Gott kennenlernen
Schriftstellen:
Lesung aus dem Buch Jona 3,1-5.10.
Aus dem Heiligen Evangelium nach Markus Mk 1,14-20.
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
„Wer Gott kennt, der kennt auch den Menschen,“ lautet ein Wort des Theologen Romano Guardini. Von Gott her dürfen wir den Menschen kennen lernen, und von den Menschen her dürfen wir immer wieder zu Gott zurückkehren. Wir hören heute einen leider sehr gekürzten Abschnitt aus dem Propheten Jona. Von diesem Abschnitte her wollen wir in die Jona-Geschichte eintauchen. In ihr kann man Gott und den Menschen kennen lernen.
- Erstens: Wir lernen einen universalen Gott kennen.
Auch im Alten Testament ist Gott nicht Gott einer Provinz oder irgendeines Volkes. Er ist der Gott und Vater aller, der alles geschaffen hat, der alle kennt und alle liebt. Am Ende des Streitgespräches, in dem Jona die Güte Gottes zu weit geht, wird das sichtbar, wenn Gott sagt: „Wie sollte ich denn nicht bekümmert sein um einen solche Stadt mit so vielen Menschen, und außerdem so viel Vieh?“ Er liebt die ganze Schöpfung, auch unsere Orte und Städte mit so vielen Menschen, aber vielleicht mit etwas weniger Vieh. Ein solcher Gott ist für die Einheit der Menschen wichtig. Wo alle Kinder des einen Gottes sind, haben alle die gleichen Rechte, gibt es nicht die Minderwertigen. Die Einheit Gottes begründet die Einheit der Menschen. Gott hat uns gleichsam das Recht auf seine Liebe gegeben, dem jedoch gleichzeitig unsere Verantwortungen und Pflichten entsprechen müssen, dort, wo wir stehen. Man kann bereits hier viel über Gott und Mensch lernen.
- Zweitens: Gott schickt den Menschen auf dem Weg und zumindest im Stillen weiß jeder Mensch darum.
Jona wird nach Ninive geschickt, um der Stadt das Gericht Gottes anzudrohen. Das scheint ihm zu groß. Er läuft davon. Er braucht drei Tage und Nächte im Bauch des Fisches. Dann geht er trotzdem. Gott lässt ihn nicht los, im Inneren im Stillen spürt er, dass Gott ihn schickt. Im Tiefsten spürt doch jeder Mensch, dass er nur deshalb durch diese Welt, dieses Leben gehen kann, weil er sich Gott verdankt, weil Gott ihn geschickt hat. Freilich haben wir dieses Wissen oft verborgen oder verschüttet, aber dann wird es manchmal wieder befreit, erinnern wir uns daran, und dann kann man den Weg gehen. Im Stillen, wissen wir um viel, wissen wir, dass man nicht töten darf vom Augenblick der Empfängnis bis zur letzten Krankheit. Im Stillen Wissen Menschen um die Heiligkeit der Ehe und menschlicher Beziehung. Im Stillen wissen wir um das Edle der Wahrheit, mit der man nicht spielen darf. Im Stillen wissen wir, dass jeder Mensch das Recht hat menschenwürdig zu leben. Im Stillen wissen wir um viel. So müssen wir das, was wir im Stillen wissen immer wieder durch Gott aufbrechen lassen, damit es nicht still bleibt, damit es nach außen kommt und wir wie Jona seine Boten werden können. Freilich, wir müssen es Gott auch immer wieder erlauben, dass er das stille Wissen in uns aufbricht, das er uns von ihnen her verwandeln darf. Das müssen wir Gott zugestehen. Daran erinnert uns heute ein Wort Jesu im Evangelium sehr stark: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ Man kann also auch hier wieder viel über Gott und Mensch lernen.
- Drittens: Der Botschaft Gottes wird geglaubt.
Jona richtet der Stadt Ninive die Botschaft der Bekehrung aus. Tatsächlich, dieses schwer sündige Ninive glaubt der Botschaft Gottes, sie bekehrt sich. Es herrscht wieder Recht und Gerechtigkeit in ihr. Das sagt uns, dass dort, wo Gottes Botschaft geglaubt wird, rechtes Menschsein gelingt. Recht und Gerechtigkeit hält uns Mensch zusammen. Eine Stadt, ein Ort, ein Dorf, lebt immer von den Gerechten. Da denke ich an die eindrucksvolle Geschichte, wie Abraham mit Gott streitet um die Stadt Sodom. Und wenn nur zehn Gerechte da wären würde es reichen, dass die Stadt überlebt. Das reicht um das Gemeinwesen zu tragen. Das ist die Verantwortung für uns Christen. Wir sind berufen der Botschaft Gottes unseren Glauben, unser Herz zu schenken, um so zu versuchen mit seiner Hilfe Gerechte in der Welt von heute zu sein. Freilich ist es schmerzliche Tatsache, dass seiner Botschaft heute wenig Glaube geschenkt wird. “Wird der Menschensohn, wenn er wiederkommt auf Erden den Glauben noch finden.“ Dies Wort Jesu stimmt mich oft sehr nachdenklich. Wir dürfen sich nicht mit einer billigen Versöhnung für alles rechnen. Aber wir müssen auch einsehen, das Gott das Maß der Güte festsetzt und nicht wir. Das hat auch Jona erfahren müssen. Ob er es annehmen konnte, wissen wir nicht. Hier hat das Jonabuch geendet. Und so bleibt in der Geschichte Gottes mit uns Menschen immer etwas offen.
Gott und den Menschen kennenlernen. Darum geht es. Da ist uns Jona eine große Hilfe. Der universale Gott lässt uns einander als seine Kinder annehmen und begegnen. Dieser Gott schickt uns auf dem Weg. Im Stillen wissen wir darum. Aber es muss immer wieder zum Durchbruch kommen. Und dort, wo der Mensch wirklich an die Botschaft Gottes glaubt, kann er immer mehr gerecht leben in der Welt von heute.