"Er hat mir die Augen geöffnet.
Er hat mir die Augen geöffnet!“
Seit seiner Geburt ist er blind, heißt es.
Sitzt nur da und bettelt. Er ist total angewiesen auf die Hilfe seiner Mitmenschen.
Und dann:
Die Begegnung mit Jesus verwandelt sein Leben.
„Es gehen ihm die Augen auf“. Er wird ein neuer, ein anderer Mensch. – Er ist fast nicht mehr wieder zu erkennen: „Ist er es nun, oder sieht er ihm nur ähnlich?“ - fragen verwundert die, die meinen, ihn gekannt zu haben.
Er tritt jetzt auch ganz anders auf.
Er ist nicht mehr der hilflose, unterwürfige Bettler.
Er ist selbstständig, er geht seine Wege.
Ja, sehr selbstbewusst ist er geworden. –
Er legt sich sogar mit den Obrigkeiten an und stößt auf Unverständnis und Widerstand.
„Du willst uns belehren?“ - werfen sie ihm vor.
Und sie stoßen ihn hinaus.
Er aber lässt sich nicht unterkriegen:
„Ich war blind - jetzt sind mir die Augen aufgegangen.“ Und er weiß auch, wem er das verdankt.
Einem „Blinden“ gehen die „Augen“ auf. Ein Wunder.
Warum kann man sich nicht einfach mit ihm freuen – frag ich mich?
Es kann auch jedem von uns passieren, dass einem „die Augen aufgehen“, dass einem ein Licht aufgeht, dass man plötzlich etwas „sieht“, dass man etwas „durchschaut“, etwas „erkennt“, wofür man bisher – vielleicht sogar sein Leben lang -„blind“ war.
Es ist gar nicht so ungefährlich, wenn man „sehend“ wird und seinen eigenen Augen traut.
Man kann anecken. Vor allem bei jenen, die meinen für einen „vorsehen“ zu müssen. Bei jenen, die meinen, nur ihre „Sicht“ der Welt wäre gültig.
Er wird „sehend“. Es wird ihm vieles „klar“.
Andere aber bleiben „blind“: die „Pharisäer“, die Hüter der Gesetze und der „wahren“ Religion. Ausgerechnet sie „sehen“ und „erkennen“ nicht, was da geschieht.
Ihnen geht nichts auf. Bei ihnen verändert sich nichts.
Sie haben ihre Sicht, ihre Anschauung und sind nicht mehr offen und bereit für Neues.
Sie „erkennen“ auch diesen Jesus nicht.
Sie sind „blind“ für Ihn und für alles, was er durch ihn geschieht. Blind für seine Taten und auch taub für seine Worte.
Warum? – Sie wissen, wie es immer schon war und wie es deshalb auch in Zukunft zu sein hat.
Und sie wissen auch, warum es nicht sein darf:
Eine Heilung am Sabbat! Das geht schon gar nicht!
Das ist gegen das Gesetz!
Es kann nicht sein, was in ihren Augen nicht sein darf.
Sie lassen sich nicht in Frage stellen - auch durch diesen Jesus nicht.
Sie verschließen sich und deshalb geht ihnen auch nichts auf. Deshalb bleiben sie „blind“. –
Und wir – auf welcher Seite stehen wir in dieser Geschichte? Das sollten wir uns fragen.
Sind wir auf der Seite des Blinden, der sehend wird und dessen Leben sich ändert durch die Begegnung mit Jesus? Können wir uns mit ihm freuen?
Oder finden wir uns bei denen, die blind bleiben?
Die Gefahr, dass wir „blind“ bleiben, besteht,
für jeden und jede von uns:
Ich kann so festgefahren sein in meiner „Weltanschauung“, dass ich nichts Neues, nichts anderes mehr sehen kann.
Ich kann so sicher sein, in dem, „wie ich es sehe“,
dass ich keine andere „Sichtweise“ mehr zulasse.
In dieser Gefahr sind wir: dass wir uns für „sehend“ halten und doch „blind“ bleiben. Aus Angst, es könnte Konsequenzen für uns haben, wenn wir mit offenen Augen durchs Leben gehen.
Es könnte unsere bisherigen „Ansichten“ in Frage stellen.
Gerade die Fastenzeit, liebe Schwestern und Brüder, ist eine Chance, eine Einladung an uns.
Wir dürfen das Wort Jesu für uns gelten lassen:
„Geh und wasch deine Augen aus.“
Reinige sie von Vorurteilen, die deinen Blick trüben.
Überdenke und überprüfe deine „Weltanschauung“.
Wasch die „blinden Flecken! aus deinen Augen,
damit du wieder „klarer“ sehen und „erkennen“ kannst, was wahr ist und wesentlich in deinem Leben und Zusammenleben.
Jesus möchte, dass wir nicht wie „blinde Bettler“ leben.
Er möchte, dass wir „sehen“ können, was recht und gut ist. Auch, dass wir „erkennen“, welche guten „Aussichten“ wir haben.
Durch seine Worte und Taten, durch seine Art zu leben und das Leben zu deuten:
„Er hat uns die Augen geöffnet!“. Amen