Samstag 20. April 2024

Darf man Reichtum kriminalisieren?

Sozialpredigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis

 

Autorin: Mag.a Dorothea Schwarzbauer-Haupt, Theologin

Besinnung:
Das Thema Reichtum ist für uns als Christen und Christinnen in einem Land der Wohlhabenden ein schwieriges. Jesus positioniert sich im Namen seines Gottes klar auf Seite der Armen. Das fordert uns heraus.
Rufen wir sein Erbarmen an:
Jesus du hast gesagt, dass es für Reiche schwer ist in das Reich Gottes zu kommen. 
Herr, erbarme dich unser
Jesus du hast gesagt: Selig die Armen und Wehe euch Reichen
Christus erbarme dich unser
Jesus du hast gesagt, dass was uns Menschen unmöglich erscheint mit Gottes Hilfe möglich werden kann
Herr, erbarme dich unser

 

Predigt:
Schon sehr früh, im 4. Jahrhundert ist die Kirche reich und mächtig geworden. In gewissen Gegenden der Welt ist sie es heute noch. Seither zieht sich eine Spannung zu den Worten Jesu über Reichtum durch ihre ganze Geschichte.
Die Überzeugung in manchen Strömungen der evangelischen Theologie, dass Reichtum und Wohlstand der Ausdruck von Gottes Segen und Wohlwollen sind, wird hingegen mit Texten aus dem Alten Testament begründet. Sie kann sich nicht auf Jesus berufen, der gepredigt hat, dass Gott auf der Seite der Armen steht.


Immer wieder hat es Armutsbewegungen in der Kirchengeschichte gegeben. Menschen solidarisierten sich freiwillig mit den Armen und verzichteten auf Besitz. Zum Beispiel Franziskus und Klara von Assisi. Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass Kirchenmänner und reiche Christinnen und Christen mit ihrem Vermögen viel Gutes getan haben im künstlerischen und sozialen Bereich.


Und doch: Jesus warnt vor dem Reichtum und zeigt konsequent Gefahren auf, die aus seiner Sicht mit Geld und Besitz verbunden sind: Geld und Besitz müssen verwaltet werden und binden so Zeit und Energie. Wohlhabend zu sein, erzeugt die Angst den Besitz zu verlieren. Reichtum weckt die Illusion unabhängig und auf niemanden angewiesen zu sein, kann Solidarität und Empathie mit den Armen behindern.

 

Heutzutage hat das Thema neue Dimensionen angenommen. Ungeheurer Reichtum auf der einen und große Armut und Hunger auf der anderen Seite. Und diese Schere geht immer weiter auf. Millionen Dollar werden für kurze Weltraumflüge verpulvert während Millionen Kinder zu wenig zu essen haben.

Ist das Anhäufen von Gütern also unmoralisch, ja ein Verbrechen? Sind reiche Menschen als Ausbeuter zu verurteilen?


Im Allgemeinen ist es ja so, dass reiche Menschen überzeugt sind, dass ihnen ihr Vermögen zu Recht zusteht, dass sie es sich selber erarbeitet haben, dass sie eben tüchtiger und geschickter waren als die, welche wenig oder fast nichts haben. Wie damit umgehen?


Zunächst ist festzuhalten, dass Jesus nie Menschen kriminalisiert hat. Kritisiert hat er ihre Taten.
Das bedeutet, dass um die Frage ob Reichtum verbrecherisch ist, beantworten zu können, einige Dinge geklärt werden müssen.
Wie kam ein Vermögen zu Stande? (Durch Erbschaft? Dann ist es nicht das Verdienst der Erben,
so reich zu sein, sondern das ihrer Eltern. Durch Ausbeutung von Arbeitskräften, Ausnützen aller Schlupflöcher bei der Zahlung von Abgaben oder Steuerhinterziehung?) Wenn sich herausstellt, dass jemand reich wurde auf Kosten anderer und der Natur, dann ist dieses Vermögen
moralisch nicht einwandfrei.


Ein weiterer Punkt ist, ob reiche Menschen ein Bewusstsein dafür haben, dass sie oft Glück gehabt hatten, in privilegierten Situationen waren oder einfach bessere Chancen bekamen, als viele andere. Dieses Bewusstsein sollte zu Empathie, Dankbarkeit und Verständnis für die Lage der Armen und wenig Verdiener*innen führen und eine Motivation zu teilen entstehen lassen.

Die heutigen Bibelstellen sprechen eine deutliche Sprache. Im Reich Gottes, dessen Anbruch Jesus verkündet hat, spielt Reichtum keine Rolle. Das ist deshalb so, weil im Reich Gottes die Geschwisterlichkeit aller Menschen, die Verantwortung füreinander, solidarisches Teilen und Gottvertrauen die höchsten Prioritäten sind.

 

Wenn Jesus sagt, dass bei Gott alles möglich ist, dann meint er wohl, dass Menschen, die sich für Gott und seine Zuwendung und Fürsorge öffnen, die Angst zu kurz zu kommen verlieren. Sie brauchen nicht mehr anhäufen, horten und zurückhalten, als sie selber verbrauchen können. Jesus formuliert im Vater unser die Bitte um Brot sogar nur für einen Tag. Und wenn Reichtum keinen Sinn mehr hat, können die erarbeiteten Güter und Vermögen unter allen aufgeteilt werden. Dann ist genug für alle da.


Jesus setzt also nicht auf moralische Anstrengungen um die Reichen zum Teilen und vom Klammern an ihr Vermögen weg zu bringen, sondern auf das Vertrauen aller Menschen in den gütigen Gott, der jeden Menschen liebt und ein gutes Leben für ihn will.

 

Reiche sind also keine Verbrecher. Reich zu sein beinhaltet aus der Sicht Jesu jedoch die Verpflichtung sein Vermögen und sich selber zu hinterfragen. Reich zu sein, ohne Bereitschaft zu teilen ist im Reich Gottes nicht möglich. Reich zu sein und die Wahrnehmung der Armen auszublenden und sich damit abzuschotten geht nicht in der Nachfolge Jesu.

 

Die Berichte über Jesu Einstellung zum Reichtum sind eine immer aktuelle Herausforderung für uns um uns selber und unsere Wirtschaftsordnung zu hinterfragen. Sie können uns auch ermutigen den Mund aufzumachen um schrankenlosen Reichtum, ungerechte Löhne, oder ein Steuersystem, dass die Reichen fördert und die Armen ärmer macht zu kritisieren.

Die Überzeugung Jesu, dass bei Gott nichts unmöglich ist, kann uns das Gefühl der Ohnmacht nehmen und die Ausrede, dass man ja eh nichts machen kann entkräften.


Mutig und entschlossen können wir die Überzeugung, dass eine gerechtere Welt möglich ist und Reichtum zum Wohl der Armen eingesetzt werden kann und muss in die Gesellschaft hineintragen.

 

Fürbitten:
Gütiger Gott, du willst, dass alle Menschen gut leben können, deshalb bitten wir dich:

 

+ für die Reichen und Wohlhabenden
+ für die Armen und Ausgegrenzten
+ für jene, die Gesetze beschließen, die Gerechtigkeit fördern oder erschweren
+ für jene, die sich vor der Not anderer abschotten
+ für alle, die sich für Menschen in Not einsetzen
+ für alle, die nicht dankbar sein können
+ für jene, die andere motivieren können zu teilen
+ für unsere Verstorbenen und ihre Angehörigen

 

Gott wir trauen deiner Zusage, dass du bei uns bist und mit deiner Hilfe unmöglich Scheinendes Wirklichkeit werden kann. 

 

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