Samstag 18. Mai 2024

Verpflichtet zu einem neuen Miteinander

Verpflichtet zu einem Miteinander, Sozialpredigt zum 6. Sonntag in der Osterzeit, Lesejahr B

Sozialpredigt zum 6. Sonntag in der Osterzeit (6. Mai 2018)

Lesejahr B

AutorInnen: Maria Fischer und Fritz Käferböck-Stelzer, BetriebsseelsorgerInnen Treffpunkt mensch & arbeit Nettingsdorf

Liebe Gemeinde!

 

Wenn Liebe zum Gebot wird, wird Leben in Fülle möglich. Für alle.
Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe. Und so wie ich die Gebote meines Vaters halte, sollt auch ihr sie halten. Jesus knüpft hier an die Tradition des ersten Testamentes, die Weisungen Jahwes als verbindlich zu tun, an. Immer wieder neu verkündet er diese Anweisungen eines neuen Zusammenlebens. Die Tora als Grundfundament einer neuen Gesellschaft will getan werden. Auch heute. Dann bleiben wir in der Liebe Jesu.

Die Liebe Gottes eröffnet einen neuen Zugang zueinander und aufeinander zu und ermächtigt zum Widerstand gegen herrschaftliche Verhältnisse.

 

Die neue Praxis der Liebe schafft gutes Leben für alle.

Liebt einander –  das ist Aufforderung, Verpflichtung und Auftrag für uns: Ist Utopie und Hoffnung auf ein Land, das es noch nicht gibt und auch Anweisung für eine ansatzweise Umsetzung einer neuen Gesellschaft, in der die unbedingte Zuwendung und Solidarität zu unseren Mitmenschen im Vordergrund steht. Jesus ermahnt uns und pocht immer wieder auf unser konkretes Handeln. Es braucht eine neue Praxis im gemeinsamen Miteinander, diese ist Grundlage, um einander neu zu begegnen. Es braucht diese Grundhaltung der Liebe, sie führt zu einem neuen Leben für alle. Diese Grundhaltung, diese neue – „andere“ - Praxis ist für uns Christen und Christinnen also Verpflichtung, nicht Befindlichkeit.

 

Wenn ihr die Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben: Die Gebote Gottes sind gemeint als „Lebensweisheiten des guten Zusammenlebens“, damit ein gutes Miteinander gelingen kann, ein Leben, das nicht auf Kosten von Anderen geführt wird. Jede und jeder ist eingeladen, alle Menschen haben Platz, es ist genug für alle da. Die Achtung der Gebote Gottes, das Bemühen darum, das ganz persönliche Leben nach diesen Geboten zu gestalten, führt zu einem „befreiten Leben“: Befreiung von Neid und Gier, vom Stress, immer besser sein zu müssen, mehr haben zu müssen, mehr arbeiten und mehr Geld verdienen zu müssen, damit man sich immer mehr leisten kann, und schließlich mehr Erholung zu brauchen und bessere Freizeitangebote zu nützen etc.

Gottes Gebote machen unseren Blick weit, befreien uns auf den Mitmenschen hin, es geht nicht nur um mich, es geht um alle Menschen. Die Liebe Gottes hat etwas mit Gemeinschaft zu tun, mit der unbedingten Solidarität Gottes zu uns Menschen, und zwar ohne Bevorzugung; das Einhalten der Gebote lässt die Dimensionen der göttlichen Liebe erahnen: Handeln nach der Tora bringt Leben in Fülle für alle.

 

Ich nenne euch nicht mehr Sklaven/Knechte … vielmehr habe ich euch Freunde genannt: Jesus spricht die Gleichwertigkeit aller Menschen an. Die christliche Gemeinde ist so der Anfang einer neuen Weltordnung abseits herrschaftlicher, hierarchischer Verhältnisse, ein gleichwertiger und gleichwürdiger Umgang miteinander ist angesagt, angedacht als das Prinzip einer Humanität, die der Menschheit noch bevorsteht und für die das Christentum steht: eine Welt von Brüdern und Schwestern.

Freunde und Geschwister zu sein und zu werden braucht einen klaren, verbindlichen Rahmen. Wie wir in unseren christlichen Gemeinden miteinander umgehen, soll für alle klar sein. Jede Einzelne darf auch darauf vertrauen, dass sich alle daran halten werden. Das eigene Leben, in Zuwendung und Barmherzigkeit, miteinander zu teilen ist Grundgebot, ist existentielle Verbundenheit.
Bei diesem Grundgebot scheint keine Abweichung möglich. „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.“ Johannes gibt in diesem Text klare Anweisungen, es ist geboten, so miteinander umzugehen, es ist ein Gebot, einander zu lieben. „Ihr seid keine Knechte, sondern Freunde,“ bedeutet, dass jeder Mensch in Freiheit sein Leben gestalten kann, dass jeder Mensch den Weisungen des Lebens zustimmen kann.


Und diese neue Form, das Zusammenleben zu gestalten, soll sich verbreiten. Durch unser Tun soll die neue Praxis sichtbar werden. Ihr sollt Frucht bringen, diese Tradition teilen und hinaustragen.

Denn in den Gesellschaften rundum weht in biblischen Zeiten ein anderer Wind. Da herrscht Ausbeutung und Unterdrückung, die Römer saugen das Land aus, sind mit militärischer Macht präsent, prägen das Zusammenleben in Angst und Furcht. Männer nutzen ihre Macht zur Unterdrückung von Frauen.


Gegenwind ist auch aktuell bei politisch-Verantwortlichen spürbar: Der amerikanische Präsident droht mit dem größeren Knopf und den effizienteren Waffen. Die der­zeitige österreichische Regierung bevorzugt die, die haben und lässt die, die weniger ­haben und die Armen leer ausgehen.

Liebe, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit sind biblische Grundprinzipien des Zusammenlebens. Es ist also wichtig, welche Grundwerte in einer Gemeinschaft vorrangig sind. Für diese Werte einzustehen braucht immer wieder Kräftigung, auch gemeinsames Gebet und die Klarheit, dass unser Tun im Namen Jesu passiert. Er ist die Gewährsperson, auf die wir unser Leben hin ausrichten und in dessen Namen wir Gott um Unterstützung, Hilfe und Ausdauer bitten dürfen.

Es braucht den Mut jedes und jeder Einzelnen, um immer wieder laut zu sagen, was in unserer Gemeinschaft und Gesellschaft Gültigkeit haben soll. Gerade wenn Asylsuchende als Sündenböcke bemüht werden, um die, die wenig haben, gegeneinander auszuspielen, wenn Bettelverbote ein Abbild einer gnadenlosen Gesellschaft sind, wenn älteren Arbeitslosen durch Streichung der Aktion 20.000 wieder ein Funken Hoffnung geraubt wird, wenn Frauen wieder zurückgedrängt werden in alte Rollenbilder und Abhängigkeiten, wenn neue Strukturen geschaffen werden, die bewusst Menschengruppen bzw. Andersdenkende ausschließen, wenn Bildungsmöglichkeiten eingeschränkt werden und denjenigen vorbehalten sind, die genug dafür bezahlen, dann, ja dann ist es umso mehr notwendig, zu sagen und zu zeigen: es geht auch anders:  
Weil wir als Menschen aufeinander bezogen sind, ist einander zu lieben, miteinander zu teilen eine sinnvolle und zukunftsweisende Praxis. Sie setzt uns neu miteinander in Beziehung, berührt und bringt in Berührung.

 

Wenn Liebe zum Gebot wird, wird Leben in Fülle möglich. Für alle.


Textvorschlag für den Gottesdienst auf Anfrage im Sozialreferat: sozialreferat@dioezese-linz.at


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