Fußwallfahrt nach Büchlberg

Predigt Wallfahrt Büchlberg, 31.5.2025
Perikopen: Maria im Abendmahlsaal
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben! Was haben die Apostel nach der Himmelfahrt Jesu getan? Jesus hatte ihnen zuvor zugesagt. „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ Und er hatte ihnen den Heiligen Geist versprochen. Sie sollten sich nicht allein gelassen fühlen. Und er hat sie in seine Sendung mit hinein genommen, gesagt, dass er sie braucht: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“ „Ihr sollt meine Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde!“ „Macht alle Menschen zu meinen Jüngern...!“ Ein großer Auftrag!
Aber wie verhalten sich die Apostel? Wie reagieren sie auf diesen umfangreichen, universalen Sendungsauftrag?
Erste Möglichkeit: Sie hätten resignieren und auseinanderlaufen können angesichts dieser riesengroßen Aufgabe? Wie sollen sie das fertigbringen, diese kleine Schar, Leute ohne Welterfahrung, ohne entsprechende Ausbildung, ohne Fremdsprachen zu können, ohne machtvolle Beziehungen zu haben? Ja, die Jünger hätten resignieren und auseinanderlaufen können.
Zweite Möglichkeit: Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, dass sich die Jünger nach den umwerfenden und unglaublichen Erfahrungen mit Jesus, voller Elan ins Zeug gelegt und mit Begeisterung sich gleich hineingestürzt hätten in ihre Sendung, in ihren Auftrag, dass sie sofort und voll Eifer losgezogen wären. Nach dem Motto: Es ist viel zu tun, auf, packen wir’s an, ran an die Arbeit, die Aufgaben drängen: verkündigen, missionieren, Menschen bekehren, Caritas organisieren, Gemeinden gründen, Ämter verteilen, Kirche aufbauen! Nur keine Zeit verlieren! Wir haben alles in Hand. Sind wir vorsichtig, wir haben nicht alles in der Hand, auch wenn wir das gerne so hätten.
Dritte Möglichkeit: Die Apostel hätten auch, wie wir es wohl getan hätten, zunächst einmal eine Krisensitzung abhalten können, eine Synode einberufen, schließlich Kommissionen bilden, um zu diskutieren, wie es denn nun weitergehen soll, was zu machen sei, welche Strategie die beste sei. Welche Art von Werbefeldzug für die Sache Jesu wohl am wirksamsten, am Erfolg versprechendsten sei.
Sitzungen gibt es ja in der Kirche viel. Ob sie immer das bringen, was wir uns von ihnen versprechen, steht auf einem anderen Blatt. Eine sitzende Kirche sollen wir jedoch nicht sein, sondern eine missionarische, eine Kirche auf dem Weg. So haben sie nicht reagiert.
Wie verhalten sich die Jünger? Wie reagieren sie tatsächlich? Wir wissen es aus der Apostelgeschichte. Sie gehen nach Jerusalem. Und dort in ein Obergemach. Es ist der Abendmahlsaal. Es ist der Raum, wo sie ihm, dem Auferstandenen begegnet sind, wo sie mit Freude erfahren haben: er lebt. Dorthin gehen sie und verharren einmütig im Gebet, mit Maria. „Sie verharren einmütig im Gebet.“
Auch bei dieser Wallfahrt wurde viel gebetet. Die Jünger Jesu setzen vor die Aktion die Meditation. Vor der Sendung kommt die Sammlung, vor dem Tun das Gebet, vor der Mission die Kontemplation, vor dem Handeln das Händefalten, vor dem beherzten Zupacken das Erheben des Herzens. „Sie verharren einmütig im Gebet.“ Der heilige Lukas sagt nicht einfach: „Sie beteten“, sondern „sie verharrten einmütig im Gebet“. „Verharren“ hat etwas mit durchhalten, mit aushalten zu tun. Beharrlich dran bleiben. Sie verharren im Gebet. Sie beten ganz intensiv, wach, geduldig und ausdauernd. Und „einmütig“, einträchtig! Ohne dieses Einmütigkeit, ohne diesen Zusammenhalt wären die ersten Christen schnell am Ende gewesen. Sie sind sich eins in der Erkenntnis, dass sie das Wesentliche nicht machen können, dass es ihnen von oben geschenkt werden muss. Sie verharren einmütig im Gebet. Im gemeinsamen Gebet aber wächst eine Verbundenheit. So kann Pfingsten werden. Man redet heute viel davon, dass die Kirche sich ändern müsse. Strukturen müssten geändert und neue Formen gefunden werden. Die Kirche müsse sich besser darstellen und verkaufen. Da mag manches richtig sein. Aber so einfach, wie es am Stammtisch dahingesagt ist, ist es eben nicht. Manchmal scheint mir, dass man den zweiten Schritt vor dem ersten machen möchte. Gewiss, es gibt Probleme und Handlungsbedarf. Doch der erste Schritt am Beginn der Kirchengeschichte war das Gebet, das Sich-öffnen auf Gott hin. Ich glaube, dass darum auch der zweite Schritt so gut gelungen ist. Voll Eifer, tapfer und unerschrocken sind sie hinausgegangen in alle Welt, haben keine Mühen gescheut, haben den Kopf riskiert für die Sache Jesu. Und nicht wenige haben ihr Blut vergossen als Zeugen des Glaubens. Wir wünschen uns die Kraft der jungen Kirche, ihren Mut, ihre Hoffnung, die Aufbruchsstimmung von damals, die Glaubensoffensive der ersten Christen, ihre Begeisterung und den missionarischen Schwung. Wir wünschen uns eine neue, mitreißende Verkündigung des Evangeliums, eine tiefgreifende, am Glauben orientierte, spirituelle Erneuerung.
Vergessen wir aber nicht: Damals gingen Tage des Gebetes voraus, Tage der Sammlung und Stille, des Wartens, des Sich-Öffnens für den verheißenen Heiligen Geist. Wir können lernen: Erstwichtig ist das Gebet. Es hat Vorrang. Dem Gebet, dem Gottesdienst sollen wir nichts vorziehen. Gott kann nur dann durch uns in die Welt hinein wirken, wenn wir uns seinem Geist öffnen. Und das geschieht vor allem im Gebet. Fragen wir einmal, jede und jeder sich selbst: Auf Kosten wovon vermindern wir immer wieder die Zeit für das Gebet, für die Stille, die Meditation, den Gottesdienst? Ist es nicht unsere hektische Betriebsamkeit? Ist es nicht unser ruheloser Aktivismus? Und was bleibt auf der Strecke? Die Besinnung, das Gebet, das Ausruhen bei Gott, das Atemholen der Seele. Das kommt zu kurz. Da wird am schnellsten abgezwackt oder es fällt ganz aus. Aktion gehört unbedingt zur Nachfolge Christi. Keine Frage! Nur sie muss vorher im Gebet, im Hören auf Gottes Wort ihren Grund gefunden haben. Das sagen uns die Apostel im Obergemach von Jerusalem: Meditation kommt vor Aktion, Empfangen kommt vor Geben, Sammlung vor Sendung. Was wir glaubend, hörend, betend empfangen, ist wichtiger als das, was wir selbst, schaffen, machen, leisten, produzieren.
Liebe Brüder und Schwestern!
Die heutige Wallfahrt soll für uns so eine Abendmahlssaalstunde sein. Einmütig im Gebet, zusammen
mit Maria, der Mutter des Herrn. Solche Abendmahlsaalstunden sind immer wieder möglich. Wir brauchen sie. Wir sind eingeladen, uns auszustrecken nach oben, uns zu öffnen für die Gaben Gottes, für seinen Leben spendenden Geist. Wir sind eingeladen, uns erfüllen und durchdringen zu lassen von Gottes Freude und Frieden, von seinem Licht und seiner Kraft, von seiner Gnade und seinem Segen. „Heilige Maria, du Königin der Apostel, bitte für uns. Amen