Wunder der Brotvermehrung
Perikopen: 2 Kön 4,42-44 Joh 6,1-15
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Ein Mann bringt dem Propheten Elischa zwanzig Gerstenbrote und Körner. Es reicht für hundert Menschen und es bleibt noch übrig. Diese kurze Erzählung, die wir in der Lesung gehört haben, ist so etwas, wie das alttestamentliche Vorbild für das Wunder der Brotvermehrung, das der Herr wirkt. Diese kurze Erzählung kann ein Schlüssel sein, was uns die Bibel mit diesen Sättigungsgeschichten, die sie uns oft erzählt sagen will.
Erstens: Manches im Leben erscheint uns zu wenig.
Im Nachhinein stellt sich heraus, dass es leicht gereicht hat. Was sind zwanzig kleine Gerstenbrote, es handelt sich nicht um 3 Kilo Laibe, für hundert Menschen? Was sind fünf Gestenbrote und drei Fische für Fünftausend. Der Verstand sagt uns, das ist zu wenig. Da wird niemand satt, da braucht man gar nicht anfangen auszuteilen. Dieses Muster begegnet uns auch in anderen Bereichen: Ich kann zu wenig, ich brauche gar nicht versuchen einzubringen. Ich kann nicht gut reden, es ist nicht sinnvoll, wenn ich mich artikuliere. Diese Denkweise steckt vielfach im Menschen drinnen. Einerseits steckt vielleicht wirklich Angst dahinter, etwas nicht zu können und sich zu blamieren. Anderseits kann es auch eine bequeme Ausrede sein, dass ich mich einfach nicht einbringen will. Bei Gott ist nichts, was ich einbringe zu wenig. Denken wir hier an die arme Witwe, die mit ihren zwei kleinen Münzen mehr in den Opferkasten wirft als alle anderen. Meine Kleinheit, meine Wenigkeit ist Gott nie zu wenig. Ich darf und muss sie einbringen. Wir sollten wirklich anhand dieser biblischen Texte ins eigene Leben schauen, wo das, was uns verfügbar war zu wenig schien, und dann doch ausreichend war.
Zweitens: Der Vertrauensmangel wird überwunden.
Der Diener des Elischa vertraut nicht, dass die zwanzig Brote reichen. Simon Petris vertraut auch nicht, dass die fünf Brote und drei Fische reichen „Was ist das für so viele?“ Beide Male begegnet uns ein Vertrauensmangel und nachdem im biblischen Denken Vertrauen und Glaube dieselbe Wurzel haben, begegnet uns auch ein Glaubensmangel. Wo kein Vertrauen ist, so ist wohl unser aller menschliche Erfahrung, funktioniert nichts, rein gar nichts. Dem würden, glaube ich, alle Menschen zustimmen. Und wo kein Glaube ist, kann da etwas funktionieren? Wir müssen uns immer wieder zum Vertrauen und Glauben verhelfen? Wir müssen Diener und Dienerinnen zum Glauben und zum Vertrauen sein. Dem zweifelnden Diener war der Prophet Elischa ein Helfer zu einem glaubenden und vertrauenden Herzen, welches das Undenkbare nicht ausschließt, sondern erhofft, weil „bei Gott nichts unmöglich ist.“ Wieviel kann geschehen, wenn wir im glaubenden Vertrauen Gott immer wieder die Regie über unser Leben überlassen. Der Seele hungert nach Vertrauen und Glauben, dieser Hunger kann bisweilen verschüttet sein, aber er ist da, da kann man sich nicht ein Leben lang darüber hinwegtäuschen. Es geht wohl nicht darum einfach die Kirche umkrempeln zu wollen, es geht darum immer mehr eins zu werden mit Gott und von ihm und seiner Gerechtigkeit zu leben. Das macht etwas aus uns. Papst em. Benedikt gibt uns hier folgende Worte zur Meditation: „Für den Christen gibt es die freimachende, gelöste Gelassenheit dessen, der vom Überfluss der göttlichen Gerechtigkeit lebt, die Jesus Christus ist. Eine Gelassenheit, die weiß: Ich kann letztlich gar nichts zerstören, was Er aufgebaut hat. Aber gleichzeitig weiß doch der Christ darum, dass er als Verwalter von Anvertrautem Rechenschaft schuldig ist.“ Uns ist Vertrauen und Glaube zu Verwaltung anvertraut, damit Misstrauen und Unglaube verschwindet.
Drittens: Es wird ausgeteilt, es wird geteilt.
In beiden Bibeltexten wird dieser simple Vorgang beschrieben. Der Herr wirkt seine Wunder, wie er will. Dem können wir nur staunend begegnen. Wir können das Brot nicht vermehren, aber austeilen und teilen, das ist uns möglich. Im Christentum ist nicht das Haben, sondern das Geben, das Entscheidende. Viele von uns haben mehr in den Taschen, mehr in den Schränken, mehr in uns, mehr zu geben, als uns bewusst ist. Was den Umfang angeht, ist das Wunder der Brotvermehrung, eine enorme Steigerung zum Propheten Elija. Vielleicht geht es dem Herrn darum uns nachdenklich zu machen, wie wir unser Geben und Teilen steigern können, um nicht zu sehr am Materiellen, Irdischen und Vergänglichen zu kleben. Das muss in unser Herz hinein. Die Versuchung, von der das Ende des Evangeliums spricht, Jesus zum König zu machen, der Brot und Spiele für den Menschen bereithält, ist bis heute da. Der Herr lässt sich jedoch Gottseidank nicht für unsere Zwecke missbrauchen.
Liebe Brüder und Schwestern!
Manches im Leben erscheint uns zu wenig. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass es leicht gereicht hat. Der Vertrauensmangel wird überwunden. Und es soll losgehen mit dem Teilen und austeilen. Diese Linie kennzeichnen die heutigen Bibeltexte. Sie können immer mehr zu unseren Lebenslinien werden. Dann können wir voneinander Leben, dann stimmt, dass einer den anderen nährt. Amen.