Aufmerksam auf die Begegnung mit dem Auferstandenen achten
Schwestern und Brüder!
Wir Menschen sind nun einmal sinnliche Wesen, ausgestattet mit Seh-Tast-Geruchs-Hörsinn, um die Welt und unsere Mitmenschen wahrzunehmen, zu erfassen und bestenfalls zu verstehen.
Die Sprache ist nur ein Element, sich zu verständigen und sich zu begegnen, es braucht auch die anderen Sinne zu einer umfassenden Begegnung. Wir merken das gerade jetzt sehr deutlich und auch schmerzlich, weil der Körperkontakt in der Begegnung weitgehend fehlt.
In der vergangenen Woche und in den kommenden Wochen hören wir in den Evangelien immer wieder von unterschiedlichen Begegnungen der Jüngerinnen und Jünger Jesu mit dem Auferstandenen.
Maria Magdalena erkennt den Auferstandenen in dem Augenblick, als der sie mit ihrem Namen anspricht. Oder die beiden unbekannten Jünger auf dem Weg nach Emmaus, die ihn erst erkennen, als er mit ihnen das Brot bricht. Und heute Thomas, der Jesus im wahrsten Sinne des Wortes begreifen will.
Diese biblischen Menschen lehren uns, wie wir zu einem echten und überzeugten Glauben kommen können. So, dass wir sagen können, ich habe es selbst erlebt. Und sie machen uns viel über echte Begegnung unter uns Menschen begreiflich. Maria, die Emmausjünger und Thomas lehren uns, wo und wie eine Begegnung mit dem Auferstandenen heute möglich ist.
Die Begegnung mit dem Auferstandenen kann dort geschehen, wo mich jemand beim Namen nennt. Man hat das Gefühl, in dem einen Wort Jesu, am Grab, wo er seine innige Gefährtin beim Namen nennt: „Maria“, steckt sehr viel. Es heißt: ich kenne dich, ich weiß wer du bist, ich spüre deine Trauer und Verzweiflung, ich weiß um diene Liebe zu mir.
Es sind die Begegnungen tiefer Liebe, in denen Menschen einander erkennen und ohne Wenn und Aber Ja zueinander sagen. Das sind echte Begegnungen mit dem Auferstandenen.
Solche geschehen auch dort, wo wir mit unserer Enttäuschung, Verzweiflung und Trauer ernst genommen werden. Wo uns jemand zuhört und ermutigt und bei uns ist. So, wie es den Emmausjüngern ergangen ist. Dazu gehört auch, Menschen in sein Leben einzuladen, gemeinsam zu Essen und zu Trinken, gastfreundlich zu sein. Dort, wo wir echte Begegnung zulassen und feiern, andere wirklich an uns heranlassen, geschieht Begegnung mit dem Auferstandenen.
Aber auch, und vielleicht gerade dort geschieht diese Begegnung, wo wir den anderen in seiner ganzen Verletzlichkeit und Verwundung sehen, so wie Thomas das tun will.
Vielleicht hat Thomas die mündlichen Berichte seiner Gefährten und der Frauen als Illusion verstanden, als Trugbilder, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Das Grauen der vergangenen Tage hat vielleicht ihre Wahrnehmung durcheinandergebracht. Illusionen sind für Thomas kein Beweise.
Für ihn ist wichtig, den verwundeten und verletzten Jesus zu berühren, mag sein, dass wieder alles gut geworden ist, aber die Wunden sind für ihn das Kriterium des echten Jesus.
Wenn wir einen Menschen so anschauen, wie Thomas es tut, wenn wir ihn mit all seinen Wunden und Fehlern, seinen unschönen Seiten und seinem Scheitern ansehen, dann sehen wir ihn wie er wirklich ist. Dann schauen wir kein Traumbild an, dass wir gerne hätten. Dann kann echte Begegnung geschehen, Begegnung mit den Mitmenschen und Begegnung mit dem Auferstandenen.
Besonders die Osterzeit ist die Zeit, in der wir aufmerksam auf die Begegnung mit dem Auferstandenen achten sollten. Wann und wo er uns beim Namen ruft, wo er Wege an unserer Seite mitgeht, das Brot mit uns teilt und uns ermutigt, die ganze Wahrheit anzuschauen um keinen Illusionen folgen.
Das wünsche ich ihnen heute. Amen.