Freitag 19. April 2024

Leben in würdigen Verhältnissen!

Sozialpredigt zum 25. Sonntag im Jahreskreis (18. Sept. 2022) | Lesejahr C
Autorin: Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer, Seelsorgerin in Wels – St. Franziskus
Am 8,4-7; Lk 16,1-13

Liebe Geschwister in Gott!
Wie sollen wir leben in wirtschaftlich angespannten Zeiten? Wo können wir hinschauen, woran orientieren wir uns? Was heißt es, gut zu leben – mit dem Blick auf sich selber, aber auch auf alles was rund um uns geschieht.
In zwei Lesungen des heutigen Tages geht es um handfeste wirtschaftliche Verhältnisse, nämlich ums Überleben, um das Leben in Unabhängigkeit und nicht in Knechtschaft. Nicht nur unser Seelenheil ist wichtig, sondern dass wir jeden Tag leben können, in würdigen Verhältnissen, mit ausreichend Nahrung und einem Dach über dem Kopf.


Dazu gibt es auch Gesetze im Judentum: dass von Glaubensgenoss*innen kein Zins genommen werden darf, dass es Ruhetage für alle gibt, dass es alle sieben Jahren einen Ausgleich gibt für die sozialen Schieflagen, die inzwischen entstanden sind, und natürlich ist es ein absolutes No-Go, Maße und Gewichte eigenmächtig zu verändern. In manchen dieser Aussagen finde ich erschreckend aktuelle Anklänge: Die Preise sind spürbar gestiegen und noch immer jenseits des Gewohnten – und für einige Menschen, die bisher mit ihrem Geld gerade halt auskamen, existenzbedrohend. Die wirtschaftlichen
und geopolitischen Ursachen sind so komplex und miteinander verwoben, dass es keine einfachen Lösungen für den Kampf gegen die Inflation gibt – und so versuchen Staaten, ihre Auswirkungen mit Geldzahlungen oder anderen Initiativen abzumildern.
Die Teuerung betrifft im Jahr 2022 hauptsächlich Energie und landwirtschaftliche Produkte, die wir importieren – und in der Folge alle Bereiche unseres Lebens. Gleichzeitig stehen wir vor einer immensen Klimaveränderung, die uns weltweit die Lebensgrundlage beschneidet,
und es werden hektisch Rezepte gesucht, um diese beiden Bedrohungen abzumildern. Menschen in Armut, solche mit wenigen Ressourcen, haben es deutlich schwerer, sich dagegen zu wappnen.


Im Gleichnis, das Jesus erzählt, geschieht etwas Unerhörtes und auch Unerwartetes: Der Verwalter kann die absehbare Entlassung nicht abwenden und stellt sich nun auf die Ebene der Schuldner*innen, er macht sie sich zu Freund*innen, er verteilt von oben nach unten.
Versöhnung und Solidarität wird möglich. Diese Handlung des Verwalters kann auch so verstanden werden, dass er „nur“ den Zinserlass oder Zinsverzicht umsetzt, den die Tora – das jüdische Gesetz – ohnehin vorschreibt. Und damit verhindert, dass die Wucherzinsen (damals und teilweise auch heute üblich) die Menschen in totale Abhängigkeit und Schuldknechtschaft führen, in einem absurden Tempo.
So weit einmal zum Kerngleichnis. Die anderen Worte danach sind sehr widersprüchlich, sind zusammengestellt aus verschiedenen Quellen. Es ist kein Text aus einem Guss, das merkt man. Worauf bezieht sich das Lob des Gutsbesitzers?


Ich denke, er lobt die Selbstfürsorge, das Selbstbewusstsein und die Konsequenz in der Umsetzung. Wohl auch, dass Vermögen nicht absolut gesetzt wird, nicht als das Höchste im Leben gesehen wird. Wichtiger ist, dass es dem Leben dient. So lese ich auch den abschließenden Satz „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es zu Ende geht!“ Geld ist Mittel zum Zweck – Mittel zum Leben in Würde (im Idealfall). Geld ist nicht etwas, dem man das Leben – das eigene oder das von anderen – unterordnen darf. Vermögen und Einkommen sind so zu gebrauchen, dass sich die Güter der Welt auf Gott hin ordnen, dass Gerechtigkeit verwirklicht und ein anständiges, gutes Leben für alle ermöglicht wird. Alles andere ist scharf gesprochen Gotteslästerung.
Die Prioritäten im Leben richtig zu ordnen, das ist eine dauernde Aufgabe und Herausforderung.


Was ist wirklich wichtig, was ist „nur“ nett und kann auch warten, kommt dran
wenn es sich ausgeht? Die Bibel gibt hierauf nicht immer eine exakte Antwort (es war ja auch eine andere Zeit), aber sie weist sehr wohl in bestimmte Richtungen. Manchmal hilft es, sich zu fragen „was hätte Jesus getan?“, manchmal hilft der Blick auf die Menschen um uns, manchmal ist das Hören auf die innere Stimme, die Gegenwart Gottes. Jedenfalls leben wir nicht nur für uns allein, sondern in kleinen und größeren Gemeinschaften. In diesen
Beziehungen sind wir gefordert, aber auch getragen. Amen.


Fürbitten


Gott, wir leben mit den Füßen auf der Erde und mit dem Kopf im Himmel. Uns beschäftigt, wie wir unser tägliches Leben meistern können, und doch möchten wir nicht den Blick auf unsere Bestimmung verlieren. Wir kommen mit unseren Bitten zu dir: 

 

  • Wir bitten für die Politiker*innen der Welt: Dass ihnen das Wohl der Menschen am wichtigstenin ihrem Handeln ist.
     
  • Wir bitten für die Wirtschaftstreibenden aller Branchen: Dass der sorgsame Umgang mit Ressourcen und mit der Arbeitskraft der Menschen wichtiger als die Profitmaximierung sind.
     
  • Wir bitten für unsere kirchlichen Gemeinschaften: Dass wir nach den gleichen Prinzipien leben und wirtschaften, die wir auch von anderen einzuhalten erwarten.
     
  • Wir bitten für uns selber: Dass wir unsere vielfältigen Beziehungen zu Menschen und zu dir, Gott, höher achten als Geld.
     
  • Wir bitten für unsere Verstorbenen: Dass sie Erfüllung und Vollendung bei dir, Gott, finden.
     
  • Gott, wir danken dir für deine Sorge und unsere Freiheit, das Leben zu gestalten. Erinnere uns an unsere Heimat bei dir und sei bei uns an jedem Tag unseres Lebens.

Amen.

 

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