"Wer ist denn dieser…?"
Es stürmt und tobt rundherum, die Jünger schreien vor Angst – und Jesus schläft, seelenruhig.
„Kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?“
Er steht auf und droht dem Wind: „Schweig, sei still!“ -
Und der Wind legt sich und es tritt völlige Stille ein.
„Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: „Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?“
Wer ist denn dieser? – das fragen wir uns ja auch immer wieder.
Am See Genezareth gibt es das, dass plötzlich heftige Fallwinde auftreten. Die Wellen werden hochgepeitscht und kleinere Boote wirft es gefährlich hin und her.
Aber so schnell wie der Wind kommt, legt er sich wieder und alles beruhigt sich.
Man kann so ein Ereignis rein äußerlich verstehen und erklären. Man kann es aber auch symbolisch betrachten und dieses Ereignis ins „Innere“ verlegen.
Dann vermitteln solche Geschichten „wunderbare“ und „not-wendige“ Erfahrungen für uns, für unser Leben.
Unser ganzes Leben lässt sich vergleichen mit einer „Bootsfahrt“. Nicht immer befinden wir uns in „ruhigen Gewässern“. Manchmal gibt es heftige „Stürme“, die uns hin und her werfen. Es gibt Angst vor dem „Untergang“, Todesangst. Wir fürchten „zugrunde zu gehen“,
in den Fluten über uns hereinbrechen.
Vor solchen „stürmischen Überfällen“ sind wir nie sicher. Sie können plötzlich und unerwartet über uns herfallen.
Zum Beispiel:
- wenn einem die beruflichen Anforderungen über den Kopf wachsen,
- wenn man plötzlich vor der Gewissheit steht, ernsthaft krank zu sein,
- wenn eine Beziehung in Brüche gegangen ist,
- wenn der Lebenspartner stirbt,
- wenn jemand seine Einsamkeit nicht mehr aushält,
- wenn einem einfach auf Grund des Älterwerdens die eigene Zerbrechlichkeit bewusst wird.
Manchmal genügt schon eine Kleinigkeit und wir stürzen in eine abgrundtiefe Verzweiflung.
Dann schreien wir um Hilfe, wie die Jünger im Boot.
Und das darf auch sein.
„Herr, kümmert es dich nicht, dass ich zugrunde gehe?“ –
Er steht auf, droht dem Wind und dem See: „Schweig, sei still! – Und der Wind legt sich und es tritt völlige Stille ein.
"Warum habt ihr solche Angst?"- fragt Jesus die Seinen. "Habt ihr noch keinen Glauben?"
"Glauben" heißt nicht, bloß irgendetwas „für wahr halten“.
Vom hebräischen Wortsinn her bedeutet „glauben“:
sich festmachen, sich verwurzeln, sich verankern in Gott.
Das war die „Haltung“ Jesu. Er war fest verankert in Gott. Und so konnte ihn nichts aus der Ruhe bringen.
Und auch für uns wird der drohende Abgrund sich schließen und der Sturm sich legen, wenn wir uns „verankert“ wissen in Gott, gehalten von ihm,
festgemacht in ihm.
Vielleicht ist das die wichtigste Kunst unseres Daseins:
dass wir lernen, mitten in den „Stürmen des Lebens“ den „Glauben“ nicht zu verlieren.
Aber wie kann ich diesen inneren Halt, d.h. diesen „Glauben“ finden?
Es sind Geschichten wie diese, die uns „glauben“ lehren möchten. Wir sind nicht allein im „Boot“ unseres Lebens.
Was uns helfen kann, sind auch Erfahrungen anderer,
die uns durch ihr im Glauben gefestigtes Leben ermutigen, uns „fest zu machen“, zu „verankern“, in Gott.
Was uns helfen kann ist die Erinnerung.
Ich meine, wenn wir aufmerksam auf unsere Lebensgeschichte blicken, dann gibt es ja auch diese „wunderbaren“ Erfahrungen:
- dass Stürme, sich gelegt haben,
- dass wir „durchgekommen“ sind - und wir wissen eigentlich nicht wie,
- dass wir wieder festen Boden unter den Füßen gespürt haben, nach Zeiten der Verzweiflung und Angst - auf wunderbare Weise.
„Wer ist denn dieser?“ – fragen die Jünger verwundert.
Sie wollten es wissen. Sie sind dran geblieben an ihm. Sie haben ihn als ihren Lehrer, ihren „Meister“ angenommen. Sie haben bei ihm und durch ihn gelernt, was es bedeutet zu „glauben“, sich „festzumachen“, sich zu „verankern“ in Gott.
„Wer ist denn dieser…?“ – Das Interesse an „diesem“ – „der da mit uns im Boot ist“, das Interesse an Jesus, möge uns nie verloren gehen.
Amen.