Gott löst die Probleme dieser Welt nicht – sondern wir sollen sie lösen. Wozu ist Gott dann da? Der Glaube an Gott treibt zum Handeln. So lautete ein Credo der umstrittenen und widerständigen Theologin Dorothee Sölle. Zeit ihres Lebens war sie aktiv in der Friedensbewegung engagiert, hatte eine Gastprofessur in New York und schrieb und sprach sehr offen über ihren Zugang zur Theologie und zum Glauben: Glaube soll nicht abstrakt sein, sondern konkret.
Kirche ist keine Wellnessveranstaltung, sondern soll ein Ort der Freiheit sein, nicht als Markt der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern ein Ort, der es den Menschen erlaubt wieder neu in Beziehung mit sich selbst und mit ihren Mitmenschen zu treten, im Sinne einer Veränderung der Welt.
Sölle war außerdem Mitinitiatorin des Politischen Nachtgebets, in dessen Rahmen sie und ihre MitstreiterInnen aktuelle gesellschaftspolitische Probleme thematisierten, meditierten und über gemeinsame Aktionen sprachen. Vier Elemente waren dabei von besonderer Bedeutung: Information, Meditation, Diskussion & Aktion. Wichtig war ihr stets, dass ihre Gedanken und Worte auch konkrete Taten zur Folge haben. Theorie ohne Praxis war für Dorothee Sölle nicht erstrebenswert und Teil des Problems der Theologie und der institutionalisierten Kirchen. Ein wichtiger Kritikpunkt betraf jenen Theismus, der einen alles beherrschenden Gott in den Mittelpunkt rückt, der die Probleme dieser Welt lösen soll. Ihr Zugang zum Glauben ging von Jesus aus, von seiner Positionierung für die Schwachen und Leidenden. Ein leidenschaftlicher Einsatz für die Armen und Unterdrückten waren ihr ein großes Anliegen und dafür benötigt es, ihrer Meinung nach, auch eine Portion „heiligen Zorn“ und keine „Wellnessspiritualität“. Kontroversen dürfen sein, denn daraus entstehen auch Aktionen.
Anschließend an den sehr spannenden und inhaltsreichen Vortrag, hatten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit sich in Kleingruppen zu einem Text von Dorothee Sölle auszutauschen, der die Thematik Atheismus und Theismus behandelte. Die Zeilen stammen aus dem Werk Sölles: „Das Recht ein anderer zu werden. Darin wird der Theismus vieler Kirchen und Kirchenangehörigen kritisiert, der sich auf Beten beschränkt und tatenlos bleibt.“ Der Text löste interessante Diskussionen aus und warf auch Fragen auf, zum Beispiel: Wo bleibt die Hoffnung auf Gott, wenn die Menschen alles selber machen müssen? Eine Antwort darauf kann sein: Wir können die volle Verantwortung übernehmen und damit rechnen, dass Gott uns entgegenkommt.