Der Teufel sitzt im Vergleich ...
Liebe Pfarrgemeinde!
Sie werden vielleicht nach diesem Evangelium denken, o Gott, schon wieder diese eigenartige Stelle von den Arbeitern im Weinberg, die alle denselben Lohn bekommen. Das ist mir zu hoch, dieser Logik kann ich nicht folgen, das ist doch ungerecht. Außerdem ist es völlig utopisch. Eine Idee, die nie verwirklicht werden kann.
Wen von uns irritiert das nicht: Da arbeitet einer den ganzen Tag in der Hitze im Weinberg und am Ende des Tages bekommt er gleich viel bezahlt wie der andere, der eine Stunde am späten Nachmittag angeworben wurde. Das kann doch nicht gerecht sein!
Leicht zu begreifen ist das nicht, und automatisch stehen wir auf der Seite derer, die am Morgen zu arbeiten begonnen haben. Denen, die nur ein oder zwei Stunden gearbeitet haben, stehen wir eher neidisch gegenüber. Obwohl der Gutsherr allen das gegeben hat, was in seinen Augen recht ist und was vereinbart war.
Ein Denar zurzeit Jesu war so viel wert, dass man einer Kleinfamilie die Existenz für einen Tag sichern konnte. Mit einem Denar konnte man bis zu 12 Personen einen Tag lang versorgen. Am nächsten Tag musste man sich wieder als Tagelöhner auf den Marktplatz stellen und hoffen, dass man angeworben wurde.
Zu bedenken ist, dass alle Tagelöhner sich auf dem Markt angeboten haben, und dass eben die einen früher und die anderen später angeworben wurden.
Man kann also genaugenommen nicht von einer Schuld der später Angeworbenen sprechen, eher von unterschiedlichen Startvoraussetzungen.
Und trotzdem entsteht Neid, gerade weil alle genug zum Leben bekommen.
Das ist auch ein Stück paradox.
Wodurch entsteht der Neid in diesem Fall? Neid entsteht durch den Vergleich. Der rein rechnerische Vergleich aber, ist in diesem Fall eigentlich nicht zulässig. Denn es bekommt jeder, das, was ihm zusteht, und vor allem, was er zum Leben für sich und die Seinen braucht.
Sich zu vergleichen ist meistens kontraproduktiv. Es macht entweder unzufrieden und ist mit Selbstabwertung verbunden, oder es macht überheblich und führt dazu, die Fähigkeiten und Leistungen des anderen geringzuschätzen und nicht anzuerkennen.
Neid zerstört Beziehungen und führt zur Spaltung, in den Familien genauso wie in der Gesellschaft. Denken sie nur an die Probleme, die entstehen können, wenn Geschwister aufeinander neidisch sind. Meistens weil sie den Eindruck haben, nicht gleichviel von den Eltern geliebt zu werden oder nicht gleichviel zu bekommen.
Oder denken sie an den Neid vieler Menschen, wenn die Caritas oder der Staat Menschen hilft, die in Not geraten oder auf der Flucht sind.
Anstatt sich über die Linderung der Not zu freuen, schaut man neidisch auf die Hilfeempfänger, die ohne diese Hilfe nicht überleben könnten.
Worum aber geht es Jesus bei diesem Gleichnis?
Jesus geht es nicht um Verteilungsgerechtigkeit materieller Güter. Er will mit diesem Gleichnis ausdrücken, wie die Güte und Liebe Gottes zu verstehen ist.
Und diese Liebe und Güte ist mit nichts zu vergleichen.
Jeder und jede steht alleine vor Gott und sollte versuchen dankbar zu sein für das, was ihm oder ihr geschenkt wurde. Denn Gottes Güte und Liebe wird allen in gleicher Weise zuteil. Das soll dieser eine Denar ausdrücken.
Beginnen wir zu vergleichen, kommt der Teufel ins Spiel und das Murren und Klagen über zu wenig, zu ungerecht und zu lieblos nimmt seinen Lauf und vergiftet das Leben.
Wenn wir immer auf das Leben derer schauen, denen scheinbar alles gelingt, die beruflich erfolgreich sind, viel verdienen, gesund und sportlich sind, die Kinder brav und ordentlich lernen, und denen allen zufällt, werden wir nicht glücklich werden. Weil wir auf unsere eigenen Fähigkeiten und Ressourcen vergessen, die uns geschenkt wurden.
Der Teufel sitzt im Vergleich, man sieht die anderen und nicht mehr sich selbst.
Jesus meint heute, schau auf dich und deinen Weg mit Gott, und schau auf die Gnade, die er dir schon erwiesen hat. Diese Gnade ist mit nichts zu vergleichen. Er ist mit dir, von der Geburt an bis zum heutigen Tag.
Darum schau nicht neidisch auf den, der scheinbar mehr hat, der gescheiter ist als du, dem alles zufällt, sondern versuche das zu sehen und dafür dankbar zu sein, was du bekommen hast in deinem Leben.
Ich bin immer wieder gerührt, wenn ältere Menschen mit einer Mindestpension und einem bescheidenen Heim im Gespräch ganz ehrlich zu mir sagen, ich bin zufrieden, ich habe alles, was ich brauche. Amen.