Donnerstag 28. März 2024

Laudato Si'

Röm 8,18-23 und Mt 13,1-23
Laudato Si'

Sozialpredig zum 15. Sonntag im Jahreskreis (16. Juli 2017), Lesejahr A

 

Autorin: Mag.a Lucia Göbesberger,

Referentin im Sozialreferat der Diözese Linz

Klingen sie auch bei Ihnen in den Ohren, die Appelle die Umwelt zu schützen und auf kleinerem Fuß zu leben, also weniger Ressourcen zu verbrauchen, sparsam zu sein, jenes nicht mehr zu gebrauchen bzw. zu verbrauchen und dafür etwas anderes zu nutzen. Schlechtes Gewissen inklusive. Gleichzeitig werden wir umworben von Konsumversprechungen: gesünder, keimfreier, ökologischer zu werden durch dieses oder jenes Produkt. Glück, Erfolg und Sinn können miterworben werden, werden jeder und jedem Einzelnen mit dem Kauf versprochen.

 

Wie wirken diese sich widersprechenden Appelle bei Ihnen? Bei mir hängt es von der Situation ab, mal schenke ich ihnen kaum Aufmerksamkeit, mal wecken sie doch Interesse, langweilen oder nerven mich, besonders dann wenn die Plakate die Aussicht verstellen oder im Radio, Fernsehen bzw. im Internet gefühlt dauernd Werbung kommt bzw. aufpoppt oder die journalistischen Beiträge der Zeitung von den Werbeanzeigen beinahe überwuchert werden.

 

Auf der einen Seite die Appelle einen achtsamen umwelt- und sozialverträglichen Lebensstil zu pflegen und so ein gutes Gewissen zu haben und auf der anderen Seite Konsumaufforderungen, um den Wirtschaftsmotor, wie es so schön heißt, in Gang zu halten. Wobei bei letzterem bei mir kein schlechtes Gewissen ausgelöst wird, sondern eher die Befürchtung abgehängt zu sein, nicht dazu zu gehören oder die negativen Auswirkungen auf die Anzahl der Arbeitsplätze zum Beispiel.

 

Diesem Spannungsfeld widmet sich auch das päpstliche Rundschreiben, die „Enzyklika Laudato si' (Gelobt seist du). Über die Sorge um das gemeinsame Haus”, die 2015 erschienen ist. Sie thematisiert die aktuelle Konsum- und die dazugehörige Wirtschaftskultur. Diese vorherrschende Kultur wird als Ursache für die einander bedingende soziale und ökologische Krise benannt. Stößt nun die Enzyklika in dasselbe Horn wie die Appelle, kann ich mit meinem Tun die Welt retten? Verspricht sie ein gutes Gewissen bei nachhaltigem, ökologischem Konsum? Nein, es geht um mehr als das!

 

Sehr wohl diagnostiziert Papst Franziskus den Reaktionen auf die Krise eine „gewisse Schläfrigkeit und eine leichtfertige Verantwortungslosigkeit angesichts der ökologischen und sozialen Probleme. Im Schreiben wird vermutet, dass „wir versucht sind zu denken, dass ungewiss ist, was eigentlich geschieht“, und deswegen so zaudernd reagieren. In der Enzyklika ist zu lesen, dass das daran liegt, dass es nur „einige(n) sichtbar(e) Zeichen der Verseuchung und des Verfalls (gibt), die den Anschein erwecken als seien die Dinge nicht so schlimm und der Planet könne unter den gegenwärtigen Bedingungen noch lange Zeit fortbestehen. Wenn wir auf den äußeren Eindruck schauen, hat es, abgesehen von einigen sichtbaren Zeichen der Verseuchung und des Verfalls, den Anschein, als seien die Dinge nicht so schlimm und der Planet könne unter den gegenwärtigen Bedingungen noch lange Zeit fortbestehen. Diese ausweichende Haltung dient uns, unseren Lebensstil und unsere Produktions- und Konsumgewohnheiten beizubehalten. Es ist die Weise, wie der Mensch sich die Dinge zurechtlegt, um all die selbstzerstörerischen Laster zu pflegen: Er versucht, sie nicht zu sehen, kämpft, um sie nicht anzuerkennen, schiebt die wichtigen Entscheidungen auf und handelt, als ob nichts passieren werde.“ (LS 59)

 

Das Wissen ist da, aber es bringt keine Frucht, um es mit den Worten des Evangeliums zu sagen. Es ist nicht auf den richtigen Boden gefallen. Oberflächlicher scheinbarer Umweltschutz genügt nicht. Es braucht nicht nur erneuerbare Energie, Bioprodukte etc. Die Enzyklika drückt es so aus: „Diese Aktionen lösen nicht die globalen Probleme, bestätigen jedoch, dass wir Menschen noch fähig sind, positiv einzuschreiten.“ (LS 58)

 

Was ist nun dieses Mehr, dessen es bedarf?
Das Dokument beschreibt im 1. Teil die ökologische Situation und betont den Zusammenhang mit der Situation armutsgefährdeter Menschen. In Laudato siʼ wird, genauso wie wir es heute im Römerbrief gehört haben, vom Seufzen der Erde gesprochen, das wir hören lernen müssen. Ein Seufzen, das sich mit dem der benachteiligten Bevölkerung vereint. Aber es ist schwer das zu hören und entsprechend zu reagieren, da laut der Enzyklika viele Menschen die Zeichen wie schon beschrieben nicht wahrnehmen und es nur um das je eigene Wohlergehen, den Erfolg, das Glück des Konsums bzw. des Besitzes geht – dass also ein zerstörerischer Individualismus um sich gegriffen hat.

Laudato siʼ bleibt also nicht bei Handlungs-Appellen an den Einzelnen und die Einzelne stehen, sondern entwirft ein Gegenbild bzw. greift ein altes Menschen- und Weltbild auf. Im Römerbrief ist zu lesen, dass sich das Seufzen der Erde mit dem Seufzen der Menschen vereint, denn alle sind und alles ist Gottes Schöpfung, denn allem und allen gab Gott die Hoffnung. Die Hoffnung, dass die gesamte Schöpfung von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden soll zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Es geht nicht nur um das eigene Wohlergehen, um das Heil, das im Alleingang zu erreichen ist. Denn diese Hoffnung, die Erlösung ist uns gemeinsam zugesagt. Für uns Menschen heißt das, dass wir uns wieder als Teil der gesamten Schöpfung Gottes verstehen müssen, als bedürftig und abhängig von den anderen genauso wie von der Umwelt. Diese Weltsicht, dieses Menschenbild, das sich als Teil der Natur versteht, leitet an achtsam, dankbarer und einfacher zu leben.

Um dorthin zu kommen braucht es ein aufmerksames Hören und Sehen. Wir stehen vor der Herausforderung, immer wieder aufs Neue sehen und hören zu lernen, obwohl wir glauben schon zu sehen, zu wissen, am richtigen Weg zu sein. Wir sind aufgefordert, uns nicht selbstverständlich jenen zuzuordnen, die meinen, es längst verstanden zu haben und deswegen am richtigen Weg sind. Vielmehr sollten wir uns immer wieder in Frage stellen lassen, um so achtsam dem Geschenk Schöpfung zu begegnen.

 

Mit den Worten der Enzyklika gesprochen: „Die christliche Spiritualität schlägt ein anderes Verständnis von Lebensqualität vor und ermutigt zu einem prophetischen und kontemplativen Lebensstil, der fähig ist, sich zutiefst zu freuen, ohne auf Konsum versessen zu sein. Es ist wichtig, eine alte Lehre anzunehmen, die in verschiedenen religiösen Traditionen und auch in der Bibel vorhanden ist. Es handelt sich um die Überzeugung, dass »weniger mehr ist«. Die ständige Anhäufung von Möglichkeiten zum Konsum lenkt das Herz ab und verhindert, jedes Ding und jeden Moment zu würdigen. Dagegen öffnet das gelassene Sich-Einfinden vor jeder Realität, und sei sie noch so klein, uns viel mehr Möglichkeiten des Verstehens und der persönlichen Verwirklichung. Die christliche Spiritualität regt zu einem Wachstum mit Mäßigkeit an und zu einer Fähigkeit, mit dem Wenigen froh zu sein. Es ist eine Rückkehr zu der Einfachheit, die uns erlaubt innezuhalten, um das Kleine zu würdigen, dankbar zu sein für die Möglichkeiten, die das Leben bietet, ohne uns an das zu hängen, was wir haben, noch uns über das zu grämen, was wir nicht haben. Das setzt voraus, die Dynamik der Herrschaft und der bloßen Anhäufung von Vergnügungen zu meiden.“ (LS 222)

„Wir sprechen von einer Haltung des Herzens, das alles mit gelassener Aufmerksamkeit erlebt; das versteht, jemandem gegenüber ganz da zu sein, ohne schon an das zu denken, was danach kommt; das sich jedem Moment widmet wie einem göttlichen Geschenk, das voll und ganz erlebt werden muss.“ (LS 226)

 

Gelingt es uns diese Haltung einzuüben, werden wir reiche Frucht bringen im Sinne eines guten Lebens für alle.

 

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