Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben
Ich habe bis jetzt ein einziges Mal in meinem Leben eine Fernreise gemacht. Ist schon ganz lange her. Ich war in Brasilien, wir sind 4 Wochen herumgefahren und unter anderem haben wir auch die Kremsmünsterer Missionsstation Barreiras besucht.
Die Reise war in einer Zeit, in der ich – ich bin am Land aufgewachsen – im öffentlichen Raum keine Bettler gesehen habe.
Und dort in Brasilien waren bettelnde Menschen in den Städten allgegenwärtig. Ich kann mich erinnern, dass beim Essen gehen fast immer Kinder mit Blechbüchsen zwischen den Tischen herumgegangen sind und um ein paar Münzen gebettelt haben.
Immer scheu und darauf bedacht, ja niemanden zu verärgern, denn dann wären sie sofort verjagt worden.
Heute sind bettelnde Menschen auch bei uns in den Städten eine Alltagserscheinung. Ich arbeite in Linz und wenn ich vom Bahnhof zu meiner Arbeitsstelle gehe, dann sehe ich tagtäglich Menschen, die fix im Wartehaus beim Busbahnhof „wohnen“. Und diese Menschen verhalten sich auch recht „unsichtbar“. Sie möchten auf keinen Fall Ärger erregen, damit sie nicht von ihrem zumindest trockenen, wenn auch nach Abgas stinkenden Platz vertrieben werden
Wir erwarten uns von dieser Menschengruppe auch, dass sie sich ruhig verhalten, uns nicht belästigen und sich unauffällig benehmen.
Im heutigen Evangelium ist da ein Bettler, der ganz anders agiert.
Ein blinder Mann, Bartimäus. Und dieser Bartimäus ruft laut, macht auf sich aufmerksam und lässt nicht locker, bis die Menschen um ihn herum nicht mehr anderes können als ihn zu Jesus durchzulassen.
Jesus fragt: „Was willst du das ich dir tue?“ und heilt ihn.
Heute ist Weltmissions-Sonntag.
Die katholische Kirche weltweit betet und sammelt am 24. Oktober für die Ärmsten der Armen in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Wie schon zu Beginn erwähnt, lautet die Botschaft von Papst Franziskus zum heutigen Weltmissions-Sonntag: WIR KÖNNEN UNMÖGLICH SCHWEIGEN ÜBER DAS, WAS WIR GESEHEN UND GEHÖRT HABEN.
So passt das heutige Evangelium ganz genau zum heutigen Weltmissions-Sontag.
Jesus hat uns bei vielen Gelegenheiten gezeigt, dass ER ein Ohr hat für alle Menschen, aber besonders offen war er für die Armen und Benachteiligten.
Als Christen, als Schwestern und Brüder in der Nachfolge Christi ist es unsere Pflicht auch hinzuhören, ein offenen Ohr zu haben für Menschen in Not und aufmerksam zu machen auf die Bedürfnisse unserer Mitmenschen, die in Armut leben.
Ich habe ja ein kleines Problem mit dem Missionieren. „Mission“ im religiösen Kontext hat immer noch einen negativen Beigeschmack. Das kommt sicher daher, dass die katholische Kirche in früheren Zeiten mit Zwangsmissionierungen
recht unmenschlich vorgegangen ist. Und auch die Kolonialisierung hing immer eng mit dem Missionieren zusammen. Beides war aus heutiger Sicht aufgrund der dabei angewandten Gewalt und Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung ein Verbrechen und sicher nicht im Sinne jesu.
Aber die Zeiten haben sich geändert und heute begegnen Missionare und Missionarinnen den Menschen bei Ihrer Arbeit auf Augenhöhe. Gott hat den Bettler Bartimäus gefragt: Was willst du das ich dir tue? Und so fragen auch die Missionare und Missioninarinnen die Menschen vor Ort: Was können wir tun? Was ist an Hilfe notwendig und möglich?
Es macht keinen Sinn, ohne das Einbeziehen der Menschen Hilfe zu geben. Heute geschieht Entwicklungshilfe einerseits in Form von dringend notwendiger Soforthilfe, wie ärztlicher Versorgung, Krankenhäuser, Schulen und soziale Einrichtungen. Andererseits werden Strukturen geschaffen und unterstützt, die langfristig dazu führen, dass sich die Menschen selbst helfen können.
Aber „nur“ finanzielle Hilfe zu geben wäre trotzdem zu wenig. Das machen andere Organisationen genauso, Ärzte ohne Grenzen, Care, und wie diese Organisationen, die natürlich ganz viel Gutes tun, alle heißen.
Wir Christen haben noch eine andere, eine besondere Botschaft für die Menschen zu denen die Missionare und Missionarinnen gehen: Eine Botschaft, die ihnen mehr schenkt als finanzielle und materielle Hilfe.
Und diese Botschaft heisst:
Du bist von Gott geliebt. Du bist wertvoll. Du bist von Gott gewollt und genauso wichtig wie die Reichen und Schönen der Welt.
Mit Jesus Christus haben wir einen Trumpf in der Hand, der unseren Brüdern und Schwestern in Not zeigt, da ist einer mit dem kannst Du gewinnen. Da ist einer, der lässt dich nie alleine, der schenkt dir Hoffnung, Zuversicht und Kraft. Einer, dem du vertrauen kannst und dem du dich anvertrauen kannst.
Aber als Christen müssen wir glaubhaft sein in unserer Nachfolge!
Und glaubhaft können wir nur sein, wenn wir etwas von unseren materiellen und finanziellen Möglichkeiten abgeben.
Natürlich müssen die Menschen vor Ort selbst etwas beitragen zur Verbesserung ihrer Situation. Aber wir haben dafür zu sorgen, dass die Menschen überhaupt eine Chance bekommen. Und wir können mit unserer Spende dazu beitragen, dass die Rahmenbedingungen für die Armen und Benachteiligten korrigiert werden. Vertreter aus der sogenannten Ersten Welt, Menschen die in unserem Namen und mit unserer Spende zu den Armen und Benachteiligten gehen, müssen von uns so ausgestattet werden, dass sie Einfluss nehmen können auf die Regierungen von Städten und Ländern, damit unsere Hilfe langfristig keine Einbahnstraße ist.
Ich weiß, dass Bitten um finanzielle Spenden von allen Seiten auf jeden von uns zukommen.
Ich weiß, dass es unmöglich ist, immer und überall etwas zu geben.
Aber ich weiß auch, dass wir – wenn wir die Lehre Jesu ernst nehmen – unmöglich ohne konkrete Taten vor Gott Bestand haben werden.
Jesus hat bei vielen Gelegenheiten darauf hingewiesen, dass Mitgefühl, Erbarmen und Hilfe für die Armen und Schwachen eine Grundvoraussetzung für ein christliches Leben in Seinem Sinne ist. Da führt kein Weg vorbei.
WIR KÖNNEN UNMÖGLICH SCHWEIGEN ÜBER DAS, WAS WIR GESEHEN UND GEHÖRT HABEN.