Die Entscheidung liegt bei mir
Liebe Mitchristen!
Heute möchte ich mit einer provozierenden Prognose beginnen, die ein Chefredakteur bei einer Podiumsdiskussion mit katholischen Kirchenvertretern vorgebracht hat: „Morgen wird es euch nicht mehr geben! Bestenfalls, wenn überhaupt, werdet ihr eine marginale und bedeutungslose kleine Schar sein!“ Der Mann war offensichtlich fest davon überzeugt, dass die Kirche ein Auslaufmodell sei, der Glaube verdunste und die Kirche aus der Gesellschaft verschwinden würde, weil die modernen Menschen das nicht mehr brauchen würden. Ja dass es sich sogar besser ohne kirchliche Moralvorstellungen und so manch scheinheiligen Kirchenvertreter leben würde.
Kann der Mann recht haben mit seiner Behauptung, ist es mit der Kirche, mit unserer Kirche wirklich so schlecht bestellt?
Manchmal muss ich zugeben, kommt es mir auch so vor, aber nur, wenn ich frustriert und oberflächlich hinschaue!
Denn ich erlebe immer wieder Begegnungen und Gespräche die mir als Kirchenvertreter genau das Gegenteil bescheinigen.
Ich erlebe Menschen, die trauern um einen lieben Angehörigen und dankbar mit mir über dessen Leben und Sterben reden wollen. Oder es kommen junge Eltern, die voll Freude ihr Kind taufen lassen und dem Schutz Gottes anvertrauen möchten und über ihr neues, verändertes Leben mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter erzählen.
Und es kommen junge Paare, die voll Freude ihre Hochzeit vorbereiten wollen, um für immer ja zueinander zu sagen. Sie erzählen von ihrer Liebe zueinander und was sie am anderen so schätzen. Manchmal wird ihnen das erst im Erzählen richtig bewusst.
Es kommen Männer und Frauen in die Pfarre, die um Hilfe in einer schweren Situation bitten, die Lebensmittel oder Geld brauchen, um halbwegs über die Runden kommen zu können. Viele schämen sich dafür!
Und es kommen Geflüchtete, die versuchen, sich eine neue Existenz in einem Land aufzubauen, das ihnen weitgehend fremd ist und dessen Sprache unendlich schwer zu erlernen ist und doch nehmen sie das auf sich, weil sie in der Heimat um ihr Leben fürchten und es keine Zukunft gibt.
Und es kommen Sie und viele andere zu unseren Gottesdiensten, weil Ihnen der Glaube, die Religion, das Gebet und die Gemeinschaft wichtig ist. Weil sie ein hilfreiches Wort, einen Satz, ein Zeichen oder eine Begegnung mitnehmen können in Ihren Alltag.
„Wollt auch ihr weggehen“, fragt Jesus im heutigen Evangelium. Die Frage muss jeder und jede selbst für sich beantworten, wenn es wieder einmal turbulent zugeht in unserer Kirche oder in unserem Leben. Die Frage richtet sich an die innerste Überzeugung meines Gottglaubens: wer ist mein Gott? Was traue ich ihm zu, welche Bedeutung hat er für mein Leben und kann ich diesen Glauben in der Kirche finden? Die Entscheidung liegt bei mir.
Das Evangelium, das wir heute hier in unserer Kirche und in der ganzen katholischen Welt gehört haben, fordert uns heraus:
Diese Rede ist hart, wer kann sie hören? Jesus erkannte, dass seine Jünger darüber murrten und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß? So haben wir gehört.
Vorher hat Jesus seine „Brotrede“ in der Synagoge von Kafarnaum beendet, in der er sich als lebendiges Brot bezeichnet, das vom Himmel herabgekommen ist, und dass, wenn jemand davon isst, er nicht sterben wird.
Es ist keine leichte Kost, wenn Jesus sagt: der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts.
Sind wir nicht alle eher Anhänger des Fleisches? Nicht nur beim Essen, auch unsere Körperlichkeit, die Gesundheit des Körpers ist uns sehr wichtig, also unser eigenes Fleisch und Blut.
Aber Jesus stellt das alles infrage. Für ihn ist der Geist – also die Gottverbundenheit im hl. Geist – viel wichtiger.
Diese Rede ist hart, wer kann sie hören?
Und weiter heißt es: daraufhin zogen sich viele seiner Jünger zurück und zogen nicht mehr mit ihm umher.
Sie sind quasi ausgetreten, das war ihnen zu viel, zu unverständlich, zu anspruchsvoll. Übrig geblieben sind nicht viele. Aber die geblieben sind, waren überzeugt: Herr, du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.
Liebe Mitchristen:
Es wäre nicht verwunderlich, wenn sie heute nach dem Gottesdienst hinausgehen würden, und zu murren beginnen über die Worte Jesu, die er über das Fleisch und den Geist gesagt hat. Natürlich wünsche ich mir nicht, dass sie deswegen austreten, sondern dass ihre Kirchenbindung und ihr Glaube das aushalten und Sie das viele Gute sehen, das in und durch die Kirche geschieht, nicht zuletzt durch jeden und jede einzelne von uns und durch alle Menschen die versuchen, nach dem Evangelium zu leben.
Allerdings wünsche ich ihnen, dass sie auch die Erfahrung der Israleliten kennen, von der wir in der ersten Lesung gehört haben:
Der Herr, unser Gott war es, der uns aus der Not befreit und große Wunder getan hat. Er hat uns beschützt auf dem ganzen Weg, den wir gegangen sind. Wir wollen dem Herrn dienen, denn er ist unser Gott.
Und ich wünsche ihnen, dass sie immer wieder berührt werden von den Worten Jesu, vom Evangelium, und dadurch immer mehr zu einem Glauben kommen, der Ihr Leben bereichert.
Amen.