10 Gebote
Schriftstellen:
Lesung aus dem Buch Exodus 20,1-7
Aus dem Heiligen Evangelium nach Johannes 2,13-25.
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Heiliges und Unheiliges liegt oft nahe beieinander. Das sieht man oft bei Wallfahrtsorten. Da sind einerseits der heilige Ort, und andererseits die Geschäftemacherei daneben. Da wird viel gebetet, aber auch viel Geschäft gemacht. So geht es auch Jesus mit dem Tempel in Jerusalem, den er einer gründlichen Reinigung unterzieht. Damit setzt er ein Zeichen, auch für uns heute. Da fällt mir ein Wort des Zweiten Vatikanischen Konzils ein, das da lautet: „Die Kirche ist heilig und stets der Erneuerung bedürftig.“ Was über die Kirche gesagt wird, gilt auch für jedes Glied der Kirche, also für jeden von uns. Jeder Mensch hat Heiliges, Gott Entsprechendes in sich, und jeder Mensch ist immer der Erneuerung bedürftig. Wir brauchen den zusammenräumenden Gott. Die Lesung aus dem Buch Exodus hat uns an die zehn Gebote erinnert. Sie sind nach einer Formulierung von Anselm Grün „Wegweiser in die Freiheit.“ Der Blick auf diese Wegweiser vermag unser Leben zu erneuern. Der Mensch hat es jedoch nicht so gerne, wenn ihm etwas ge- oder verboten wird. „Du sollst… du sollst nicht…“ hören wir nicht so gerne. So möchte ich uns heute die zehn Gebote anders nahe bringen. Was bedeuten sie, wenn man sie positiv formuliert. Das möchte ich jetzt tun und zu jedem Gebot ein zwei Sätze sagen.
Erstens: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Das heißt übersetzt „Gott ist da.“ Wir glauben an einen Gott auf den wir uns verlassen haben. Wenn dieser eine Gott Mitte unseres Lebens ist, dann können die anderen Götter, die wir heute Macht, Ansehen, Vergnügen, Besitz oder Ruhm nennen, nicht greifen. Wenn ich diesen einen Gott wahrhaft Gott sein lasse, dann kann ich wahrhaft Mensch sein.
Zweitens: „Du sollst dir von Gott kein Bild machen und seinen Namen nicht verunehren.“ Das heißt übersetzt, ,,ich erfahre Gott stets neu im Leben und ich ehre ihn.“ Wer sein fix und fertiges Gottesbild, der ist letztlich fertig mit ihm. Gott ist der Unbeschreibliche, der stets ganz Andere. Er lässt sich nicht auf unsere Vorstellungen reduzieren oder von uns benutzen. Er ist kein Wellnessgott, aber er lägt uns stets ein in Beziehung mit ihm zu treten und ihn zu Ehren.
Drittens: „Du sollst den Tag des Herren heiligen.“ Das heißt übersetzt „es gibt einen besonderen, heiligen Tag, der auch heilig gehalten werden soll.“ Für die Juden ist dieser Tag der Sabbat, für uns Christen der Sonntag. Gott schenkt uns einen Tag besonderer Freiheit. Wir sind frei für Familie und Mitmenschen, wir sind frei für erholen Aktivitäten, wir sind frei um Gott zu feiern und als Christen zusammen zu kommen. Wo wir Christen am Sonntag nicht mehr zusammenkommen, da verkommen war. Der Sonntag ist der Gegenentwurf einer Wirtschaft die knechtet und versklavt. Die Entwicklung einer neuen Sonntagskultur, die heilig ist, d.h. Gott entsprechend, ist Gebot der Stunde.
Viertens: „Du sollst Vater und Mutter ehren.“ Das heißt übersetzt „du hast eine Herkunft, die du respektieren sollst.“ Jeder Mensch hat seine Herkunft. Die einen haben eine gute Herkunft. Sie sind in angenehme Verhältnisse hineingeboren und haben viel mitbekommen für das Leben, wofür man nur dankbar sein kann. Andere wurden nicht in schöne Verhältnisse geboren und mussten viele Verletzungen einstecken. Es gilt einmal das Ganze anzunehmen und zu respektieren. Dann können wir versöhnter Leben. Und es gilt in diesem Zusammenhang auch noch zu bedenken, dass wir alle eine große, göttliche Herkunft haben. Wir haben eine große Herkunft und darum auch eine große Zukunft. Herkunft und Zukunft gehören zusammen und greifen ineinander.
Fünftens: „Du sollst nicht töten.“ Das heißt übersetzt ,,ich will leben.“ Es geht darum, dass das zerbrechliche, menschliche Leben auf alle Fälle schützenswert ist. Ich will den Reichtum meines Lebens und des Lebens meiner Mitmenschen. Ich will gut leben und mich auch nicht mundtot machen lassen. „Habe ich heute schon wirklich, gut und ernsthaft gelebt?“ Oder werde ich dahingelebt von dem Umständen und Strömungen unserer Zeit. Gerade Corona appelliert an uns das Leben in der Hand zu behalten und es nicht einfach abzugeben.
Sechstens: „Du sollst nicht die Ehe brechen.“ Das heißt übersetzt ,,ich bin treu.“ Mit diesem Gebot haben viele Menschen Probleme bekommen, weil es auch oft in der Kirche sehr einseitig ausgelegt wurde. Es geht hier um den Wert der Treue. Es geht darum, dass ein großes Ja-Wort, das einander gegeben wurde, in den kleinen Ja-Wörtern, die der Alltag abverlangt stets neu wiederholt wird. Es geht um das Zueinanderstehen, das nicht leichtfertig aufgegeben werden soll. Es geht um das Ringen um die Treue, immer im Blick auf einen Gott, der unwandelbar treu ist.
Siebtens: „Du sollst nicht stehlen.“ Das heißt übersetzt „ich habe genug.“ Es geht hier darum, dass wir nicht auf Kosten anderer reich werden. Ich kann sagen, dass ich genug habe und zufrieden bin mit dem, was ich habe. Ich begnüge mich mit dem, was ich habe und das macht mich vergnügt. Wer einem anderen etwas weggenommen hat, der muss Genugtuung leisten, damit er genug hat. Jeder Mensch soll das zum Leben notwendige bzw. notwendende haben. Es gibt wahrlich noch viel zu tun.
Achtens: „Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten.“ Das heißt übersetzt „ich bin ehrlich.“ Dieses Gebot lädt uns ein darauf zu schauen wie ehrlich ich lebe und vor allem wie ehrlich meine Sprache ist. Von Hilde Domin stammt folgender Satz: „Besser ein Messer als ein Wort. Ein Messer kann Stumpf sein. Ein Messer trifft oft am Herzen vorbei. Nicht ein Wort.“ Es geht um Wahrheit, Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit in meinem Leben. Wie oft lasse ich mich von der Unehrlichkeit in den Bann ziehen.
Neuntens: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau.“ Das heißt übersetzt „meine Liebe ist rein.“ Es geht hier um die Achtung der Liebe anderer, die es als eigenen Lebensbereich zu achten gilt. Nicht die Partnerschaft anderer stören. Es geht um die Reinheit des Herzens. Man darf und soll sich von Gott ins Herz schauen lassen und so die Gefühle ordnen.
Zehntens: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hab und Gut.“ Das heißt übersetzt „ich bin dankbar.“ Es geht hier noch einmal um fremdes Eigentum. Wir dürfen uns nicht von dem abhängig machen, was wir haben und besitzen. Was ich kaufen kann beweist nicht, wer ich bin. Wir erleben heute viel Sozialneid. Wenn ich dankbar bin, was Gott mir in die Hände gelegt hat, dann brauche ich mich nicht immer mit dem vergleichen, was andere haben. Ich muss nicht immer alles haben.
Liebe Brüder und Schwestern!
Das sind die zehn Gebote etwas anders betrachtet. Sie geben unserer Welt und unserem Leben eine Richtung. Sie möchten uns helfen, dass wir innerlich zusammenräumen und Gott in unserem Leben Raum geben. Auch, wenn sie dreitausend Jahre sind, haben sie nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Es verdienen es in der Fastenzeit etwas intensiver betrachtet zu werden. Amen.
Pfarrer Mag. Maximilian Pühringer, O.Praem.