Versuchungen
Schriftstellen:
Lesung aus dem Buch Genesis 9,8-15.
Aus dem Heiligen Evangelium nach Markus - Mk 1,12-15.
Erster Fastensonntag, 21.2.2021
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Jedes Jahr am Beginn der Fastenzeit hören wir von den Versuchungen Jesu. Während Matthäus und Lukas drei Versuchungen Jesu nennen, begnügt sich der heilige Markus lediglich mit dem kurzen Hinweis, dass „Jesus vom Geist in die Wüste geführt wurde, wo der Satan ihn versuchte.“ Ich sehe in diesem Hinweis die Einladung nachzudenken, was sind die geleichbleibenden Grundversuchungen der Menschheit sind. Freilich, jeder Mensch, hat so seine Versuchungen, denen er immer wieder erliegt. Wir sind eben leicht rumzukriegen. Es wird wohl auch nicht viel helfen, wie einmal jemand gesagt hat: „Man muss dem Versucher solange nachgeben, bis es ihm zu blöd wird.“ Was sind die Grundversuchungen, die uns der Satan, der Durcheinanderwerfer und Durcheinanderbringer, wie sich dieses Wort übersetzt, immer wieder einflüstert?
Erstens: Versuchung des Sich-Hinunterziehen-Lassens. Es ist diese Stimme, die da sagt: „Du bist nichts wert. Du kannst das nicht. Du schaffst das nicht. Es hat ohnehin alles keinen Sinn.“ Dem Satan macht es große Freude, wenn wir mutlos sind. Das Schlimmste, was passieren kann ist der Verlust der prinzipiellen Lebensfreude, die uns sagen lässt: „Ich bin prinzipiell gern da. Im Grunde ist es gut, so wie es ist.“ Freilich bei schweren Schicksalsschlägen wird das in Frage gestellt. Da wirft man die Zuversicht weg. Mit Gottes Hilfe können wir sie hoffentlich immer wieder finden. Wir dürfen wissen, dass wir Gott unendlich viel wert sind, soviel, dass er am Kreuz den letzten Tropfen seines Blutes vergisst und sein Herz uns öffnet. Lassen wir uns nicht vom Kleinen, von den Unvollkommenheiten der Welt drausbringen. Es gibt Menschen, denen weitaus Schwereres auferlegt ist, als uns. Bitten wir den Herrn immer wieder um die Kraft des Annehmens. Wo wir versuchen etwas anzunehmen, kann es ein Stück weit leichter werden. Lassen wir uns auch nicht von den Umständen unserer Zeit herunterziehen. Bleiben wir realistisch und optimistisch am Leben dran. Dem Satan macht es große Freude, wenn wir mutlos sind. Machen wir ihm nicht zu viel Freude.
Zweitens: Versuchung des Misstrauens Gott gegenüber. Das steckt im Menschen drinnen, von Anfang an. Diese Haltung, dass Gott mein Leben einengt und er mir etwas vom Leben wegnimmt. Wir lassen uns ungern in die Karten schauen. Wir sollen zwar immer mit offenen Karten, mit einer gewissen Ehrlichkeit, das Spiel unseres Lebens spielen. Aber wir sollten uns nur vom Menschen unseres Vertrauens ganz in die Karten schauen lassen, und das werden wenige sein. Man kann von den Menschen sehr ausgenützt werden. Anders ist es bei Gott. Ihm können wir nichts vormachen. Er kennt uns durch und durch. Bei ihm brauchen wir keine Angst haben, dass er uns täuscht, uns etwas vormacht und seine Freundschaft so eine Nützlichkeits- bzw. Bequemlichkeitsfreundschaft ist. Ihm geht es um mich, als der Mensch, der ich bin. Wir brauchen diesen Glauben an die unwandelbare Treue Gottes. Dazu will uns die heutige Lesung hinführen. Die Zeit des Noach wird als nicht leichte Zeit beschrieben. Noach hält sich an Gott. Er baut die Arche zur Rettung der Menschheit. Aber die Arche will uns auch aufwecken, dass wir immer wieder umkehren. Die Geschichte von Noach ist einerseits die Geschichte einer großen Katastrophe. Aber sie ist zugleich auch Geschichte der Treue Gottes. Menschen rennen immer wieder in ihr Unglück, Gottes Treue bleibt. Der Glaube an die Treue Gottes hilft mir der Versuchung des Misstrauens nicht zu erliegen.
Drittens: Versuchung einander das Leben schwer zu machen. Wie oft erschweren wir einander das Leben? Durch unser Jammern, durch destruktive Kritik, durch ablehnende Worte und Gesten, durch Gefühlskälte etc. etc. Manchmal ist das Leben ohnehin schwer genug. Man muss es weder sicher selber noch den anderen schwerer machen, als es schon ist. Entkompliziere, vereinfache das Leben. Wir müssen nicht überall nachbohren oder noch etwas Öl ins Feuer gießen, bis mein Mitmensch einmal überkocht. Es gebe viele Möglichkeiten, dass wir uns das Leben gegenseitig etwas erleichtern. Wir sind die Wählenden, versuchen wir das Leichtere zu wählen, nicht das Schwerere.
Liebe Brüder und Schwestern!
Der Herr ist den Versuchungen nicht erlegen. Die satanischen Stimmen, die hinunterziehen, die misstrauen schüren und die versuchen das Leben zu erschweren, verschwinden in seiner Gegenwart. Die Wüste, in der die Fastenzeit beginnt, wird zum blühenden Garten in dem sich Ostern, Auferstehung ereignet. Der Evangelist Markus hat hier sogar auf den Paradiese-Zustand angespielt: „Er lebte bei wilden Tieren und die Engel dienten ihm.“ Die Fastenzeit lädt uns ein uns der wirklichen Gegenwart des Herrn auszusetzten, damit wir den vielen Einflüsterungen des Versuchers nicht erliegen, und dass dann zu Ostern auch manches in uns Totgeglaubte zum neuen Leben aufersteht. Amen.
Pfarrer Mag. Maximilian Pühringer, O.Praem.