Sonntag 22. September 2024

"Neues AnGebot? - Liebt einander!"

Sozialpredigt zum 5. Sonntag der Osterzeit (19. Mai 2019) im JK, LJ C

 

Autorin: Mag.a Johanna Strasser-Lötsch,

Pastoralassistentin

 

Apg 14,21 b-27;

Offb 21.1-5a,

Joh 13,31-33a, 34-35

 

Kurztext :
Wir werden heute mit einer Situation konfrontiert, in der es gilt, Abschied zu nehmen: Jesus ist vor seinem nahenden Tod noch einmal  mit seinen Vertrauten zusammen. In dieser Situation also, wo es ums Ganze geht, wo das Allerwichtigste gesagt wird, was noch zu sagen ist, da gibt Jesus seinen Freunden etwas Gewichtiges mit auf den Weg: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe!“ Die Liebe ist es also, die den Kern der Botschaft Jesu ausmacht, ihre Essenz. Ein altes Gebot. Ein neues Gebot. Ein Angebot für ein sinnerfülltes Leben.


Predigt


(Die Predigt bezieht sich auf die beiden Bibeltexte: Offb 21,1-5a  - die neue Welt Gottes Joh 13,31-35  - das neue Gebot)


Viel ist in den biblischen Texten heute von Neuem die Rede: vom neuen Jerusalem, vom neuen Himmel, von der neuen Erde und schließlich auch noch von einem neuen Gebot.  „Seht, ich mache alles neu“, so steht‘s in der Lesung. – Das ist eine große, gewaltige Ansage. Sie stammt nicht aus einer Schöpfungserzählung, in der das Neuwerden und Neumachen ein erwartbares Thema wäre, nein, vom neuen Himmel, von der neuen Erde wird im Buch der Offenbarung gesprochen, also in dem Teil der Bibel, der einen Ausblick auf das Letzte, auf das Letztendliche, Letztgültige versucht, der einen Blick wagt auf das, worauf alles hinausläuft. Und genau von dieser letzten Wirklichkeit wird gesagt, sie ist etwas Neues, Schönes, Heiles, Unversehrtes und Lebendiges.Viele Erfahrungen des menschlichen Lebens sprechen eine andere Sprache: Sie sprechen von Mühsal und Verlust, von Last und Streit, auch von Leid und Tod. Die Verheißung des neuen Lebens, des neuen Himmels und der neuen Erde steht dazu in einer großen Spannung. Trotzdem oder genau deshalb tut es gut, sich diesen Ausblick zusagen zu lassen und vor Augen zu halten. In diesen Bogen unseres Daseins, das sich ausspannt zwischen leidvollen Erfahrungen und der unstillbaren Sehnsucht nach Heil, hören wir von noch etwas Neuem. Der Evangelist Johannes erzählt, dass Jesus in der Stunde seines Abschieds, seinen Vertrauten ein gewichtiges Wort mitgibt, gewissermaßen die Essenz seines Lebens: „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander!“Dieses neue Gebot erscheint wie ein Weg, wie ein unsichtbarer Richtungspfeil, der die erfahrbare Wirklichkeit samt ihren Dunkelheiten mit dem hellen, strahlenden Ausblick verbindet. Die Liebe ist es, die das Alte überwindet und uns Kurs halten lässt auf das Neue und Heile hin, die immer wieder Schritte setzt in Richtung einer neuen Erde.
Wir brauchen uns nicht zu sorgen, wenn diese Schritte klein und unauffällig sind und nicht gleich alles neu machen – das Alles können wir ruhig Gott überlassen. Aber wir sind auf Kurs, auf dem Weg der Liebe,


• wenn wir einander vergeben – sei es einen alten Streit, eine alte Feindseligkeit oder sei es auch nur das manchmal verstörende Anderssein des/der an  dern, die immer wieder die versöhnende Spannkraft der Liebe braucht,

 

• wenn wir die alltäglichen Handgriffe, unsere beruflichen Pflichten, die Sorge um die uns Anvertrauten, die geschäftlichen Abläufe manchmal unter-  brechen und zu uns selbst sagen: „Ich tue es mit Liebe“,


• wenn wir uns um Gerechtigkeit bemühen, uns in der einen oder anderen   Weise engagieren, ohne die Menschen zu verachten, die nicht mit uns gehen oder die sogar gegen uns sind,


•  oder wenn wir uns von uns selbst frei machen und unsere ungeteilte Aufmerksamkeit einem Menschen schenken, der uns gerade braucht ... Die Namen und Gesichter der Liebe sind vielfältig.

 

Wir müssen zugeben, dass wir oft hinter dem Anspruch des Liebesgebotes zurückbleiben – als einzelne und als Christen-Gemeinschaft. Man wird vieles aufzählen können, wo dieses Liebesgebot im Lauf der Jahrhunderte übertreten worden ist, wo die Liebe verraten worden ist, auch im Namen des Christentums. Aber offensichtlich hat dieses Liebesgebot doch so tiefe Wurzeln geschlagen, dass davon immer noch etwas zu spüren ist. Hören wir dazu eine unverdächtige Stimme von außen, die Stimme von Navid Kermani,  eines muslimischen Schriftstellers mit deutsch-iranischen Wurzeln.

 

Er sagt:  „Wenn ich etwas an den Christen bewundere (…), dann ist es nicht etwa die geliebte Kunst, (…) nicht dieser oder jener Ritus, so reich er auch sein mag. Es ist die spezifisch christliche Liebe, insofern sie sich nicht nur auf den Nächsten bezieht. In anderen Religionen wird ebenfalls geliebt, es wird zur Barmherzigkeit, zur Nachsicht, zur Mildtätigkeit angehalten. Aber die Liebe, die ich bei vielen Christen wahrnehme, (…) geht über das Maß hinaus, auf das ein Mensch auch ohne Gott kommen könnte: Ihre Liebe macht keinen Unterschied.“  
(Nach: Navid Kermani, Ungläubiges Staunen. Über das Christentum, München 2015, S.169)
Das ist ein ganz hohes Lob, ein Lob, das zugleich auch Ansporn und bleibender Anspruch ist.
Dieser Anspruch hat nicht zuletzt deswegen eine Chance zur Realisierung, weil das  Gebot der Liebe auch noch einen 2. Teil hat: „Wie ich euch geliebt habe, so sollt ihr einander lieben.“ Sich geliebt wissen, sich einer größeren Liebe anvertrauen, daraus wächst die Möglichkeit und die Kraft zu lieben – sich selbst und die Mitmenschen. Dann können wir Altes und Lebensfeindliches immer wieder zurücklassen und auf eine neue Erde, einen neuen Himmel zusteuern.

Gebet:
Guter Gott, du schöpferische Kraft in unserer Welt und in unserem Leben! Jeden Tag rufst du uns, die Schönheit deiner Schöpfung neu zu entdecken. Jeden Tag können wir neu werden unter deinem liebenden Blick. Jeden Tag legst du dein neues Gebot in unser Herz: einander zu lieben. Du bist in unserer Mitte und gehst den Weg mit uns, lässt uns mit dir und untereinander verbunden sein, besonders wenn wir das Brot miteinander teilen, das uns Jesus Christus als Zeichen seiner Verbundenheit hinterlassen hat  – heute und alle Tage unseres Lebens. Amen.

 

Sozialpredigt

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