegte. Auch wenn sie längst nicht alles versteht, was da mit ihr geschehen ist, hütet sie es in ihrem Herzen. So kann sich in ihr langsam entfalten, was ihr zunächst äußerlich begegnet ist.
Ähnlich darf der gesetzestreue Jude in seinem Herzen mit dem Gesetz umgehen.
Er bewahrt und bewegt es, so trägt er letztlich Ihn im Herzen- Ihn, der ihm dieses Gesetz gegeben hat: Gott selbst.
Er möchte ja mit seinem Gesetz lebendig, ja glücklich machen. Er will keine stumpfe Erfüllung irgendwelcher Vorschriften.
So kritisiert Jesus heute im Evangelium bei den Pharisäern eine Haltung, in der es um eine rein äußerliche Gesetzestreue geht. Um eine herzlose Einordnung von Gegenständen und Personen in rein und unrein. Was aber den Menschen wirklich unrein macht, sagt Jesus, sind die bösen Regungen und Gedanken des Herzens.
Denn was ich in meinem Herzen groß werden lasse, das durchdringt mich mehr und mehr und das strahle ich letztlich auch nach außen hin aus.
Nun ich denke, Jesus muß so provozieren, um zu zeigen, das er ein ganz anderes Bild von Gott hat, als die Pharisäer. Sein Gott schaut nicht auf Äußerlichkeiten, sondern auf die Gesinnung des Menschen auf sein Herz, was ihn bewegt.
Gott schaut wie wir miteinander umgehen, wie wir zusammen leben: Ob da Friede herrscht oder Streit; ob da jeder nur an sich selber denkt, oder auch für andere sorgt. Er schaut aber auch auf unseren guten Willen, auf unser Bemühen. Wo wir uns ehrhlich bemüht haben das Gute zu tun auch wenn wir es am Ende wieder mal nicht geschafft haben.
Jesus will uns deutlich machen: Gottes Wort ist etwas, dass nicht Außen bleiben möchte, sondern es soll uns durchdringen, bis in unser Innerstes, bis ins Herz.
Im Zentrum unserer Religion, unseres Glaubens steht nämlich nicht an erster Stelle ein schriftliches Gesetz, sondern eine Person: Jesus Christus.
Vielleicht würden wir uns das auch oft wünschen: dass wir – wie Jesus – die Weisung und die Liebe Gottes direkt in unserem Herzen spüren. Dann könnten wir das Gute mit Freude und ganz selbstveständlich tun. Manchmal funktioniert es- dann ist es wie ein Geschenk. Wenn das nur immer so sein könnte!
Vielleicht kann uns dieser Satz aus der alttestamentlichen Lesung weiterhelfen: „Unser Gott ist uns nahe, wo immer wir ihn anrufen.“ Immer da, wo ich spüre, ich komme mit meiner kleinen Liebe nicht weiter, kann ich um Hilfe bitten.
Wir können darum beten, dass wir Gottes Wort in unseren Herzen bewahren und bewegen lernen.
So wird Gott Fleisch in unserem Leben und kann uns verwandeln.
Zum Schluß möchte ich noch einmal auf das Tagesgebet zurückkommen wo wir Ihn inständig bitten: Er soll in unser Herz die Liebe einpflanzen, uns an sich binden und über uns wachen.
Amen.